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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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strenges Stirnrunzeln.
    »Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht trennen«, mahnte Anthony, aber Francis hatte ihm halb den Rücken zugewandt, hielt Millicents Hand weiterhin in seiner und wartete unverkennbar sehnsüchtig auf das Ende der Zeremonie. Erzbischof Cranmer hatte indes der Bedeutung des Anlasses mit großer Ausführlichkeit Rechnung getragen.
    »Lasset uns beten …«, hob Anthony an, und Nick lachte in sich hinein, als er das ungeduldige, nur unzureichend unterdrückte Seufzen seines Sohnes hörte.
    Als die lange Zeremonie endlich vorüber und der letzte Segen gesprochen war, strömte die Gemeinde ins Freie, denn niemand wagte so recht, dem Brautpaar am Altar zu gratulieren.
    Nick war der Erste. Er schloss seinen Sohn in die Arme. »Gottes Segen für euch beide, Francis. Ich bin froh, dass euer Wunsch in Erfüllung gegangen ist.«
    »Und ich erst«, bekannte Francis und legte seiner Braut stolz den Arm um die Schultern.
    Nick nahm ihre Linke und küsste Millicent auf die Stirn. »Der Ring steht dir hervorragend.«
    Sie sah kurz darauf hinab. »Habt Dank dafür, Mylord. Ich weiß, dass er Eurer Mutter gehört hat. Ich hätte nie gedacht, dass Ihr ihn einer Howard überlasst.«
    »Oh, was für ein Unsinn«, widersprach er. »Du bist jetzt eine Waringham, Millicent. Und darum wirst du auf der Stelle damit aufhören, Mylord zu mir zu sagen.«
    Sie lächelte schelmisch. »Wie Ihr wünscht, Mylord …«
    Nick zwinkerte ihr zu, ließ sie dann los und trat zurück, um den übrigen Gratulanten Platz zu machen, die ungeduldig herandrängten.
    Schließlich fand er sich am äußeren Rand des Menschenknäuels Auge in Auge mit seiner ersten Gemahlin.
    »Was sagst du dazu, Polly? Unser Francis hat geheiratet. Ich fühle mich steinalt.«
    Sie wischte sich die letzten Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln. »Ich bin so glücklich, Nick«, bekannte sie. »Er hat sich das so gewünscht. Und das Mädchen ist genau richtig für ihn: Sie wird seine Gutmütigkeit niemals ausnutzen, aber sie wird dafür sorgen, dass seine Pächter ihm nicht auf der Nase herumtanzen, wenn er einmal Lord Waringham wird.«
    Er nickte. »Oder der Rest der bösen Welt.«
    »Ja.«
    Sie sahen sich einen Moment in die Augen, hin- und hergerissen zwischen Nostalgie und Verlegenheit.
    »Eure Kinder?«, fragte er schließlich.
    »Gesund und munter«, berichtete sie.
    »Wie viele sind es gleich wieder?«
    »Drei. Saul, Ahab, und unsere kleine Abischag wird bald vier.«
    »Mögen sie dir viel Freude bescheren«, wünschte Nick, gestand dann aber unverblümt: »Ich habe immer noch Mühe, mich an die wunderlichen Namen aus dem Alten Testament zu gewöhnen, die ihr Reformer euren wehrlosen Kindern aufbürdet.«
    Polly hob gleichmütig die Schultern. »Wenigstens etwas anderes als immer nur William und Edward und Elizabeth. Und wie alt sind eure Kleinen?«
    »Isabella wird im Herbst sechs, Isaac sieben.«
    »Isaac?«, wiederholte sie und zog die Brauen hoch. »Und was würdest du sagen, woher der Name stammt?«
    »Erwischt«, räumte er lachend ein. »Du bist bibelfest geworden, Polly Saddler«, fügte er mit gutmütigem Spott hinzu.
    Sie musste selber grinsen. »Tja. Wer hätte das gedacht …«
    Dann wich der schelmische Ausdruck plötzlich einem von distanzierter Höflichkeit, und Nick wusste schon, wer hinter ihm stand, ehe er sich umwandte. »Willoughby«, grüßte er.
    »Waringham.«
    Sie gaben sich ohne viel Enthusiasmus die Hand.
    Lord Willoughby war einer der »neuen Männer« bei Hofe: Spross einer Handwerker- oder Krämerfamilie oder irgendeines unbedeutenden Rittergeschlechts ohne Stammbaum, der es mit guter Schulbildung, Fleiß und Ehrgeiz zu einem Hofamt, zu Einfluss und einem eigens für ihn erfundenen Titel gebracht hatte. Männern wie ihm gehörte die Zukunft, wusste Nick. Aber sie waren ihm immer fremd geblieben.
    »Wie geht es dem König?«, fragte er gedämpft.
    Pollys Gemahl war Edwards Unterkämmerer, sollte es also wissen. Seine Miene wurde erwartungsgemäß ernst. »Nicht gut, fürchte ich, Mylord. Die trockene Sommerhitze bekommt ihm anscheinend nicht so gut wie das kühle Regenwetter im Mai. Er … erholt sich nur langsam. Alle Engländer müssen für ihren König beten.«
    »Ich bin sicher, das tun sie«, antwortete Nick.
    »Glaubt Ihr wirklich?«, hakte Willoughby nach, seine Miene plötzlich voller Argwohn. »Ich habe manchmal nicht den Eindruck. Ich glaube eher, in diesem Land sind Kräfte am Werk, die den

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