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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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meine Aufgabe zufällig genau die Lösung gefunden, die mein Meister sich vorgestellt hat«, mutmaßte der Lehrling. »Ich habe mir jemanden mit dem nötigen Wissen gesucht, der das Geschäft für mich abwickeln konnte. Als Agent, sozusagen.« Er blieb stehen und schüttelte den Kopf, scheinbar ungeduldig mit sich selbst. »Wo hab ich nur meine Gedanken? Agenten bekommen eine Provision. Was bin ich Euch schuldig, Mylord?« Er errötete. Offenbar fand er es peinlich, einem Angehörigen des Adels Geld für geleistete Dienste zu bieten. Dass er es dennoch tat, verriet Nick, dass die finanzielle Misere, die er von seinem Vater geerbt hatte, in London allgemein bekannt war. Das war kein Wunder, wenn man darüber nachdachte: Sie hatte mit einem öffentlichen Skandal begonnen, und verarmte Adelsgeschlechter waren schon lange keine Seltenheit mehr.
    Doch Nick schüttelte langsam den Kopf. »Das war eine Gefälligkeit, Master Ferryman, und darum kostenlos. Aber vielleicht habt Ihr mich auf eine profitable Idee gebracht. Gibt es viele wie Euch? Kaufleute, die bei einem Pferd kaum Kopf- und Schwanzende unterscheiden können?«
    Ferryman grinste. »Ganz gewiss. Die wenigsten sind vermutlich so hoffnungslos wie ich, aber ich könnte mir vorstellen, dass es etliche gibt, die sich einen guten Rat bei einer so teuren Anschaffung wie einem Pferd etwas kosten lassen würden. Und außerdem …«
    »He, du«, unterbrach ihn eine barsche Stimme. »Was verlangst du für deinen Gaul?«
    Die beiden jungen Männer wandten die Köpfe. Ein sehr feiner Gentleman, begleitet von zwei Männern in Norfolks Livree, stand vor Ulysses, die Hände in die Seiten gestemmt, und betrachtete den jungen Wallach mit kritischer Kennermiene.
    Nick machte einen Diener. »Sir Archibald Grafton?«
    »Woher kennst du mich?«, fragte dieser schneidend, als hätte Nick etwas Unverschämtes gesagt.
    »Der Stallmeister des Duke of Norfolk ist wohl jedem Pferdenarren in England ein Begriff, Sir«, erwiderte Nick mit genau der richtigen Mischung aus Ehrfurcht und Schalk, um Grafton zu schmeicheln und ihm Sand in die Augen zu streuen. In Wahrheit wusste Nick seinen Namen nur, weil Sumpfhexe ihn immer als leuchtendes Beispiel anführte, wenn der Stallmeister in Waringham ihr Missfallen erregt hatte. »Archibald Grafton, der Stallmeister meines Bruders Norfolk« war, wollte man ihr glauben, ein Pferdekenner mit unbestechlichem Blick und unvergleichlichen Reitkünsten.
    »Für wen verkaufst du ihn?«
    »Master Philipp Durham, Sir.«
    Grafton umrundete Ulysses ohne Hast, schaute ihm ins Maul und tat all das, was Nick mit der Schimmelstute auch getan hatte. »Wie viel?«, fragte Grafton schließlich.
    »Achtzig Pfund, Sir. Fünfundsiebzig, weil Ihr es seid.«
    Grafton zeigte ein mitleidiges Lächeln. »Fünfzig.«
    »Damit kann ich mich nicht nach Hause wagen. Siebzig.«
    Sie einigten sich schließlich auf die fünfundfünfzig Gold-Souvereigns, die Grafton in seinem Beutel trug – verräterisch abgezählt. Nick konnte sein Glück kaum fassen. Fünfundfünfzig Pfund waren das Äußerste gewesen, was er sich erhofft hatte, aber die fünfundfünfzig Goldmünzen entsprachen sechzig und einem halben Pfund. Dieser sagenhafte Preis versüßte ihm die traurige Tatsache, dass Ulysses ausgerechnet in Bruder Norfolks Stall stehen würde, und er verabschiedete sich von seinem vierbeinigen Gefährten mit einem freundschaftlichen Klaps auf die Schulter – brüsk genug, um sich nicht zu verraten.
    »Ihr könnt genauso glattzüngig lügen wie der Halunke, der mir die kranke Stute aufschwatzen wollte«, bemerkte Neil Ferryman, als sie nebeneinander zu Fuß die Straße Richtung London entlangtrotteten. Er klang ernüchtert. »Warum habt Ihr ihm nicht gesagt, wer Ihr seid?«
    Weil der König seinen Lords verboten hatte, Waringham-Pferde zu kaufen. Nick wusste nicht, ob dieses Verbot noch in Kraft war, aber er war lieber kein Risiko eingegangen. Doch er wollte nicht darüber reden, weil er fürchtete, Ferryman könnte ihn mit Fragen bedrängen, die zu persönlich und zu schmerzlich waren, um sie auf der Straße mit einem Fremden zu erörtern. Darum antwortete er: »Der Duke of Norfolk ist nicht gerade mein bester Freund. Sein Stallmeister hätte niemals ein Pferd von mir gekauft. Aber dieses Geld gehört tatsächlich meinem Schwager Philipp Durham.« Er klopfte auf den klimpernden Beutel an seinem Gürtel. »Darum war es eigentlich keine Lüge.«
    Neil Ferryman betrachtete ihn einen Moment

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