Der dunkle Schirm
erkundigte sich Charles Freck. Er selbst hatte noch nie eine Pistole gehabt. Mehrere Male hatte er ein Messer besessen, aber irgendwer stahl es ihm immer. Einmal hatte eine Puppe das getan, während er gerade im Badezimmer war.
»Nicht besonders teuer«, sagte Barris. »Gebraucht ungefähr dreißig Dollar. Die hier ist gebraucht.« Er hielt sie Freck hin, der sofort nervös zurückwich. »Ich verkaufe sie dir«, sagte Barris. »Du solltest wirklich eine Waffe haben, damit du dich gegen all die Leute schützen
kannst, die dir was antun wollen.«
»Soll ja ‘ne ganze Menge davon geben«, grinste
Luckman in seiner ironischen Art. »Ich hab’ kürzlich in der L. A. Times gelesen, daß jeder, der Freck erfolgreich eins verpaßt, kostenlos ‘n Transistorradio kriegt.«
»Ich geb’ dir ein Borg-Warner-Tacho dafür«, sagte
Freck.
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»Das du aus der Garage unten an der Straße gestohlen hast«, sagte Luckman.
»Na, und wenn schon«, sagte Charles Freck. »Viel-
leicht ist ja auch die Knarre gestohlen.« Praktisch alles, was irgendwie wertvoll war, war ursprünglich irgend-wem abgeklaut worden; erst der Diebstahl bewies, daß ein Stück überhaupt einen Wert hatte. »Und überhaupt«, sagte er, »hat der Typ unten an der Straße das Tacho zuerst geklaut. Es hat vielleicht fünfzehn Mal oder so den Besitzer gewechselt. Ich meine, das ist ja auch wirklich ein superheißes Tacho.«
»Woher weißt du, daß er es geklaut hat?« fragte
Luckman ihn.
»Hölle, Mann, er hat acht Tachos da in seiner Garage, und an allen baumeln noch die abgeschnittenen Kabel rum. Was würde er sonst mit ihnen tun, mit so vielen, meine ich? Wer geht denn los und kauft sich acht Tachos?«
Luckman sagte zu Barris: »Ich dachte, du wärst mit
dem Cephskop beschäftigt. Bist du schon damit fertig?«
»Ich kann nicht pausenlos Tag und Nacht daran arbeiten, weil der Schaden so groß ist«, sagte Barris. »Ich muß da manchmal einfach ‘ne Pause machen.« Er schnitt mit einem komplizierten Taschenmesser noch ein Stück
Schaumgummi ab. »So, das nächste Modell wird völlig lautlos sein.«
»Bob denkt, du wärst dabei, sein Cephskop zu reparieren«, sagte Luckman. »Er liegt da in seinem Zimmer im Bett und stellt sich das vor, während du hier draußen rumstehst und mit deiner Pistole rumballerst. Hast du 109
nicht mit Bob ausgemacht, daß er dir die überfällige Miete streicht, wenn du –«
»Wie gutes Bier«, sagte Barris, braucht auch die gewissenhafte Rekonstruktion einer beschädigten elektronischen Vorrichtung –«
»Na, wenn das so ist, dann schieß halt den großartigsten Elf-Cent-Schalldämpfer aller Zeiten noch mal ab«, sagte Luckman und rülpste.
*
Jetzt haben sie mich am Arsch, dachte Robert Arctor.
Er lag allein auf dem Rücken im trüben Licht seines Schlafzimmers und starrte grimmig ins Nichts. Unter seinem Kopfkissen spürte er seinen Polizei-Spezial-Revolver, Kaliber 32; nach dem Knall, den der Abschuß von Barris’ 22er im Hinterhof verursacht hatte, hatte er reflexartig seine eigene Knarre unter dem Bett hervorgeholt, um sie in bequemerer Reichweite zu haben – eine Sicherheitsmaßnahme gegen alle nur vorstellbaren Gefahren; er hatte nicht einmal bewußt darüber nachgedacht.
Aber der 32er unter dem Kopfkissen würde nicht viel gegen solche indirekten Angriffe wie etwa die Sabotage seines kostbarsten und teuersten Besitzes nützen. Sofort, nachdem er von der Besprechung mit Hank heimge-kommen war, hatte er all die anderen Hilfsmittel überprüft und festgestellt, daß sie okay waren – auch der Wagen, und in einer Situation wie dieser mußte man immer zuerst den Wagen überprüfen. Was immer auch vorgehen 110
mochte, und von wem auch immer es ausging –es würde heimtückisch und link sein. An der Peripherie seines Lebens lauerte irgendein feiger, hinterhältiger Freak, der sich nicht traute, ihm offen entgegenzutreten, sondern ihn aus dem Verborgenen heraus fertigzumachen versuchte.
Eigentlich gar kein richtiger Mensch, sondern eher eine Unperson, ein als Mensch verkleidetes Symptom ihres Lebensstils.
Früher einmal hatte es eine Zeit gegeben, da hatte er nicht so gelebt wie jetzt. Und dieses Jetzt bestand aus einem 32er unter seinem Kopfkissen, einem Verrückten, der aus Gründen, die nur der Herrgott selbst erahnen mochte, wieder und wieder im Hinterhof eine Pistole ab-feuerte, und einem anderen Idioten (der vielleicht sogar mit dem im Hinterhof identisch war), den ein Kurzschluß in seinem
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