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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Kopf ihres Patienten und gab ihm zu trinken. »Ich glaube, das Fieber ist gefallen«, teilte sie ihm mit. Sie wartete einen Moment, setzte den Becher wieder an und fügte hinzu: »Wir bekommen dich wieder auf die Beine, du wirst sehen …«
    Nick schaufelte die kalte Asche aus dem Herd und beobachtete Mary verstohlen. Er wusste, sie hielt es für ihre Christenpflicht, sich persönlich um die Armen und Kranken unter ihrem Gesinde zu kümmern. Er teilte ihre Auffassung, denn, so hatte Sir Thomas ihn gelehrt, nur Nächstenliebe und Liebe zu Gott konnten die tragenden Säulen einer besseren und gerechteren, dem Gemeinwohl verpflichteten Gesellschaft sein. Doch war er nicht sicher, ob es wirklich angemessen war, dass Mary dies in so unmittelbarer Weise in die Tat umsetzte.
    »Ich … gehe neues Holz holen«, erbot er sich.
    Die Prinzessin nickte nur, sah aber nicht in seine Richtung.
    Er trat vor die Tür, schaute sich suchend nach dem Holzvorrat um und entdeckte ihn im Windschatten hinter dem Häuschen, wohin auch Lady Margaret geflüchtet war. »Ihr solltet lieber mit hineinkommen, Mylady«, riet Nick. »Eh’ Ihr hier festfriert.«
    »Lieber das, als mit anzusehen, wie sie sich erniedrigt«, gab die Gouvernante zurück, aber es klang eher resigniert als ärgerlich. Sie kannte ihre Prinzessin und hatte es längst aufgegeben, sich über deren Eigenarten zu erregen.
    »Ich glaube nicht, dass sie das tut«, antwortete Nick. »Im Gegenteil. Man sieht sie selten so unbeschwert und zufrieden wie bei ihren guten Werken, ganz gleich, wie unappetitlich die genauen Umstände sind. Das scheint ihr gar nichts auszumachen. Was ist es nur, das sie daran so glücklich macht? Gottes mutmaßliches Wohlwollen?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Lady Margaret, steckte die geballten Hände unter die Achseln und schlotterte schlimmer als zuvor. »Von ihrer Mutter hat sie das jedenfalls nicht«, fügte sie hinzu. »Die Königin ist wahrhaftig eine barmherzige und gottesfürchtige Dame, aber sie weiß, was ihre Stellung erlaubt und was nicht.«
    Nick legte noch ein Scheit auf den Stapel in seinem linken Arm. »Der Henker mag wissen, was die Königin jetzt treibt, da die Welt ihr nicht mehr zuschaut«, gab er zu bedenken.
    Lady Margaret hob ungeduldig die Schultern. »Tut, was Ihr könnt, damit sie sich bald losreißt, Mylord«, bat sie.
    Nick versprach, er werde sehen, was sich machen ließ, ging zurück in die Hütte und machte Feuer, während die Prinzessin den zahnlosen alten Gärtner mit dem Brei fütterte, den sie in einer abgedeckten Schale mitgebracht hatte, und sich erklären ließ, welche Blumen er im Frühling pflanzen wollte und was deren Vorzüge und Besonderheiten waren. Als die Flammen zu prasseln begannen, sah der kleine Raum gleich viel weniger trostlos aus.
    »Ich denke, jetzt ist alles getan, Hoheit«, sagte Nick mit Nachdruck.
    »Oh, aber ich wollte wenigstens noch ein wenig Wasser erhitzen und dieses schmutzige Geschirr …« Sie brach ab, als sie seinen Gesichtsausdruck sah, und lächelte schuldbewusst. »Ihr habt recht, Mylord. Das kann die Nachbarsfrau ebenso gut.«
    Sie stellte die geleerten Gefäße zurück in den Korb. »Auf bald, Nathan. Sei guten Mutes, du bist auf dem Wege der Besserung.«
    Nathan schien schon fast zu schlafen. »Habt Dank für Eure Güte, Hoheit«, murmelte er. Die Augen waren zugefallen.
    Mary zog seine Decke zurecht und streichelte ihm die gefurchte, stoppelige Wange. Es war eine selbstvergessene, zärtliche Geste, wie Nick sie noch nie bei ihr gesehen hatte, weil er Mary normalerweise nicht in Situationen erlebte, wo sie Zärtlichkeit hätte zeigen dürfen.
    Er nahm ihr den Korb aus der Hand und hielt ihr die Tür auf. »Und wohin jetzt? Zurück, hoffe ich, sonst bekommt die arme Lady Margaret Eiszapfen an der langen Nase.«
    »Oder Frostbeulen an den Ohren. Das würde sie mir sicher nie verzeihen.« Sie kicherte, und Nick dachte später, dass dieser Moment vermutlich das letzte Mal war, da er sie unbeschwert erlebt hatte.
    Als sie nach einem scheußlichen Weg durch dichtes Schneetreiben endlich in die Halle zurückkehrten, fanden sie wohlige Wärme und eine unangenehme Überraschung vor.
    »Mylord of Norfolk«, grüßte Mary kühl. »Welch unverhoffter Besuch.«
    Norfolk machte einen winzigen Diener, dann fiel der Blick der kalten, dunklen Augen auf Nick, und der Herzog verzog den Mund. »Schert Euch hinaus, Waringham. Ich habe mit Lady Mary zu reden.«
    »Ich muss darauf bestehen, dass

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