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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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wieder habe ich etwas Neues gelernt …«, murmelte er. Dann schaute er zu John hoch. »Und was weiter? Hat Schwester Janis sich wenigstens entlocken lassen, in welchem Kloster sie war?«
    »Bei den Benediktinerinnen in Wetherby. Das ist nicht weit von York, und ich kannte das Kloster gut, als ich dort oben gelebt habe, denn der alte Quacksalber, für den ich gearbeitet habe, behandelte die Gicht der Äbtissin von Wetherby. Ich habe Schwester Janis über ihr Kloster ausgefragt und ihr bei der Gelegenheit ein paar hinterhältige Fallen gestellt, aber sie sagt die Wahrheit, kein Zweifel. Sie war dort. Doch es ist eigenartig: Nathaniel Durham hat seine Kontakte zur Augmentationskammer genutzt und herausgefunden, dass Schwester Janis dort nicht aktenkundig ist. Das heißt also, dass sie keine Pensionsansprüche hat.«
    »Wie ist es möglich, dass sie nicht aktenkundig ist?«
    John hob kurz beide Hände. »Dafür kann es Dutzende von Gründen geben. Die Aufhebung der Klöster ist im Norden nicht besonders friedlich verlaufen, wie du weißt. Gewiss sind Schriftstücke verloren gegangen.«
    »Oder Janis war doch keine Nonne«, mutmaßte Nick. »Eine Laienschwester vielleicht?«
    »Eine Laienschwester, die Griechisch kann?«, entgegnete John skeptisch. Die Laienschwestern und -brüder in den Klöstern waren meist niederer Herkunft gewesen und hatten die Haus- und Gartenarbeit versehen, während die oft adligen Ordensmänner und -frauen sich dem Studium oder in früheren Zeiten auch der Buchmalerei gewidmet hatten.
    »Tja, ich weiß auch nicht«, gestand Nick.
    »Jedenfalls sollten wir ihr ein bisschen Lohn bezahlen, damit sie uns erhalten bleibt«, riet John nachdrücklich. »Sogar Nathaniel sagt, sie sei ihr Gewicht in Gold wert.«
    »Ach wirklich?« Nick zog eine Braue in die Höhe. »Dann bin ich sicher, er ist gewillt, ihr ein kleines Jahresgehalt zu zahlen. Es muss ja nicht gleich ihr Gewicht in Gold sein. Vielleicht zwei Pfund?«
    »Jeder Stallknecht in Waringham verdient mehr als das«, protestierte John.
    »Ja, ich weiß. Aber mehr wird Nathaniel nicht herausrücken, wenn überhaupt so viel. Im Übrigen darf ich dich daran erinnern, dass ihr Reformer es wart, die die Klöster abgeschafft haben, Cousin.«
    »Wenn du glaubst, dass du mich mit diesem Vorwurf mundtot machen könntest, muss ich dich leider enttäuschen, Mylord.«
    »Es wäre wohl leichter, einen der königlichen Papageien in Hampton Court mundtot zu machen«, konterte Nick. »Schließlich bist du ein Waringham.«
    Der nächste Vormittag fand Nick auf dem Pferdemarkt in Smithfield, wo er als Agent für Lord Sidney drei Pferde kaufte – einen braven Zelter für Lady Sidney und zwei mittelgroße Ponys für den Reitunterricht der Knaben am Hof des kleinen Prinzen – und sich über die jüngsten Klatschgeschichten in Pferdehändlerkreisen informierte. Der Lord Mayor habe ein Vermögen bei einer Wette auf ein Pferderennen in Newmarket verloren, hieß es. Und der neue Bischof von London hatte seinen jungen Diakon mit der Tochter seines Stallmeisters im Heu erwischt und beiden angeblich da und dort auf dem Heuboden mit der Reitgerte den nackten Hintern versohlt. Nick hielt das durchaus für denkbar, denn Edmund Bonner, der neue Bischof von London, galt als ausgesprochen sittenstreng, und man sagte ihm nach, mit ihm sei nicht zu spaßen. Und der Rote Humphrey saß wegen Pferdediebstahls im Newgate. Nick war nicht sonderlich überrascht, aber ein wenig betrübt. Ohne das alte Schlitzohr aus den Midlands würde der Pferdemarkt von Smithfield einfach nicht mehr derselbe sein …
    Am Montag darauf wollte Nick sich eigentlich zeitig auf den Heimweg nach Waringham machen, befand dann aber, dass er zuvor unbedingt noch in der Krippe vorbeischauen sollte, um dort nach dem Rechten zu sehen.
    Im Innenhof des ehemaligen Klosters fand er ein junges Mädchen, das große Wäschestücke über eine Leine schlang, die zwischen Kirchenwand und Küchenhaus gespannt war. Sie knickste, als sie ihn kommen sah.
    »Gail«, grüßte Nick. »Warum bist du nicht beim Unterricht?«
    »Waschtag, Mylord«, erinnerte sie ihn.
    Natürlich. Einmal in der Woche mussten die größeren Mädchen die Wäsche erledigen. Außer der Köchin und einem jungen Burschen, der sich ums Haus nützlich machte und nachts in einem Verschlag neben dem Haupttor schlief, um es zu bewachen, gab es kein Gesinde in der Krippe. Haus- und Gartenarbeit mussten die Kinder selbst versehen, und sie versorgten die

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