Der dunkle Thron
es nach Büchern und Wissen verlangt so wie dich, und du wartest vergebens. Sie lieben dich, und deswegen geben sie sich Mühe in der Schule, aber sie brauchen und wollen im Grunde nichts von dem, was du zu bieten hast.«
»Sag das nicht. Das Problem ist nur, wenn die Mädchen alt genug werden, um ihr Interesse an Bildung zu wecken, dann holt Master Durham oder John oder du sie hier weg und schickt sie arbeiten.«
»Weil das der Sinn der Krippe ist«, erinnerte er sie. »Wir beherbergen sie, bis sie alt genug sind, um sich selbst zu versorgen, und dann müssen sie ihren Platz für Jüngere räumen, die das eben noch nicht können.«
»Ich weiß«, bekannte Janis und drehte sich mit einem ungeduldigen Seufzer zu ihm um. »Aber du machst dir etwas vor, wenn du glaubst, mit den höheren Töchtern wäre es anders. Ich habe es oft genug erlebt, als ich sie im Kloster unterrichtet habe. Die meisten denken an nichts anderes, als möglichst vorteilhaft zu heiraten und möglichst viele Kinder zu bekommen.«
»Und doch brauchen sie für ihre Zukunft mehr Bildung als die Mädchen hier«, gab er zu bedenken. »Sie haben einfach … mehr Verwendung dafür. Im Übrigen ist es nicht meine Absicht, nur die Söhne und Töchter von reichen Kaufherren und Edelleuten aufzunehmen. Madog und ich sind uns einig, dass wir fürs Erste je ein Dutzend Knaben und Mädchen unterbringen können. Und ich gedenke, je zwei dieser Plätze an begabte, aber mittellose Kinder zu vergeben. Die anderen werden das Schulgeld für sie mitbezahlen, ohne es zu merken«, schloss er grinsend.
Janis’ Blick war immer noch voller Zweifel. »Aber wo willst du sie unterbringen? Entschuldige, wenn ich indiskret erscheinen sollte, Nick, aber ich hatte immer den Eindruck, deine finanziellen Möglichkeiten seien eher begrenzt. Jetzt willst du auf einmal eine Schule bauen?«
»Unsinn. Der Bergfried wird die Schule. Früher haben dort bis zu dreißig oder vierzig Menschen gelebt, und es gibt einen ganzen Gebäudeflügel mit derzeit unbewohnten Schlafkammern. Die Halle wird mit Wandschirmen in Klassenräume unterteilt – so wie sie es in Westminster Hall machen, wenn dort die verschiedenen Gerichte tagen –, und in der Halle werden auch die Mahlzeiten eingenommen.«
»Ich dachte, dein Bergfried sei baufällig.«
»Höchstens ein bisschen …« Er lachte, nahm ihre Linke und zog sie an sich. »Nein, nein, das ist er nicht. Alt und ein wenig heruntergekommen, aber Francis liebt ihn. Nur deswegen bin ich ja überhaupt auf die Idee gekommen. Kinder, so scheint es, haben eine natürliche Affinität zu alten Gemäuern.«
Janis schnaubte unfein. »Das ist wirklich das Blödsinnigste, was ich je gehört habe. Kinder holen sich in alten Gemäuern genauso die Schwindsucht wie Erwachsene.«
Nick wurde schlagartig ernst. »Janis.« Er führte sie zurück zum Tisch, drückte sie sanft auf ihren Schemel nieder, blieb vor ihr stehen und sah sie an. »Es wird viel Arbeit machen, keine Frage. Es wird auch mehr Geld kosten, als ich habe. Aber es ist trotzdem ein guter Plan. Heutzutage wollen alle Leute ihre Kinder auf die Schule schicken, denn Bildung ist nun einmal ein wichtiges Gut geworden, um einen Sohn bei Hofe unterzubringen oder auf die Universität schicken zu können oder eine Tochter gut zu verheiraten. Sieh dir Lady Megs Schule an; sie kann sich vor Anfragen kaum retten.«
»Aber das ist doch nicht der wahre Grund, warum du es tun willst«, warf sie ihm vor.
»Nein«, räumte er unumwunden ein. »Ich will es tun, damit Francis in den Genuss einer humanistischen Bildung kommt, wie Thomas More sie für seine Schule entwickelt hat, dessen Werk ich ganz nebenbei damit fortsetzen würde, und das ist ein Gedanke, der mir außerordentlich gut gefällt. Doch die Wahrheit ist, Janis, ich will es vor allem tun, damit du nach Waringham kommst.«
»Nick …«
»Nein, bitte, lass mich das sagen, ehe mich der Mut verlässt. Ich bin ein verheirateter Mann, du bist eine Nonne. Das sind Fakten, die wir nicht ändern können. Aber das muss nicht bedeuten, dass ein paar gestohlene Minuten dann und wann alles sind, was wir haben können. Ich will diese Schule gründen, damit du das Leben führen kannst, das du dir immer gewünscht hast, und zwar an meiner Seite. Weil ich …« Los, komm schon, Mann, raus damit . »Weil ich dich liebe und nicht so oft und so lange ohne dich sein will.«
Sie ergriff seine Hand, hielt den Kopf aber gesenkt. »Es ist ein großes Geschenk, dass du
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