Der dunkle Schirm
Schädel und ihre Augen in kleine
Stückchen zerplatzen zu lassen. Und dann verging das alles wieder – dieser Hasch-Haß, diese Hasch-Wut. »Ach Scheiße«, sagte er niedergeschlagen.
»Ich hab’s nicht gern, wenn irgendwelche Leute mei-
nen Körper betatschen«, sagte Donna. »Ich muß aufpassen, weil ich so viel kokse. Eines Tages – jedenfalls hab’
ich das vor – werde ich über die kanadische Grenze gehen, mit vier Pfund Koks drin, in meiner Möse, meine ich. Ich werde sagen, ich sei katholisch und Jungfrau. Wo willst du hin?« Sichtlich alarmiert erhob sie sich halb.
»Ich hau ab«, sagte er.
»Dein Wagen steht bei dir zu Hause. Ich hab’ dich
hergefahren.« Das Mädchen kämpfte sich hoch, zerzaust und durcheinander und halb schlafend, stolperte hinüber zum Schrank, um ihre Lederjacke herauszuholen. »Ich fahre dich heim. Aber verstehst du wenigstens, warum ich meine Möse schützen muß? Vier Pfund Coke bringen 267
in Kanada –«
»Ach, laß doch den Scheiß«, sagte er. »Du bist zu stoned, um zehn Meter weit zu fahren, und du läßt ja nie jemand anders an diesen blöden kleinen Rollschuh ran.«
Sie baute sich vor ihm auf und schrie ihn an: »Weil außer mir keiner meinen Wagen fahren kann, darum!
Kein anderer kriegt das jemals richtig hin, erst recht kein Mann! Weder das Fahren noch sonstwas! Deine Pfoten
waren schon wieder unten in meiner –«
Und dann war er irgendwo draußen in der Dunkelheit, irrte ziellos umher, ohne Mantel, in einem Teil der Stadt, den er nicht kannte. Er ganz allein. Beschissen allein, dachte er, und dann hörte er Donna, die hinter ihm hereil-te, Donna, die versuchte, ihn einzuholen. Ihr Atem ging keuchend, weil sie in letzter Zeit so viel Pot und Hasch geraucht hatte und ihre Lungen von dem ganzen Harz
halb verschlammt waren. Er hielt an, stand da, ohne sich umzudrehen, wartete. Er fühlte sich echt down.
Als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, wurde Donna langsamer und keuchte: »Mir tut’s schrecklich leid, daß ich dir weh getan hab’. Mit dem, was ich gesagt hab’, meine ich. Ich war gar nicht so richtig da.«
»Yeah«, sagte er. »Zu häßlich!«
»Wenn ich den ganzen Tag gearbeitet habe und super-
super-müde bin, dann haut mich manchmal schon die
erste Pfeife um. Wülste nich’ wieder reinkommen? Oder sollen wir was anderes machen? Wülste ins Drive-in?
Und was ist mit dem Southern Comfort? Ich kann keinen kaufen … sie verkaufen ihn mir nicht«, sagte sie und unterbrach sich einen Moment lang. »Bin schließlich noch 268
minderjährig, stimmt’s?«
»Okay«, sagte er. Zusammen gingen sie zurück.
»Das Hasch ist doch wohl echt Klasse, was?« sagte
Donna.
Bob Arctor sagte: »Das Hasch ist schwarz und klebrig, was bedeutet, daß es mit Opium-Alkaloiden gesättigt ist.
Was du rauchst, ist Opium und kein Hasch – weißt du das eigentlich? Darum ist es auch so teuer – weißt du das eigentlich?« Er hörte, wie seine Stimme immer lauter wurde; er blieb stehen. »Du rauchst kein Hasch, Herz-chen. Du rauchst Opium, und das bedeutet lebenslängliche Sucht. Und dafür bezahlst du … wie teuer ist dieses Hasch eigentlich im Augenblick pro Pfund? Und du wirst das Zeug rauchen und wegnicken, wegnicken und nicht mal mehr in der Lage sein, deinen Wagen anzuwerfen
und dich an Lieferwagen dranzuhängen, und du wirst es jeden Tag brauchen, bevor du zur Arbeit gehst –«
»Ich brauch’ das heute schon«, sagte Donna. »Ich
meine, ich muß mir jedesmal erst ‘n Pfeifchen reinziehen, bevor ich zur Arbeit gehe. Und auch mittags und sobald ich nach Hause komme. Darum deale ich ja – um mir mein Hasch kaufen zu können. Hasch ist fab. Hasch bringt’s.«
»Opium«, wiederholte er. »Wieviel kostet Hasch
jetzt?«
»Ungefähr zehntausend Dollar pro Pfund«, sagte Don-
na. »Die gute Sorte.«
»Heiliger Himmel! So viel wie Smack!«
»Ich würd’ nie ‘ne Fixe nehmen. Ich hab’s nie getan und werd’s auch nie tun. Man hält ungefähr noch sechs 269
Monate lang durch, wenn man zu schießen anfängt, ganz egal, was man nun schießt. Sogar Leitungswasser. Man wird süchtig –«
»Du bist süchtig.«
Donna sagte: »Das sind wir doch alle. Du nimmst
Substanz T. Also? Wo ist denn da der Unterschied? Ich steh’ eben drauf, mir jeden Abend, wenn ich nach Hause komme, ‘ne Ladung klasse Hasch reinzuziehen … das ist mein Trip. Versuch nicht, mich zu ändern. Versuch niemals, mich zu ändern. Mich oder meine
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