Der Dunkle Turm 3 - Tot
tränkt und eine Lache um mich herum bildet.
Hinter der dicken Frau kam ein großer Mann im grauen Anzug aus Kammgarn. Er trug eine Aktentasche.
Er ist derjenige, der sich auf die eigenen Schuhe übergibt. Er läßt die Aktentaschefallen und übergibt sich auf seine eigenen Schuhe. Was ist nur mit mir los?
Doch seine Füße trugen ihn wie betäubt weiter zur Kreuzung, wo Menschen als eiliger, konstanter Strom über die Straße gingen. Hinter ihm befand sich irgendwo ein mörderischer Priester, der immer näher kam. Das wußte er, ebenso wie er wußte, daß die Hände des Priesters in einem Augenblick zum Stoß ausgestreckt werden würden… aber er konnte sich nicht umdrehen. Es war, als wäre er in einem Alptraum gefangen, wo die Ereignisse einfach unerbittlich ihren Lauf nehmen mußten.
Noch dreiundfünfzig Sekunden. Vor ihm klappte der Brezelverkäufer eine Klappe an der Seite seines Wagens hoch.
Er wird eine Flasche Yoo-Hoo herausholen, dachte Jake. Keine Dose, sondern eine Flasche. Er wird sie schütteln und auf einmal leertrinken.
Der Brezelverkäufer holte eine Flasche Yoo-Hoo hervor, schüttelte sie heftig und drehte den Verschluß auf.
Noch vierzig Sekunden.
Jetzt wird die Ampel umschalten.
Das grüne, gehende Männchen erlosch. Das rote, stehende Männchen leuchtete auf. Und irgendwo, keinen halben Block entfernt, rollte jetzt ein großer blauer Cadillac auf die Kreuzung Fifth und Forty-third zu. Jake wußte es, ebenso wie er wußte, daß der Fahrer ein dicker Mann war, dessen Hut fast dieselbe Farbe wie sein Auto hatte.
Ich werde sterben!
Er wollte es den Leuten, die achtlos an ihm vorbeigingen, laut zurufen, aber sein Mund war wie zugeklebt. Seine Füße trugen ihn gelassen weiter zur Kreuzung. Das rote Männchen verkündete leuchtend seine Warnung. Der Brezelverkäufer warf die leere Yoo-Hoo-Flasche in den Drahtabfalleimer an der Ecke. Die dicke Frau stand an der Ecke auf der anderen Straßenseite gegenüber von Jake und trug die Einkaufstasche an den Griffen. Der Mann im Kammgarn stand unmittelbar hinter ihr. Jetzt blieben noch achtzehn Sekunden.
Zeit, daß der Spielzeuglaster vorbeifährt, dachte Jake.
Vor ihm brauste ein Lastwagen mit dem Bild eines fröhlichen Jack-in-the-Box und den Worten TOOKER’S SPIELWARENGROSSHANDEL auf der Seite über die Kreuzung und wackelte in den Schlaglöchern auf und ab. Jake wußte, der Mann im schwarzen Gewand hinter ihm bewegte sich jetzt schneller, überbrückte die Entfernung, streckte die langen Arme aus. Und dennoch konnte er sich nicht umdrehen, ebensowenig wie man sich im Traum umdrehen kann, wenn einen etwas Grauenhaftes einholt.
Lauf! Und wenn du nicht laufen kannst, setz dich hin und klammere dich an dem Parken-verboten-Schild fest! Laß es nicht einfach so geschehen!
Aber es stand nicht in seiner Macht, es zu verhindern. Vor ihm am Rand des Bordsteins stand eine junge Frau im weißen Pullover und einem schwarzen Rock. Links neben ihr stand ein junger Chicano mit einem Ghettoblaster. Ein Song von Donna Summer war gerade zu Ende. Jake wußte, der nächste Song würde ›Dr. Love‹ von Kiss sein.
Sie werden beiseite gehen…
Noch während er diesen Gedanken hatte, machte die Frau einen Schritt nach rechts. Der Chicano ging einen Schritt nach links, so daß eine Lücke zwischen ihnen entstand. Jakes verräterische Füße trugen ihn zu dieser Lücke. Noch neun Sekunden.
Ein Stück die Straße hinab funkelte grelles Maisonnenlicht auf der Kühlerfigur eines Cadillac. Jake wußte, es handelte sich um einen Sedan de Ville Baujahr 1976. Sechs Sekunden. Der Caddy beschleunigte. Das Licht war kurz davor, wieder umzuschalten, und der Mann, der den de Ville fuhr, der dicke Mann mit dem blauen Hut, in dessen Band keck eine Feder steckte, wollte noch über die Kreuzung rasen, ehe die Ampel endgültig umschalten konnte. Drei Sekunden. Der Mann in Schwarz hinter Jake beugte sich nach vorne. Im Ghettoblaster des jungen Mannes hörte ›Love to love you, Baby‹ auf und ›Dr. Love‹ begann.
Zwei.
Der Cadillac wechselte auf die Spur unmittelbar vor Jake und raste auf die Kreuzung zu, der Killerkühler fauchte.
Eine.
Jakes stockte der Atem im Hals.
Keine.
»Ah!« schrie Jake, als Hände ihn fest in den Rücken stießen, ihn schubsten, auf die Straße schubsten, aus seinem Leben schubsten…
Aber da waren keine Hände.
Er kippte dennoch nach vorne, ruderte hilflos mit den Armen und bildete mit dem Mund ein dunkles O des Schreckens. Der Chicano mit
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