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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Aber sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und wirkte matt. Mag sein, dass sie Sorgen hat, vielleicht strengt sie aber auch nur die Vorbereitung zu dem großen Fest an. Sie macht mir nicht den Eindruck, als ob sie harte Arbeit gewöhnt ist.«
    »Das Fest findet am Sonntag statt?«
    »Ja, mit einem Festessen und Lustbarkeiten. Musikanten wurden gedungen. In der Küche scheinen sich seit Tagen die Köchinnen zu überschlagen, um all die ausgefallenen Gerichte herzustellen, mit denen Herr de Lipa seine Gäste beeindrucken möchte.«
    »Ja, das mag Frau Dietke anstrengen. Sie scheint den Ehrgeiz ihres Mannes mitzutragen.«
    »Den Sprung in den Rat der Stadt? Ja, das würde ihr sicher gefallen. Höre, Almut, sie hat mich ebenfalls eingeladen, an der Feier teilzunehmen.« Magda stieß ein kleines Lachen aus. »Sicher nicht in meiner Eigenschaft als Beginenmeisterin, sondern als Schwester und Tochter eines Patriziers. Ich werde sie fragen, ob ich dich als meine Begleiterin mitbringen darf.«
    »Das wäre natürlich eine wunderbare Gelegenheit, herauszufinden, mit wem die de Lipas so verkehren!«
    »Wann willst du deine Stiefmutter aufsuchen?«
    »Morgen Nachmittag, dachte ich. Ich will sehen, ob ich meinen Vater treffe, denn eigentlich wollte ich ihn überreden, das Holz für das Dach zu stiften.«
    »Das kannst du gerne tun, wir wären ihm dankbar. Aber raue Hände darfst du in der nächsten Zeit nicht haben!«
    »Ja, ja, ich weiß, ich werde mit dünnen Nadeln zierliche Muster sticken, statt mit schweren Hämmern grobe Nägel einzuschlagen! Ich verspreche es. Aber nun sag mir noch etwas Weiteres, Magda. Was ist mit Elsa?«
    Magda seufzte. »Ich weiß, ich muss mich mit ihr auseinander setzen. Ich weiß noch nicht, was ich mit ihr tun soll. Wenn ich sie ausschließe, verliert sie, fürchte ich, jeden Halt.«
    »Gertrud hat mir erzählt, warum sie sich so benommen hat, als der Inquisitor hier war. Ich war entsetzt und einige Tage sehr böse auf sie, aber inzwischen…« Almut zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht mehr so schlimm. Sie ist eine hervorragende Apothekerin, es wäre gut, wenn sie bliebe.«
    »Ja, es wäre gut. Aber sie braucht eine starke Hand, die ihr hilft, wenn sie wieder in Gefahr gerät, in derartige Panik zu verfallen. Trine ist nicht die rechte Mitbewohnerin für sie.«
    »Gertrud kennt sie schon lange.«
    »Aber sie wird nicht von ihrer Küche fortgehen.«
    »Nein, das nicht.«
    »Ich werde über das Problem nachdenken, Almut. Und was wirst du tun?«
    »Ich werde zu ihr gehen und ihr zeigen, dass ich ihr nichts nachtrage.«
    »Das wäre wundervoll. Sie soll wieder am gemeinschaftlichen Leben teilhaben. Es wäre besser für sie!«
    An diesem Abend hielt Almut lange Zwiesprache mit der Jungfrau Maria, wie immer, wenn sie ihre Gedanken ordnen wollte. Sie bat darum, Elsa ohne Bitterkeit begegnen und ihr ihren Verrat vergeben zu können. Sie bat auch um Hilfe für ihr Unterfangen, Jeans Mörder zu finden. Schließlich bat sie, wie jedes Mal, darum, an der rechten Stelle den Mund halten zu können.
    Zumindest die erste der Bitten hatte Maria erhört, denn als Almut am nächsten Morgen Elsa besuchte, die über einen brodelnden Kessel gebeugt stand, war ihr Groll auf sie gänzlich verflogen. Sie hatte Mitleid mit der Frau, die mit grauem, steinernem Gesicht aufsah, als sie erkannte, wer sie aufsuchte.
    »Es riecht eigenartig, was stellst du da her?«
    »Ein Kräuteröl gegen Wespenstiche«, antwortete Elsa mit tonloser Stimme.
    »Sehr nützlich, vor allem im Herbst, wenn die Wespen auf den süßen Früchten sitzen. Was tust du hinein?«
    Als Elsa merkte, dass Almut nicht gekommen war, um ihr Vorwürfe zu machen, taute sie langsam auf. Sie liebte ihre Kunst, und bald redete sie unbefangen über Auszüge und Tees, Salben und Öle. Ganz beiläufig brachte Almut schließlich die Frage an, die ihr auf den Nägeln brannte.
    »Holunderbeeren färben meine Finger dunkelrot, grüne Walnüsse machen sie braun und Wolfsmilch schwärzt sie. Gibt es eigentlich auch ein Mittel, das Silber schwärzt?«
    »Warum gerade Silber?«
    »Es läuft doch manchmal an! Woran liegt das? Weißt du es?«
    »Mh, es schwärzt sich, ja. Aber ich trage dieses Silberkreuz«, Elsa fischte aus ihrem Ausschnitt ein kleines, hübsch ziseliertes Kreuz, das ganz blank war, »und es ist mir hier noch nie angelaufen. Allerdings trage ich es immer unter der Kleidung.«
    »Meinen Silberschmuck musste ich immer polieren. Ich trug ihn allerdings auch

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