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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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abgesehen von uns an diesem Tisch in ganz England niemanden, der von ihr und ihrer Tochter weiß.«
    »Wie einsam sie sein müssen …«, sagte Philipp beklommen.
    John nickte und zuckte gleichzeitig die Achseln.
    »Wie in aller Welt hast du sie kennengelernt?«, fragte Nick.
    »Sie war sehr krank letzten Winter, und da hat Chapuys mich holen lassen.«
    »Und du hast sie nicht nur von ihrem Leiden, sondern ebenso von der Einsamkeit kuriert«, bemerkte Nick grinsend, stand auf, trat zu seinem Cousin und zog ihn auf die Füße, um ihn in die Arme zu schließen. »Glückwunsch, John. Stell sie uns bald vor, was meinst du?«
    John nickte, aber er schien ein wenig verwirrt. »Ich kann’s nicht fassen, Cousin. Ich dachte, jeder hier würde es mit größerer Nachsicht betrachten als du. Jetzt bist du der Erste, der mir gratuliert, und Lady Meg diejenige, die schockiert ist.«
    »Unsinn«, widersprach sie ungewöhnlich grantig.
    Nick trat einen Schritt zurück. »Da siehst du wieder einmal, wie schlecht du mich kennst.«
    »Nick kann es sich gar nicht leisten, über einen Bastard in der Familie schockiert zu sein, denn unter unseren Ahnen finden sich auch ein paar«, behauptete Laura.
    Nathaniel Durham erhob sich ein wenig schwerfällig, um John ebenfalls seine Glückwünsche auszusprechen, als ein livrierter Diener die Halle betrat. »Vergebt mir, Master, aber Ihr habt einen Besucher.«
    Durham wandte den Kopf. »Wer ist es?«
    »Er will mir seinen Namen nicht sagen und nicht ins Haus kommen. Ich wollte ihn wegschicken, aber … Um ehrlich zu sein, Master, ich hab mich nicht getraut. Er ist irgendwie …«
    »Schon gut, Paul«, unterbrach Master Durham und entschuldigte sich bei seinen Gästen: »Ich bin gleich zurück. Philipp, sei so gut und begleite mich.«
    Die anderen tauschten verwunderte Blicke. Paul ging um den Tisch herum, um die Becher aufzufüllen, aber Meg Roper schüttelte den Kopf. »Ich glaube, für mich wird es Zeit.«
    »Ja, es ist spät geworden«, stimmte John zu. »Darf ich Euch nach Haus geleiten, Lady Meg?«
    Sie lächelte. »Gern.« Was immer sie über seine Verlobung mit Chapuys’ unehelicher Tochter denken mochte, sie wollte offenbar nicht, dass ihr Befremden einen Schatten auf ihre Freundschaft warf.
    »Wartet noch einen Moment«, bat Nick.
    Er hatte mit einem Mal ein mulmiges Gefühl, und er ahnte, wer Nathaniel Durhams geheimnisvoller Besucher war. Trotzdem war er überrascht, als Philipp nach wenigen Minuten zurückkehrte und sagte: »Nick, ich glaube, das solltest du dir lieber anhören.«
    Nick folgte ihm die Treppe hinab in den Garten, der jetzt in völliger Dunkelheit lag. »Was ist das für eine seltsame Heimlichtuerei?«, grollte er, während er neben Philipp einherstolperte und seine Schaube aus einem beinah unsichtbaren Rosenbusch befreite.
    Auf der anderen Seite des Grundstücks lag ein Tuchlager, und durch ein staubiges Fenster schimmerte flackerndes Licht. Dorthin brachte sein Schwager ihn, hielt ihm wortlos die Tür auf, und Nick betrat den dämmrigen Raum. »Master Kestrel«, grüßte er.
    »Ihr erinnert Euch?« Der König der Diebe schien eher geschmeichelt als überrascht.
    »Natürlich.«
    »Kestrel bringt schlimme Neuigkeiten, Mylord«, sagte Nathaniel Durham, nickte seinem Gast zu und forderte ihn auf: »Sagt es ihm, Bartholomew.«
    »Im vergangenen Winter bekam ich einen neuen Lehrling«, berichtete der korpulente, scheinbar so gutmütige Kestrel. »Einer meiner Männer hatte ihn auf dem Markt in Cheapside stehlen sehen und hielt ihn für begabt, also brachte er ihn mir. Der Name des Jungen ist Richard Mekins, und er war kurz zuvor aus Eurem Waisenhaus davongelaufen.«
    Nick spürte sein Herz schwer werden. »Ich erinnere mich an Richard. Und es tut mir leid, dass er auf Abwege geraten ist. Ich habe versucht, ihn in der Krippe zu halten, aber er wollte nicht hören. Wenn er jetzt im Gefängnis gelandet ist, kann ich nichts für ihn tun, fürchte ich.«
    »Ja, er ist im Gefängnis«, bestätigte Kestrel. »Aber nicht wegen seiner langen Finger, sondern wegen seiner großen Klappe. Ich schätze, Ihr wisst, dass er ein eifriger Reformer ist?«
    »Ein radikaler Lutheraner trifft es wohl eher«, befand Nick kühl.
    »Von mir aus. Mit diesem ganzen Glaubensfirlefanz kenn ich mich nicht aus. Jedenfalls hat er in einer Schänke in Cheapside große Reden geschwungen über Brot und Wein und Leib und Blut Christi und die Bibel und die Beichte und weiß der Henker was sonst noch.

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