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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Bettelritter halten, Sir«, frotzelte der freche Bäckerbursche.
    »Komm her und hol dir ein paar Maulschellen, Bengel!«
    »Vielen Dank, Sir. Vielleicht ein andermal …«
    Nick hörte an Jeromes Lachen, dass die frohe Laune nur aufgesetzt war. Er lehnte sich mit verschränkten Armen an den Stützbalken und wartete auf schlechte Neuigkeiten. Es kam ihm vor, als hätte er im Laufe der letzten Monate nichts anderes gehört.
    Jerome führte seinen Fuchs am Zügel in den Stall. »Ah. Du bist wieder da.« Sein Lächeln war matter als üblich. »Wunderbares Reisewetter, he?«
    »Himmlisch«, bestätigte Nick. »Und?«
    »Der Duke of Suffolk hat gesagt, du bist ein schlimmerer Narr als dein Vater und wirst genauso enden wie er. Ich soll dir ausrichten, dein Widerstand sei ebenso sinnlos wie ungehörig. Und ich soll dich fragen, ob du glaubst, du seiest etwas Besseres als die anderen Lords in England, weil dein Stammbaum älter ist.«
    Nick stöhnte. »Immer unterstellt er mir das, wenn ich irgendetwas tue, das ihm nicht passt.«
    Jerome trug seinen Sattel in die kleine Sattelkammer, und als er zurückkam, blieb er vor Nick stehen. »Thomas Cromwell ist persönlicher Sekretär Seiner Majestät geworden.«
    »Glückwunsch.« Nick hob scheinbar gelassen die Schultern. »Das ist er in Wahrheit doch seit mindestens einem Jahr.«
    »Aber jetzt ist es offiziell: Cromwell kennt die geheimsten Gedanken des Königs, er kontrolliert, wer Zugang zu ihm hat, und hat Zugriff auf seine Schatullen. Und da er auch dieses unendliche Parlament kontrolliert, kann man wohl sagen: Thomas Cromwell regiert England. Genau wie du es vorhergesagt hast.«
    Nick stieß sich von seinem Balken ab und schlenderte zur Stalltür. »Wie ich es hasse, immer recht zu behalten …«
    Sie überquerten den Hof, und Jerome betrat das Haus allein, stieg ein paar Stufen hinauf und lauschte. Dann winkte er Nick, die Luft sei rein.
    Zusammen betraten sie die Halle, wo Philipp, Laura und John bei einem schlichten Nachtmahl saßen. Es war ungewohnt still am Tisch.
    Nick trat zu seiner Schwester, küsste sie auf die Stirn und setzte sich auf seinen Stuhl. Jerome nahm neben John Platz.
    Laura stand auf. »Ich hole euch einen Teller …«
    Nick winkte ab. »Danke, ich will nichts.«
    Sie ignorierte ihn, nahm zwei Zinnteller aus dem schön geschnitzten Schrank an der Wand gegenüber den Fenstern und füllte sie mit Eintopf. »Nicht mehr heiß, fürchte ich«, sagte sie.
    Jerome ergriff einen Löffel. »Ich bin nicht wählerisch. Danke.« Er begann zu essen.
    »Und?«, fragte Philipp seinen Schwager. »Wie steht es in Waringham?«
    Nick rang sich ein Lächeln ab. »Alles geht seinen gewohnten Gang und ist wunderbar friedvoll. Zwei Stuten haben gefohlt, seit ich zuletzt zu Hause war, und die Fohlen sind prächtig. Gott, wie ich wünschte, ich könnte einfach dort leben und meine Pferde züchten, und die Welt ließe mich in Ruhe …« Er fuhr sich kurz mit der Linken über die Stirn.
    »Das könntest du«, sagte seine Schwester in die kurze Stille hinein. »Es liegt allein bei dir. Schwöre den Eid, Nick, so wie alle anderen Lords es getan haben. Dann wird dein Wunsch in Erfüllung gehen.«
    »Ich kann aber nicht«, teilte er ihr kurz angebunden mit, tauchte den Löffel ein und aß.
    Das Parlament hatte vor wenigen Wochen ein Gesetz verabschiedet, das nachträglich legitimierte, was der König schon vor einem Jahr getan hatte: Lords und Commons erklärten seine Ehe mit Catalina von Aragon für ungültig, ihre Tochter für unehelich, Henrys Heirat mit Anne Boleyn für rechtmäßig und ihre Nachkommen zu den einzig legitimen Erben. Der Papst – der in dem Dokument der »Bischof von Rom« genannt wurde – habe keinerlei Befugnis, sich in diese englischen Angelegenheiten einzumischen.
    Das war alles nicht neu. Neu war hingegen, dass alle Lords und viele andere Männer mit politischem Gewicht aufgefordert worden waren, dieses Gesetz per Eid zu bestätigen. Der König war ausgesprochen nervös seit der Geburt der kleinen Prinzessin Elizabeth im vergangenen September. Hätte Königin Anne einen Prinzen bekommen, hätte gewiss das ganze Land dies als göttliches Zeichen anerkannt und sich mit der Scheidung und Wiederverheiratung des Königs abgefunden. So aber war der göttliche Segensbeweis ausgeblieben. Die Unterstützung für Catalina in der Bevölkerung wurde mit jedem Tag lauter, und dann war auch noch diese Nonne aus Kent mit ihren politisch so unbequemen Prophezeiungen

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