Der Dunkle Turm 3 - Tot
Alles dient dem BALKEN klein.‹«
Roland sah nach Westen. »Die Sonne geht unter. Lies die Geschichte vor, solange wir noch Licht haben, Jake.«
Jake schlug die erste Seite auf, zeigte ihnen das Bild von Lokführer Bob in Charlies Kabine und begann: »Bob Brooks war Lokführer der Eisenbahngesellschaft von Mittwelt auf der Strecke St. Louis-Topeka…«
24
»… und ab und zu hören die Kinder, wie Charlie mit seiner leisen, brummigen Stimme sein Lied singt«, las Jake zu Ende. Er zeigte ihnen das letzte Bild – die glücklichen Kinder, die möglicherweise schrien –, dann schlug er das Buch zu. Die Sonne war untergegangen, der Himmel purpurfarben.
»Nun, es paßt nicht vollkommen«, sagte Eddie, »mehr wie in einem Traum, in dem das Wasser manchmal bergauf fließt – aber es paßt so gut, daß ich mich dämlich grusle. Dies ist Mittwelt – Charlies Reich. Nur heißt er hier überhaupt nicht Charlie. Hier heißt er Blaine, der Mono.«
Roland sah Jake an. »Was meinst du?« fragte er. »Sollen wir einen Umweg um die Stadt machen? Uns von diesem Zug fernhalten?«
Jake dachte mit gesenktem Kopf darüber nach und knetete mit den Händen geistesabwesend Oys dichtes, seidiges Fell. »Würde ich gerne«, sagte er schließlich, »aber wenn ich das mit dem Ka richtig verstanden habe, sollten wir es nicht.«
Roland nickte. »Wenn es sich um Ka handelt, stellen sich Fragen danach, was wir tun oder lassen sollen, überhaupt nicht; wenn wir versuchen würden, die Stadt zu umgehen, würden wir feststellen, daß die Umstände uns dorthin zurücktreiben. In solchen Fällen ist es besser, sich ins endgültige Los zu fügen, anstatt es hinauszuschieben. Was meinst du, Eddie?«
Eddie dachte so lange und gründlich darüber nach wie Jake. Er wollte nichts mit einem sprechenden Zug zu tun haben, der von selbst fuhr, ob er nun Charlie Tschuff-Tschuff oder Blaine, der Mono hieß, und was Jake ihnen vorgelesen hatte, deutete in jedem Fall darauf hin, daß es sich um etwas Garstiges handelte. Aber sie mußten eine unvorstellbare Strecke zurücklegen, und irgendwo an deren Ende lag das Ding, das sie suchten. Und nach diesem Gedanken stellte Eddie zu seiner Verblüffung fest, daß er ganz genau wußte, was er dachte und was er wollte. Er hob den Kopf und sah fast zum erstenmal, seit er in diese Welt gekommen war, mit seinen haselnußbraunen Augen fest in Rolands blaßblaue.
»Ich möchte auf diesem Feld der Rosen stehen und den Turm dort stehen sehen. Ich weiß nicht, was als nächstes passiert. Wahrscheinlich trauernde Hinterbliebene mit Kränzen, und zwar für uns alle. Aber das ist mir einerlei. Ich will dort stehen. Ich glaube, es ist mir egal, ob Blaine der Teufel ist und der Zug uns auf dem Weg zum Turm durch die Hölle selbst führt. Ich bin dafür, daß wir gehen.«
Roland nickte und wandte sich an Susannah.
»Nun, ich hab’ keine Träume vom Dunklen Turm gehabt«, sagte sie, »daher kann ich mich nicht vor diesem Hintergrund mit der Frage befassen – dem Hintergrund des Verlangens, könnte man wohl sagen. Aber ich glaube mittlerweile an Ka, und ich bin nicht so verblödet, daß ich nicht spüren würde, wenn mir jemand mit den Knöcheln auf den Kopf trommelt und sagt: ›Da entlang, Dummkopf.‹ Was ist mit dir, Roland? Was meinst du?«
»Ich glaube, für einen Tag ist genug geredet worden und es wird Zeit, es bis morgen dabei bewenden zu lassen.«
»Was ist mit Ringelrätselreihen?«. fragte Jake. »Möchtest du das auch ansehen?«
»Dafür ist an einem anderen Tag noch Zeit«, sagte Roland. »Gehen wir schlafen.«
25
Aber der Revolvermann lag lange wach, und als die rhythmischen Trommeln wieder einsetzten, stand er auf und schlenderte zur Straße. Dort blieb er stehen und sah zur Brücke und zur Stadt. Er war mit jedem Zoll der Diplomat, den Susannah in ihm vermutete, und er hatte von dem Augenblick, als er zum erstenmal davon hörte, schon gewußt, daß der Zug die nächste Station auf dem Weg sein würde, den sie zurücklegen mußten… aber er hatte es für unklug gehalten, das auszusprechen. Besonders Eddie haßte es, wenn er herumgeschubst wurde; wenn er spürte, daß das geschah, senkte er einfach den Kopf, stemmte die Füße in den Boden, machte dumme Witze und bockte wie ein Maultier. Diesmal wollte er, was Roland wollte, aber er würde höchstwahrscheinlich dennoch Tag sagen, wenn Roland Nacht sagte, und Nacht, wenn Roland Tag sagte. Es war sicherer, bedacht vorzugehen und zu
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