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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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bislang scheint sie noch nicht empfangen zu haben.«
    Almut hatte ein wenig überlegt und fasste dann zusammen: »Es ist doch denkbar, dass de Lipa in diesem Jean so etwas wie einen Sohn sah. Das würde auch diese heftige Gefühlsregung erklären. Als der Junge starb, hat er geweint. Erst danach wurde er so wütend.«
    »Schon möglich, Almut. Aber kehren wir zu der ersten Frage zurück. Weist irgendetwas darauf hin, dass sein Tod gefördert wurde?«
    Almut schluckte trocken, als sie an den schwarzen Spiegel dachte. Für sie war er ein böses Zeichen, doch eine abergläubische Furcht ließ sie ihre Entdeckung verschweigen. Nicht so Thea. Sie hatte eine sachliche Einstellung zu dem Ereignis.
    »Sagen wir mal, die Möglichkeit besteht. Sonntag hat Jean die Arznei bekommen, und angeblich ging es ihm am Montag schon wieder ausgesprochen gut. So sagte Frau Dietke zumindest. Und am Dienstag finden wir ihn, nach Luft ringend, in seinem Bett, und kurz darauf stirbt er. Das ist ein ungewöhnlicher Krankheitsverlauf. Außerdem ist mir noch etwas aufgefallen. Almut, hast du es nicht auch gesehen – er hatte an der Stirn eine Beule, einen Bluterguss, den er sich erst kurz zuvor zugezogen haben konnte.«
    »Richtig, das ist mir auch aufgefallen. Aber könnte der nicht auch älter gewesen sein? Sonntags habe ich ihn nicht so genau angesehen.«
    »Nein, höchstens einen Tag. Ich habe schon oft Leichen mit Verletzungen aufgebahrt. So etwas erkennt man.«
    Magda fragte nach: »Willst du damit sagen, dass er einen Schlag auf den Kopf bekommen hat?«
    »Vielleicht. Aber er hatte noch einen Bluterguss am Schienbein.«
    »Eine Beule am Kopf und ein blauer Fleck am Bein führen nicht zum Tod«, stellte Magda nüchtern fest.
    »Nein. Aber die Tätigkeit, bei der er sich beides zugezogen hat, kann seine Krankheit verschlimmert haben, oder?« Almut sah die beiden anderen Frauen an.
    »Hat er denn nicht das Haus gehütet?«
    »Das wissen wir nicht.«
    »Wenn er Elsas Medizin genommen hat, wird er sich benommen gefühlt haben. Normalerweise steht man dann nicht auf und geht seinen Geschäften nach.«
    »Und wenn man es doch tut, läuft man Gefahr, sich irgendwo den Kopf und das Schienbein anzuschlagen. Also wäre dann doch unser Mittel schuld, zumindest an den Verletzungen und letztlich auch an der Verschlechterung seines Zustandes. Wollte man böswillig sein, kann man so argumentieren.«
    »Wir müssen Elsa befragen, was in dem Mittel enthalten ist.«
    »Habe ich schon getan. Huflattich, Fenchel und Milchsaft der Mohnpflanze aus der unreifen Samenkapsel – alles mit Honig und Wein gemischt. Huflattich und Fenchel helfen gegen den Husten, der Mohnsaft hingegen löst die Krämpfe und stillt die Schmerzen. In kleinen Mengen macht er auch fröhlich und leicht berauscht. Nimmt man aber mehr davon, macht er benommen und schläfrig. In großen Mengen eingenommen, bringt er den Tod. Elsa sagt, die Menge in dem Krüglein hat dazu vielleicht ausgereicht.«
    »Ein Gift!«, stellte Magda trocken fest.
    »In der richtigen Dosierung, ja.«
    »Und was war in dem Messwein?«, fragte sie dann.
    »Wir wissen es nicht!«, betonte Almut mit Nachdruck. »Bist du etwa auch der Meinung, wir seien daran schuld?«
    »Ich hoffe, dass es niemand von uns war. Es soll ja auch Novizenstreiche geben. Nun, lassen wir es zunächst einmal auf sich beruhen. Wir werden abwarten müssen, welche Schritte Pater Ivo einleiten wird.«
    Es war jedoch nicht Pater Ivo, der die nächsten Schritte unternahm.

7. Kapitel
    Johannes Deubelbeiß rieb sorgfältig einen Staubfleck aus seiner weißen Kutte. Der Dominikaner war nicht glücklich, aber Glück erwartete er auch nicht in die sem irdischen Jammertal. Bruder Johannes hoffte auf die immerwährende Seligkeit zu einem späteren Zeitpunkt, wenn er nach dem Tag des Gerichtes zu Füßen des Thrones Gottes sitzen durfte und gewiss sein konnte, dass die Sünder allesamt in den tiefsten Abgründen der Hölle schmorten. Auf dieses Ziel arbeitete er tagtäglich hin. Er hielt sich streng an die Regeln seines Ordens. Keiner beachtete die Gebetsstunden so peinlich genau wie er. Selbstverständlich kniete er um Mitternacht zur Matutin nieder, betete bei Sonnenaufgang zur Laudes, ließ weder die Prim, Terz noch Sext aus, sang mit Andacht die Psalmen zur Vesper und beschloss bei Sonnenuntergang den Tag mit der Komplet. Die Fastengebote hielt er übergenau ein, gönnte sich lediglich eine Mahlzeit am Tag und verzichtete selbstverständlich auf

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