Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
dachte er, ein Gedanke, der ihm immer in diesen Augenblicken kam –, atmete sie den Hasch-Rauch in einem großen, kraftvollen Strom in ihn hinein und erfüllte ihn so mit ihrer eigenen heißen, kühnen und unverbesserlichen Energie, die zugleich ein Beruhigungsmittel war, das sie beide entspannte und ganz gelöst werden ließ – sie, die ihn auflud, und Bob Arctor, der diese Gabe entgegennahm.
    »Ich liebe dich, Donna«, sagte er. Dieses Aufladen war für ihn wie Sex, ja vielleicht war es sogar besser als Sex, denn hier konnte zuerst sie etwas in ihn einströmen lassen und dann, wenn sie das Bedürfnis danach hatte, er etwas in sie. Ein gleichberechtigter Austausch, ein Geben und Nehmen, bis der letzte Krümel Hasch verglommen war.
    »Yeah, das kann ich dir nachfühlen – dass du mich liebst, meine ich.« Sie kicherte und setzte sich neben ihn, um einen Zug aus der Hasch-Pfeife zu nehmen, diesmal für sich selbst.
     

 
Neun
     
    »Hey, Donna, hör mal«, sagte Arctor. »Magst du Katzen?«
    Sie blinzelte mit geröteten Augen. »Die kleinen Dinger. Schleichen ungefähr 'nen Meter über dem Boden daher.«
    »Über, nein, auf dem Boden.«
    »Kleine Dinger. Hinter den Möbeln.«
    »Dann eben Frühlingsblumen.«
    »Ja, das gefällt mir – Frühlingsblumen, mit Gelb drin. Die, die zuerst rauskommen.«
    »Vorher. Früher als alle anderen.«
    »Ja.« Sie nickte, die Augen geschlossen, sehr weit weg. »Bevor alle auf ihnen rumtrampeln und sie… nicht mehr da sind.«
    »Du kennst mich wirklich. Du verstehst mich.«
    Sie lehnte sich zurück und legte die kalte Hasch-Pfeife beiseite. »Nichts mehr da«, sagte sie und ihr Lächeln verschwand langsam.
    »Was ist los mit dir?«
    »Nichts.«
    »Darf ich meine Arme um dich legen? Ich möchte dich festhalten. Okay? Dich nur ein bisschen in den Arm nehmen, ja?«
    Ihre dunklen, müden Augen mit den geweiteten Pupillen öffneten sich. »Nein. Nein, du bist zu hässlich.«
    »Wie?«
    »Nein«, wiederholte sie, diesmal mit einer gewissen Schärfe in der Stimme. »Ich schniefe 'ne Menge Koks. Ich muss supervorsichtig sein, weil ich 'ne Menge Koks schniefe.«
    »Hässlich?«, sagte er. Er war wütend auf sie. »Du beschissene…«
    »Geh mir bloß nicht an die Wäsche.« Sie starrte ihn an.
    »Keine Angst!« Er kam auf die Füße und wich vor ihr zurück. »Mach ich nicht, darauf kannst du Gift nehmen.« Er spürte das unwiderstehliche Bedürfnis, zu seinem Wagen zu gehen, die Pistole aus dem Handschuhfach zu holen und ihr das Gesicht wegzuschießen, ihren Schädel und ihre Augen in kleine Stückchen zerplatzen zu lassen. Und dann verging das alles wieder – der Hasch-Hass, die Hasch-Wut. »Ach Scheiße«, murmelte er niedergeschlagen.
    »Ich hab’s nicht gern, wenn irgendwelche Leute meinen Körper betatschen«, sagte Donna. »Ich muss aufpassen, weil ich so viel kokse. Eines Tages – jedenfalls hab ich das vor – werde ich über die kanadische Grenze gehen, mit vier Pfund Koks drin, in meiner Möse, meine ich. Ich werd sagen, ich sei katholisch und Jungfrau… Wo willst du hin?« Sichtlich alarmiert erhob sie sich halb.
    »Ich hau ab.«
    »Aber dein Wagen steht bei dir zu Hause. Ich hab dich hergefahren.« Sie kämpfte sich hoch, zerzaust, völlig durcheinander, und stolperte hinüber zum Schrank, um ihre Lederjacke zu holen. »Ich fahr dich heim. Aber kapierst du, warum ich meine Möse schützen muss? Vier Pfund Koks bringen in Kanada…«
    »Lass doch den Scheiß«, fiel er ihr ins Wort. »Du bist zu stoned, um zehn Meter weit zu fahren, und du lässt ja nie jemand anders an diesen verdammten Kübel ran.«
    Sie baute sich vor ihm auf. »Weil außer mir keiner meinen Wagen fahren kann, darum! Kein anderer kriegt das hin, erst recht kein Mann! Weder das Fahren noch sonst was! Hey, deine Pfoten waren schon wieder unten in meiner…«
    Und dann war er draußen in der Dunkelheit, irrte ziellos umher, ohne Mantel, in einem Teil der Stadt, den er nicht kannte. Er ganz allein. Beschissen allein, dachte er. Und dann hörte er Donna, die hinter ihm herlief. Donna, die versuchte, ihn einzuholen. Ihr Atem ging schleppend, weil sie in letzter Zeit so viel Pot und Hasch geraucht hatte und ihre Lungen von dem ganzen Harz verklebt waren. Er hielt an, stand da, ohne sich umzudrehen, wartete. Er fühlte sich wirklich mies.
    Als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, wurde Donna langsamer und keuchte: »Mann, tut mir schrecklich Leid, dass ich dir wehgetan hab. Mit dem, was ich

Weitere Kostenlose Bücher