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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Einer der Spitzel des Bischofs hat ihn gehört, und auf dem Heimweg wurde Richard verhaftet.«
    Nick betrachtete ihn argwöhnisch. »Nun, ich nehme an, sie haben ihn hart rangenommen, und das wird ihn lehren, in Zukunft seine Zunge zu hüten.«
    »›Hart rangenommen‹ kommt hin, Mylord. Ich hab einen Informanten unter den Wachen im bischöflichen Gefängnis, aber er wollte mir nicht sagen, was sie mit Richard gemacht haben. Jedenfalls hat der Junge den Verstand verloren. Wenn er überhaupt noch einen zusammenhängenden Satz rausbekommt, dann singt er Bischof Bonner, diesem Pisser im Priesterrock, ein Loblieb. Und widerruft alles, was er je gegen die Sakramente und so weiter gesagt hat.«
    Nick war fassungslos. Er wechselte einen Blick mit seinem Schwager, sah seinen eigenen Schrecken in dessen Augen widergespiegelt und murmelte: »Gott steh dir bei, Richard. Es tut mir leid, dass ich es nicht konnte.« Dann schaute er Kestrel wieder an. »Können wir ihn irgendwo abholen? Was sollen wir tun?«
    Der König der Diebe breitete die Hände zu einer Geste der Ratlosigkeit aus. »Ich weiß nicht, ob wir überhaupt etwas tun können. Ich bin nämlich leider noch nicht ganz fertig. Bischof Bonner hat Richard vor Gericht gestellt. Die Hälfte der Zeugen konnte sich plötzlich an keine ketzerischen Reden mehr erinnern, als sie sahen, in welch einem Zustand der Junge war, aber Bonner hat die Geschworenen irgendwie trotzdem dazu bekommen, ihn zu verurteilen. Er wird übermorgen in Smithfield verbrannt.«
    Früh am nächsten Morgen ritt Nick nach Fulham weit außerhalb der Stadt. Endlich war der Himmel wieder einmal blau, Bienen und Schmetterlinge tummelten sich zwischen den Blumen der hohen Wiesen, und eingebettet in diese ländliche Idylle lag der Sommerpalast des Bischofs von London.
    Die Zugbrücke der alten Palastanlage war unbewacht. Nick ritt in den Hof und saß ab. Unter den unfreundlichen Blicken zweier livrierter Wachen am Haupteingang band er Esteban an einen Eisenring in der Mauer und klopfte ihm den Hals. »Benimm dich. Ich hoffe, es dauert nicht lange.«
    Er erklomm die drei Stufen zum Tor, und die Wachen kreuzten die Piken. »Ihr wünscht, Sir?«
    »Mein Name ist Waringham, und ich hätte gern Bischof Bonner gesprochen.«
    Der Linke schüttelte den Kopf und betrachtete ihn abschätzig. »Ihr müsst zu seinem Diakon in St. Paul gehen und um eine Unterredung ersuchen, Mylord. Hier empfängt der Bischof keine unangemeldeten Gäste.«
    »Ich bin zuversichtlich, dass er bei mir eine Ausnahme macht.«
    »Und warum sollte er?«
    »Weil bei der Bauernrevolte Anno Domini 1381 der Earl of Waringham dem Bischof von London das Leben gerettet hat, und seither genießen die Earls of Waringham das Privileg, den Bischof von London jederzeit und ohne Voranmeldung aufsuchen zu dürfen. Schaut in die alten Pergamentrollen der Diözesanverwaltung, da steht es drin.«
    Das war äußerst zweifelhaft, denn weder hatte ein Waringham einem Bischof von London je das Leben gerettet, noch war ein solches Privileg erteilt, geschweige denn beurkundet worden, aber Nick hatte schon gelegentlich die Erfahrung gemacht, dass man mit den unverfrorensten Lügen durchkam, wenn man einen wirklich alten Namen besaß.
    So auch dieses Mal. Die Wachen wirkten unentschlossen, und dann erschien ein junger Priester an der Tür und winkte ihn herein. »Schon gut, Männer. Er sagt die Wahrheit, ich habe es vor Kurzem zufällig gelesen.«
    »Tatsächlich?«, fragte Nick und trat in die Vorhalle.
    Der schmächtige Kaplan machte einen eilfertigen Diener. »Ich arbeite häufig in den Archiven, Mylord. Folgt mir. Der Bischof ist eben von der Frühmesse zurückgekehrt und sitzt nun beim Frühstück. Ich bin sicher, er wird Euch gern empfangen.«
    Er führte Nick eine Treppe hinauf durch eine Halle, die so alt war wie seine eigene in Waringham, nur in besserem Zustand. Am Ende des langen Saals traten sie wieder durch eine Tür, folgten einem fensterlosen Korridor, und der Kaplan hielt vor der zweiten Tür auf der rechten Seite.
    »Seid so gut und wartet einen Moment, Mylord.« Er schlüpfte in den Raum, und Nick hörte murmelnde Stimmen. Im Handumdrehen wurde er vorgelassen.
    »Mylord of Waringham!« Edmund Bonner saß auf einem thronartigen Sessel allein an einem klobigen Tisch und schmauste: Nick entdeckte Teller mit Räucheraal, Mandelkuchen, Schinken, Brot, Käse und einen Weinkrug von unbescheidener Größe. Und dem Bischof war anzusehen, dass er den

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