Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
»Bonner ist tief in seinem Herzen ein treuer Anhänger der römischen Kirche, Bruder. Er fühlt sich nicht ganz wohl in seiner Rolle als Bischof der abtrünnigen Engländer. Daher sein Eifer, Gott zu beweisen, wie loyal er eigentlich ist …«
    »Dabei ist er nicht besser als Cromwell«, grollte Janis leise.
    »Nein«, stimmte Nick zu. Er dachte an Cromwells Dossier, das Bonner plötzlich hervorgezaubert hatte, und fügte hinzu: »Sie sind aus einem Guss. Uneins im Glauben, aber Brüder im Geiste.«
    »Vor Ostern hat Bonner die Londoner aufgefordert, ihre Nachbarn zu bespitzeln und jeden anzuzeigen, der nicht beichten geht«, berichtete Janis. »Allmählich bekommen die Menschen das Gefühl, sie würden auf Schritt und Tritt überwacht.«
    »Und sie haben recht«, befand Nick, setzte sich Gerard gegenüber an den Tisch und sah ihn an. »Ich weiß, wie Euch zumute ist, Bruder. Aber das Einzige, was wir tun können, ist, etwas daraus zu lernen.«
    »Wie meint Ihr das?«, fragte der Lehrer, und es klang immer noch ein bisschen weinerlich.
    »Wir werden hier fortan niemandem mehr einprügeln, was er zu glauben hat. Unser Ziel ist es, den Kindern das beizubringen, was sie im Leben brauchen. Darum schlage ich vor, wir lehren sie vor allem Diskretion in Glaubensangelegenheiten. Offiziell werden wir natürlich die Sechs Glaubensartikel und die konservative Linie unterstützen, die der König und Bischof Bonner verfolgen …«
    »Die sich mit meinen Überzeugungen decken«, stellte der Lehrer klar, und Nick war erleichtert zu sehen, dass Master Gerard sein Rückgrat wiedergefunden hatte.
    »Und mit den meinen«, bekannte er. »Aber wenn unter unseren Zöglingen Reformer oder auch Lutheraner sind, werden wir sie nicht aus diesem Haus treiben und damit auf Bonners Scheiterhaufen stellen. Wir sorgen lediglich dafür, dass sie ihren Unsinn für sich behalten. Zu ihrer eigenen und zu unserer Sicherheit. Aber das ist alles.«
    »Ich soll es einfach dulden, wenn unter diesem Dach heimlich lutherische Ketzerei betrieben wird?«, fragte Master Gerard unsicher. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Master Durham für solch eine Haltung zu gewinnen wäre.«
    »Nein?«, gab Nick zurück. »Nun, Master Gerard, ich hingegen kann mir das ohne Mühe vorstellen, denn ich habe sein Gesicht gesehen, als er von Richards Verurteilung hörte. Also lasst Durham meine Sorge sein.« Er sah über die Schulter. »Was meint Ihr, Schwester?«
    »Ich bin Eurer Ansicht, Mylord«, antwortete sie ohne das geringste Zögern. »Die Krippe wurde gegründet, um Kinderleben zu schützen. Notfalls auch vor Bischof Bonner, würde ich sagen.«

Waringham, September 1541
    Die sonst so unerschütterlichen Londoner waren außer sich über Richards Hinrichtung, und wenn es tatsächlich Bonners Ziel gewesen war, die Menschen in Furcht zu versetzen, war ihm das zweifellos gelungen. Aber ebenso verabscheuten sie ihn, und wenn er in seiner geschlossenen Kutsche durch die Straßen der Stadt rollte, wurde so mancher Stein nach ihr geworfen.
    »Aber das ficht Bischof Bonner natürlich nicht an«, schloss Chapuys, der Nick die Neuigkeiten aus der Stadt brachte. »Denn er zählt zu den wenigen Glücklichen, die vollkommen von ihrer eigenen Unfehlbarkeit überzeugt sind.«
    »Das macht ihn umso gefährlicher«, grollte Nick und schenkte ihm einen Becher Wein ein.
    Chapuys schüttelte seufzend den Kopf und schob den Becher von sich. »Ich muss leider verzichten, Mylord. Auf Anordnung meines Arztes und … Schwiegersohns.« Er lächelte eine Spur verlegen.
    Johns und Beatrice’ Hochzeit war eine stille, aber fröhliche Feier gewesen, und die wenigen geladenen Freunde waren dem Charme der Braut im Handumdrehen erlegen. Da John in London inzwischen ein bekannter, angesehener Mann war und viel in der Stadt herumkam, ließ seine Vermählung sich natürlich nicht verheimlichen, aber Master Durham hatte geholfen, einen Skandal zu vermeiden. Jedem, der ihn fragte, deutete er an, die geheimnisvolle junge Dame sei im Gefolge Königin Annas von Kleve nach England gekommen, und John sei ihr in Ausübung seines neuen Amtes als Leibarzt der ausrangierten Königin begegnet. Das war plausibel und exotisch genug, um die Neugierde der Londoner zu befriedigen.
    »Ich kann mir vorstellen, es hat nicht nur Vorzüge, seinen Arzt zum Schwiegersohn zu haben. Man steht unter ständiger Aufsicht«, frotzelte Nick und trank einen Schluck aus dem verschmähten Glaspokal.
    »Ich habe trotzdem keinen

Weitere Kostenlose Bücher