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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Rollstuhl über den Bordstein wieder auf die Straße – auf dem Gehweg lag jede Menge Abfall, der das Vorankommen erschwert hätte –, als die Trommeln plötzlich verstummten. Das Echo verhallte in der neuerlichen Stille, aber es war gar keine Stille, wurde Eddie klar. Vor ihnen lag ein Marmorgebäude an der Ecke der Straße der Schildkröte und einer anderen Allee. Dieses Bauwerk war von Efeu und seltsamen grünen Flechten überwuchert, die wie Zypressenbärte aussahen, aber es war dennoch prachtvoll und irgendwie würdevoll. Dahinter, um die Ecke, murmelte eine Menge aufgeregt.
    »Nicht anhalten!« schnappte Susannah. »Wir haben keine Zeit zu…«
    Ein hysterischer Schrei übertönte das Murmeln. Er wurde von zustimmenden Rufen begleitet und – unvorstellbar – von Beifall, wie Eddie ihn in Hotelkasinos in Atlantic City gehört hatte, wenn eine Bühnenvorstellung zu Ende gegangen war. Der Schrei ging in ein langes, sterbendes Röcheln über, das sich anhörte wie das Zirpen einer Zikade, die in den Sommerschlaf geht. Eddie spürte, wie sich seine Nackenhärchen aufrichteten. Er sah zum nächsten Lautsprecherpfosten und begriff, daß die fröhlichen Pubes von Lud gerade wieder eine öffentliche Hinrichtung abhielten.
    Toll, dachte er. Wenn sie jetzt noch Tony Orlando und Dawn hätten, die ›Knock Three Times‹ singen, könnten sie alle glücklich sterben.
    Eddie betrachtete den Block an der Ecke. Aus der Nähe verströmten die Ranken, die ihn überwuchert hatten, einen starken Kräutergeruch. Dieser Geruch war so bitter, daß er einem das Wasser in die Augen trieb, dennoch mochte er ihn lieber als das Zimtaroma der mumifizierten Leichen. Die grünen Bärte, die an den Ranken wuchsen, fielen in zerzausten Bahnen herab und bildeten Wasserfälle aus Vegetation, wo einst eine Reihe von Torbogen gewesen waren. Plötzlich kam eine Gestalt durch so einen Wasserfall geschossen und rannte auf sie zu. Es war ein Kind, dachte Eddie, der Größe nach zu urteilen noch nicht lange den Windeln entwachsen. Es trug eine Art unheimliches Kostüm wie der kleine Lord Fauntleroy mit Rüschenhemd und Kniebundhosen aus Samt. Es hatte Bänder im Haar. Eddie verspürte den irren Impuls, mit den Händen über dem Kopf zu winken und zu rufen: But-wheat sagt: »Lud ist o-tay!«
    »Kommt schon!« rief das Kind mit hoher, flötender Stimme. Einige grüne Ranken hatten sich in seinem Haar verfangen; diese strich der Junge im Laufen geistesabwesend mit der linken Hand weg. »Sie nehmen den Prügler! Der Prügelmann muß heute ins Land der Trommeln gehen! Kommt schon, sonst versäumt ihr die ganze Schaustellung, Götter mögn’s verhüten!«
    Susannah war vom Aussehen des Kindes gleichermaßen verblüfft, aber als der Junge näher kam, überlegte sie, daß es etwas überaus Linkisches und Ungeschicktes hatte, wie er die grünen Fetzen und Ranken wegstrich, die sich in seinem schleifengeschmückten Haar verfangen hatten: Er benützte immer nur eine Hand. Die andere hatte er hinter dem Rücken gehabt, als er aus dem grünen Wasserfall herausgestürmt war, und dort blieb sie.
    Wie hinderlich das sein muß, dachte sie, und dann schaltete sich ein Tonbandgerät in ihrem Kopf ein, und sie hörte Rolands Stimme am Ende der Brücke sagen: Ich wußte, daß so etwas geschehen könnte… wenn wir den Mann früher gesehen hätten, als wir noch außerhalb der Reichweite seines explodierenden Eies waren… Verdammtes Pech!
    Sie richtete Rolands Waffe auf das Kind, das vom Gehweg gesprungen war und schnurstracks auf sie zu raste. »Langsam!« rief sie. »Du da, bleib stehen!«
    »Suze, was machst du da?« schrie Eddie.
    Susannah achtete gar nicht auf ihn. In einem sehr realen Sinne war Susannah Dean gar nicht mehr da; Detta Walker saß jetzt im Rollstuhl, und in ihren Augen funkelte fiebriger Argwohn. »Stehenbleiben, oder ich schieße!«
    Der kleine Lord Fauntleroy hätte taub sein können, soviel Wirkung zeitigte ihre Warnung. »Los doch!« rief er jubilierend. »Ihr verpaßte ganse Schaustellung! Prügler hamse…«
    Jetzt kam die rechte Hand langsam hinter dem Rücken vor. Gleichzeitig stellte Eddie fest, daß sie keinen Jungen vor sich hatten, sondern einen mißgestalteten Zwerg, dessen Kindheit schon viele Jahre zurücklag. Der Ausdruck, den Eddie für kindliche Fröhlichkeit gehalten hatte, war in Wirklichkeit eine furchteinflößende Mischung aus Haß und Wut. Wangen und Stirn des Zwergs waren von den eiternden, farblosen Schwären überzogen, die

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