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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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entscheidet.
    Über eine Spezialausstattung verfügte sein Wagen allerdings doch – nämlich über sehr ungewöhnliche Reifen. Vor Jahren hatte die Firma Michelin damit begonnen, Reifen mit eingezogenen Stahlbändern auf den Markt zu bringen – die Reifen an Arctors Wagen allerdings waren ganz aus Metall. Sie nutzten sich zwar schnell ab, hatten aber Vorteile hinsichtlich Geschwindigkeit und Beschleunigung. Ihr größter Nachteil war ihr Preis, doch er bekam sie ja umsonst – von einer Zuteilungsstelle, die im Gegensatz zu der, von der er sein Geld erhielt, kein Dr.-Pepper-Automat war. Die Stelle arbeitete sehr zuverlässig, wobei er natürlich immer nur dann eine neue Zuteilung erhielt, wenn es absolut notwendig war. Die Reifen zog er selbst auf, wenn ihn niemand beobachtete. Wie er auch die Zusatzvorrichtung in seinem Radio selbst montiert hatte.
    Was das Radio betraf, war seine große Sorge nicht die mögliche Entdeckung der Umbauten durch jemanden, der – wie Barris – herumschnüffelte, sondern die Gefahr eines ganz gewöhnlichen Diebstahls. Wegen der zusätzlichen Geräte würde es eine teure Angelegenheit werden, das Radio zu ersetzen, sollte es jemand klauen; er würde sich bei der Zuteilungsstelle vermutlich den Mund fusselig reden müssen, bevor man ihm ein neues zugestand.
    Natürlich hatte er in seinem Wagen auch eine Waffe versteckt. Barris, gefangen in seinen grellen, durchgeknallten Acid-Phantasien, hätte das Versteck wohl nie an der Stelle eingerichtet, an der es sich befand. Barris hätte bestimmt einen möglichst exotischen Platz dafür gewählt, etwa einen Hohlraum in der Lenksäule. Oder den Benzintank. Ja, vermutlich hätte er die Waffe – wie die Typen in Easy Rider ihre Ladung Koks – an einem Draht in den Benzintank baumeln lassen. Nebenbei bemerkt war gerade dieser Ort wohl das ungeeignetste Dope-Versteck, das man sich nur vorstellen konnte. Jedem Bullen, der den Film gesehen hatte, war sofort klar geworden, was clevere Psychiatertypen später mit aufwendigen Analysen herausfanden – nämlich, dass die beiden Motorradfahrer es darauf anlegten, erwischt und möglichst auch getötet zu werden… Arctors Waffe jedenfalls – die in seinem Wagen – lag im Handschuhfach.
    Die angeblich so raffinierten Apparätchen, auf die Barris dauernd anspielte, wenn er von seinem Wagen sprach, hatten möglicherweise auch deshalb einen gewissen Bezug zur Realität – der Realität von Arctors umgerüsteter Karre –, weil viele der radiotechnischen Gimmicks, die Arctor zur Verfügung standen, inzwischen durchaus Verbreitung gefunden hatten und im Fernsehen – im Spätprogramm oder in Talkshows – von Elektronik-Experten vorgeführt wurden, die an ihrer Entwicklung beteiligt gewesen waren oder in Fachzeitschriften etwas darüber gelesen hatten oder aus einem Polizeilabor gefeuert worden waren und nun einen Groll gegen ihren früheren Arbeitgeber hegten. Daher wusste der Durchschnittsbürger (oder, wie Barris in seiner pseudogebildeten Art sagte, der typische Durchschnittsbürger) inzwischen, dass kein Bulle das Risiko einging, einen mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Gegend rasenden, hochfrisierten und mit Rallyestreifen aufgemotzten 57er Chevy anzuhalten, hinter dessen Steuer ein wild gewordener Teenager saß, der zu viel Coors-Bier intus hatte – nur um herauszufinden, dass er einen verdeckten Rauschgiftermittler gestoppt hatte, der seiner Beute dicht auf den Fersen war. Der typische Durchschnittsbürger wusste, dass diese ganzen Geheimfahrzeuge, die da durch die Straßen röhrten, alte Damen erschreckten und manche Spießer so schockten, dass sie sich hinsetzten und entrüstete Briefe an die Regierung schrieben, im munteren Hin und Her Signale miteinander oder mit ihrer jeweiligen Leitstelle austauschten – aber was machte das schon? Wirkliche Probleme – erschreckende Probleme sogar – würde es erst geben, wenn die Punks, die Hot-Rodders, die Rocker und insbesondere die Dealer, Runner und Pusher es fertig brachten, auch in ihre Fahrzeuge solche ausgeklügelten Vorrichtungen einzubauen. Dann nämlich konnten sie einfach an jedem Bullen vorbeirauschen. Ungestraft.
    »Okay, dann gehe ich eben zu Fuß«, sagte Arctor schließlich. Genau das wollte er ja ohnehin tun; er trickste Barris und Luckman also elegant aus – er musste zu Fuß gehen.
    »Wohin willst du denn?«, fragte Luckman.
    »Rüber zu Donna.« Es war praktisch unmöglich, zu Fuß bis zu ihrer Bude zu gelangen; damit stellte

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