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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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offen!«, meinte Almut nachdenklich.
    »An der Luft dunkelt Silber nach, das stimmt schon. Aber es braucht einige Zeit dazu. Vielleicht liegt es an irgendwelchen fauligen Dämpfen, die manchmal aufsteigen. Jedenfalls nicht an solchen, die hier in meinen Räumen entstehen. Warum willst du das überhaupt wissen?«
    »Ach, nur so. Es ist nicht weiter wichtig. Hat Trine eigentlich an dem Duftwasser noch etwas verändert? Sie hat mir vorgestern einen Topf mit Neroliblüten abgeschmeichelt.«
    »Dieses Kind ist versessen auf solche Sachen. Aber das muss ich ihr lassen, sie kann inzwischen hervorragend mit dem Alambic umgehen und zündet auch nicht mehr ständig alles Mögliche an, um herauszufinden, wie der Rauch riecht. Woher hast du eigentlich diese feinen, bunten Glasflakons?«
    »Oh, es gibt da einen Händler auf dem Markt. Er hat eine reiche Auswahl.«
    »Wir sollten einige davon besorgen und dieses Duftwasser darin abfüllen. Die Frauen sind ganz verrückt danach. Du hattest Recht, Almut. Es verkauft sich gut. Wenn Trine vom Markt zurückkommt, schicke ich sie mit ihrer neuesten Schöpfung zu dir. Aber jetzt muss ich mich weiter um das Öl kümmern.«
    »Danke, Elsa!«
    Almut atmete auf, als sie die Apothekerin verlassen hatte. Es hatte keine große Aussprache gegeben, keine Worte der Vergebung oder der Entschuldigung. Dennoch glaubte sie, dass Elsa dankbar ihr ganz normales Verhalten verstanden hatte.
    Trine kam mit den Weberinnen schwer beladen zurück. Sie waren im Leinenkaufhaus »Zum Hirtz« am Alten Markt gewesen und hatten sich mit Stoffen und Garn und all den anderen Dingen eingedeckt, die zur Herstellung der Aussteuer notwendig waren. Mit einem Korb voll feinstem Leinen am Arm trat Trine in Almuts Haus ein, wo diese und Clara gerade dabei waren, die Spuren des morgendlichen Unterrichts zu beseitigen.
    »Na, Trine, bringst du uns Arbeit!«
    Freundlich lächelnd nahm Almut ihr den Korb ab und schaute hinein. Trine hingegen zupfte sie am Ärmel, zeigte auf eines der aufgestapelten Wachstäfelchen und wedelte fragend mit dem Finger.
    »Nimm dir eins und auch einen Griffel!«, bedeutete ihr Clara und nahm zwei schwere Bücher, um sie in ihre Kammer zu tragen. Trine setzte sich auf die Bank und begann zu kritzeln. Neugierig schaute Almut ihr über die Schulter und erkannte eine erstaunlich gute Skizze eines Hundes. Noch einmal zupfte das Mädchen an ihrem Ärmel, wie immer, wenn sie Aufmerksamkeit erheischte. Dann ritzte sie mit raschen Strichen ein Haus daneben und hielt sich angeekelt die Nase zu. Jetzt war Almuts Neugier wirklich geweckt, und sie setzte sich neben die Kleine.
    »Das Haus, in dem es nicht gut riecht – das ist de Lipas Haus, nicht wahr. Da warst du gestern mit der Meisterin, ich weiß. Gab es da einen Hund?«
    Sie deutete auf die Zeichnung.
    Trine nickte, begeistert darüber, dass sie verstanden wurde. Dann schnitt sie eine fürchterliche Fratze und machte einen Buckel.
    »Oh, das hässliche Faktotum war auch da. Ah, ja, er hat einen Hund. Und was soll das jetzt?«
    Trine machte ein trauriges Gesicht, als ob sie weinen müsste, und strich dann mit einem energischen Schwung des Griffels den Hund durch.
    »Oh, der Mann ist traurig, weil sein Hund weggelaufen oder gestorben ist. Ich verstehe.«
    Trine glättete die Tafel mit der breiten Seite des Griffels und zeichnete ein anderes Tier an den Rand.
    »Eine Ratte. Igitt. Und der Hund hat die Ratte gefangen? Daran ist er gestorben? Nein. Das muss etwas anderes bedeuten. Der Hund hat im Keller eine Ratte gefangen. Braves Tier!«
    Aber das war es nicht, was Trine ihr mitteilen wollte. Sie löschte noch einmal die Tafel und begann von neuem, das Haus zu zeichnen, davor die Treppen in die Kellergewölbe, die Ratte und den Hund. Aber Almut konnte sich keinen Reim darauf machen.
    »Ach, Trine, es tut mir ja so Leid, dass ich dich nicht besser verstehen kann. Aber ich werde mich nach dem Hund erkundigen. Vielleicht erzählt mir ja dieses Faktotum, was mit ihm geschehen ist.«
    Trine zuckte mit den Schultern und stellte ihre Bemühungen ein. Dafür zog sie aus ihrer Kitteltasche ein Krügelchen hervor, löste den Stopfen und hielt es Almut zum Riechen vor die Nase.
    »Oh, mmmh. Das wird ja wirklich immer besser!«
    Trine schenkte ihr ein strahlendes Lächeln und drückte ihr das Krüglein in die Hand. Das Duftwasser roch jetzt kaum mehr nach Rosmarin, obgleich dessen herber Geruch noch immer zu ahnen war. Auch das süßliche Rosenöl war in den Hintergrund

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