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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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worden.«
    »Doch, aber ich blieb standhaft, Pater!«
    »Nun, dann sollt Ihr diese Strafe als aufgehoben betrachten. Kommt, gehen wir zurück und schauen nach, ob Eure vorzügliche Köchin uns mit solchem Gebäck versorgen kann.«
    Einträchtig schweigend wanderten die Begine und der Benediktiner zwischen den Weingärten zurück zum Konvent. Doch bevor sie ihr Ziel erreichten, drängte sich Almut noch eine Frage auf.
    »Pater Ivo, Ihr habt letzte Woche das Gottesurteil über mich verhängt. Ich gestehe, ich war zuerst entsetzt darüber, dass Ihr mich dieser Demütigung ausgesetzt habt, aber ich sehe ein, dass Ihr mich damit vor Schlimmerem bewahrt habt. Dafür möchte ich Euch danken.«
    »Dankt mir nicht, es ist mir nicht gelungen, Euch vor den darauf folgenden Gefahren zu schützen.«
    »Es ist nicht Eure Aufgabe, mich zu schützen, Pater.«
    »Nein, es ist nicht meine Aufgabe, und ich weiß auch gar nicht, warum ich es überhaupt getan habe. Haltet es meiner greisenhaften Sentimentalität zugute, dass ich einfach ungern eine aufrechte, scharfzüngige Begine in der Gewalt des Inquisitors sehe. Und jetzt befehlt Eurer Zunge, über dieses Thema zu schweigen!«
    »Geht nicht, Pater. Sie läuft ohne meinen Willen. Und darum müsst Ihr mir eine letzte Frage beantworten.«
    »Na gut, eine allerletzte also, Begine!«
    »Sagt, Pater Ivo – bluten Tote wirklich noch mal, wenn ein Mörder an die Bahre tritt?«
    »Die meisten Menschen glauben es.«
    »Ihr auch?«
    »Ich weiß, dass sie es nicht tun.«
    »Deshalb habt Ihr die Bahrprobe vorgeschlagen? Ihr wart Euch sicher, dass so meine Unschuld bewiesen würde!«
    »Ja und nein, Begine. Es war ein Risiko dabei. Schaut, wenn man fest daran glaubt, dass der Tote Zeugnis ablegt, dann wird jemand, der sich schuldig fühlt, bei einer solchen Zurschaustellung irgendeine Unvorsichtigkeit begehen. Er könnte zusammenbrechen und ein Geständnis ablegen. Oder er könnte unfähig sein, die vorgegebenen Eide zu schwören. Sich versprechen, sich abwenden, stumm bleiben.«
    »Ja, das verstehe ich. Sogar ich hatte Angst davor, keinen Laut aus der Kehle zu bekommen. Es war entsetzlich.«
    »Aber Ihr habt mit lauter Stimme Eure Unschuld beteuert!«
    »Ich hatte ja auch eine Freundin, die mir half.«
    »Ihr hattet vor allem Eure Unschuld und Eure Würde. So und nun wirklich Schluss mit dem Thema!«
    Sie hatten das Tor erreicht, und Mettel öffnete ihnen. Es ergab sich zudem, dass Gertrud gerade eben ein Blech süßer Wecken fertig hatte. Nach der Vesper berichtete Magda den Beginen von dem Auftrag, den sie von de Lipa erhalten hatte.
    »Wir werden in den nächsten Wochen ausschließlich für die Aussteuer seiner Nichte Waltruth arbeiten. Er will sie prächtig ausgestattet verheiraten. Die Hochzeit wird im Herbst gefeiert, bis dahin sollten wir die Arbeit geschafft haben.«
    Sie verteilte die Arbeiten gleichmäßig und nach Können unter den Frauen, und Almut sah sich die kommenden Tage Dutzende von zarten Hemden säumen und mit zierlichen Durchbrucharbeiten verzieren. Sie seufzte ganz leise. Lieber hätte sie das Dach des Schweinestalls aufgeschlagen und gedeckt. Andererseits stellten Handarbeiten, die in Gemeinschaft anderer Frauen erledigt wurden, eine willkommene Quelle für Klatsch und Tratsch dar. Sie war bereit, dabei die Ohren zu spitzen und das Gespräch, wenn nötig, auf Frau Dietke zu lenken. Die allererste Quelle dazu fand sie jedoch nicht im Konvent, sondern anderenorts.
    »Magda, ich muss wirklich meine Stiefmutter besuchen. Aber zunächst will ich dir berichten, was ich gestern getan habe.«
    Die Meisterin hörte zu, manchmal mit sorgenvollem Blick, aber sie stellte keine Fragen und machte keine Vorwürfe.
    »Also gut, sie ist deine natürliche Schwester. Und du kennst die Regeln, nach denen wir hier leben, gut genug, um zu wissen, wie leicht du uns mit solchen Ausflügen ins Gerede bringen kannst. Aber ich gestehe auch zu, dass der Mörder dieses jungen Mannes gefunden werden muss. Es war nicht recht von mir, die Augen einfach zu verschließen und zu hoffen, dadurch nichts mehr mit der Angelegenheit zu tun zu haben. Also tu, was du tun musst. Aber bitte sag mir, welche Schritte du unternehmen willst.«
    »In diesem Fall wirklich nur mit Frau Barbara plaudern. Ich wüsste gerne mehr über die Frau des Weinhändlers. Oder kannst du mir dabei schon weiterhelfen?«
    »Ich sprach heute selbst lange mit ihr. Sie war sehr diszipliniert und bedachtsam, was das Geschäftliche anbelangte.

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