Der Dunkle Turm 2 - Drei
stöhnte. »Verschon mich, Mann.«
Als die Sonne über den Hügeln aufging, war die dritte Tür deutlich zu sehen. Zwei Stunden später hatten sie sie erreicht.
Alle wieder vereint, dachte Eddie und war bereit, sich in den Sand fallen zu lassen.
Aber dem war offensichtlich nicht so. Von Odetta Holmes war keine Spur zu sehen. Überhaupt keine Spur.
13
»Odetta!« schrie Eddie, und jetzt war seine Stimme gebrochen und heiser, wie es die Stimme von Odettas anderem Selbst gewesen war.
Nicht einmal ein Echo antwortete, das er vielleicht fälschlicherweise für Odettas Stimme gehalten haben könnte. Diese flachen, verwitterten Hügel warfen kein Geräusch zurück. Nur das Donnern der Wellen, das in dieser engen Pfeilspitze des Landes viel lauter war, das rhythmische, hohle Plätschern der Brandung, die ans Ende eines Tunnels schlug, den sie in den schutzlosen Fels gebohrt hatte, und das ständige Heulen des Windes.
»Odetta!«
Diesmal schrie er so laut, daß seine Stimme brach, und einen Augenblick streifte etwas Scharfes, wie eine Gräte, über seine Stimmbänder. Seine Augen suchten verzweifelt die Hügel ab und hielten nach einem helleren braunen Fleck Ausschau, der ihre Handfläche sein würde, hielt nach Bewegung Ausschau, wenn sie sich aufrichtete… hielt (Gott vergebe ihm) nach hellen Blutspuren und rötlich-grauem Fels Ausschau.
Er fragte sich, was er machen würde, wenn er letzteres sah oder den Revolver fand, mit tiefen Bißspuren im glatten Sandelholz der Griffe. So ein Anblick hätte ihn zur Hysterie treiben können, ihn vielleicht sogar verrückt machen, aber er suchte dennoch danach – oder nach etwas anderem.
Seine Augen sahen nichts; seine Ohren hörten nicht den allerleisesten Ruf.
Derweil hatte der Revolvermann die dritte Tür studiert. Er hatte ein einziges Wort erwartet, das Wort, das der Mann in Schwarz ausgesprochen hatte, als er die sechste Tarotkarte in dem staubigen Golgatha umgedreht hatte, wo sie ihr Palaver abgehalten hatten. Der Tod, hatte Walter gesagt, aber nicht für dich, Revolvermann.
Auf dieser Tür stand nicht ein Wort, sondern zwei… und keines davon war TOD. Er las noch einmal und bewegte lautlos die Lippen dabei:
DER MÖRDER
Aber es bedeutet Tod, dachte Roland und wußte, daß es so war.
Als er Eddies Stimme hörte, die sich entfernte, drehte er sich um. Eddie hatte angefangen, den ersten Hang zu erklimmen, wobei er immer wieder Odettas Namen rief.
Roland überlegte einen Augenblick, ob er ihn einfach gehen lassen sollte.
Er fand sie vielleicht, fand sie vielleicht lebend, nicht allzu schlimm verletzt und immer noch sie selbst. Er dachte, daß die beiden sich vielleicht sogar ein gemeinsames Leben hier aufbauen konnten, daß Eddies Liebe zu Odetta und ihre Liebe zu ihm irgendwie den Nachtschatten, der sich Detta Walker nannte, ersticken mochte. Ja, er vermutete, es war möglich, daß Detta einfach zwischen ihnen zu Tode gedrückt wurde. Auf seine eigene brutale Weise war das romantisch… aber er war realistisch genug zu wissen, daß Liebe manchmal tatsächlich alles eroberte. Und er selbst? Selbst wenn es ihm gelang, die Droge aus Eddies Welt zu bekommen, die ihn einmal fast geheilt hatte, würde sie ihn auch diesmal heilen können oder wenigstens wirken? Er war jetzt sehr krank, und er überlegte sich, ob er nicht vielleicht etwas zu weit gegangen war. Seine Arme und sein Hals schmerzten, sein Kopf pochte, seine Brust war schwer und voller Schleim. Wenn er hustete, verspürte er ein schmerzhaftes Kratzen in der linken Seite, als wären dort Rippen gebrochen. Sein linkes Ohr brannte. Vielleicht, dachte er, war das Ende gekommen; einfach abtreten.
Darauf fing alles in ihm an zu protestieren.
»Eddie!« rief er, und jetzt hustete er nicht. Seine Stimme war tief und kräftig.
Eddie drehte sich herum, er hatte einen Fuß im Sand, der andere stand auf einem vorstehenden Stein.
»Nur zu«, sagte Eddie und machte eine knappe, seltsam winkende Geste mit der Hand, eine Geste, die sagen sollte, er wolle den Revolvermann loswerden, damit er seinem wahren Geschäft nachgehen könne, dem wichtigen Geschäft, nämlich Odetta zu finden und zu retten, sollte eine Rettung notwendig sein. »Schon gut. Geh durch und hol dir alles, was du brauchst. Wir werden beide hier sein, wenn du zurück bist.«
»Das bezweifle ich.«
»Ich muß sie finden.« Eddie sah Roland an, und sein Blick war sehr jung und vollkommen offen. »Ich meine es ernst, ich muß.«
»Ich
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