Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
bist du gewesen?« Sie stellte diese Frage in ihrer kultiviertesten Vassar-Stimme und betonte das gewesen so, daß es sich auf Besen gereimt hätte. Sie hätte einen Bekannten begrüßen können, der in einen unbedeutenden Verkehrsunfall verwickelt war.
    »Aus«, sagte er.
    Sein Vater schüttelte ihn grob. Jake war nicht darauf vorbereitet. Er stolperte und trat auf den verstauchten Knöchel. Die Schmerzen loderten wieder auf, und mit einemmal war er wütend. Jake glaubte nicht, daß sein Vater wütend war, weil er die Schule verlassen und seinen versauten Aufsatz hinterlassen hatte; er war sauer, weil Jake die Frechheit besessen hatte, seinen eigenen, über die Maßen kostbaren Tagesablauf durcheinanderzubringen.
    Bis zu diesem Tag in seinem Leben konnte sich Jake an lediglich drei Gefühle gegenüber seinem Vater erinnern: Verwirrung, Angst und eine Abart schüchterner, verhaltener Liebe. Jetzt kamen ein Viertes und Fünftes dazu. Eines war Zorn, das andere Abscheu. Und in diese unangenehmen Empfindungen mischte sich nun noch ein Gefühl von Heimweh. Dies war momentan das gewaltigste in ihm; es zog sich durch alles hindurch wie Rauch. Er sah das rot angelaufene Gesicht und den Bürstenschnitt seines Vaters und wünschte sich, er wäre wieder auf dem Grundstück, würde die Rose sehen und den Chor hören. Dies ist nicht mein Zuhause, dachte er. Nicht mehr. Ich habe eine Aufgabe. Wenn ich nur wüßte, was für eine.
    »Laß mich los«, sagte er.
    »Was hast du zu mir gesagt?« Die blauen Augen seines Vaters wurden groß. Heute abend waren sie ziemlich blutunterlaufen. Jake vermutete, er hatte eine große Portion von seinem Zauberpulver zu sich genommen, und darum war es wahrscheinlich ein schlechter Zeitpunkt, ihm die Stirn zu bieten, aber Jake beschloß, es dennoch zu tun. Er würde sich nicht durchschütteln lassen wie eine Maus zwischen den Zähnen eines sadistischen Katers. Heute abend nicht. Vielleicht nie wieder. Plötzlich wurde ihm bewußt, daß ein großer Teil seines Zorns einer einzigen Quelle entsprang: Er konnte nicht mit ihnen darüber reden, was passiert war – noch passierte. Sie hatten alle Türen zugeschlagen.
    Aber ich habe einen Schlüssel, dachte er und berührte diesen durch den Stoff seiner Hose hindurch. Und dann fiel ihm der Rest des seltsamen Gedichts ein: Willst du spielen, komm und lauf / Eins, zwei, drei, den BALKEN rauf.
    »Ich habe gesagt, laß mich los«, wiederholte er. »Ich habe mir den Knöchel verstaucht, und du tust mir weh.«
    »Dir wird gleich mehr als nur dein Knöchel weh tun, wenn du nicht…«
    Plötzlich strömte Kraft in Jake ein. Er ergriff die Hand, die seinen Arm unterhalb der Schulter umklammert hielt, und schubste sie heftig fort. Sein Vater sperrte den Mund auf.
    »Ich arbeite nicht für dich«, sagte Jake. »Ich bin dein Sohn, weißt du noch? Wenn nicht, sieh auf dem Bild auf deinem Schreibtisch nach.«
    Sein Vater zog die Oberlippe von den Jacketkronen seiner Zähne zu einer Grimasse zurück, die zu zwei Dritteln aus Überraschung und einem Drittel Wut komponiert war. »Sprich nicht so mit mir, Freundchen – wo ist denn dein Respekt geblieben?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich ihn auf dem Heimweg verloren.«
    »Du bist den ganzen Tag unerlaubt fort, und dann stehst du hier vor mir und läßt deinem frechen, ungebührlichen Mundwerk freien…«
    »Hört auf! Hört auf, alle beide!« schrie Jakes Mutter. Trotz der Beruhigungsmittel in ihrem Körper schien sie den Tränen nahe zu sein.
    Jakes Vater griff wieder nach Jakes Arm, überlegte es sich dann aber anders. Vielleicht hatte die große Kraft etwas damit zu tun, mit der sein Sohn ihm vor einem Augenblick die Hand weggerissen hatte. Vielleicht lag es auch an dem Blick in Jakes Augen. »Ich will wissen, wo du gewesen bist.«
    »Aus. Das habe ich schon gesagt. Und mehr werde ich nicht sagen.«
    »Scheiß drauf! Dein Rektor hat angerufen, dein Französischlehrer war persönlich hier, und beide hatten beaucoup Fragen an dich! Ich auch, und ich will ein paar Antworten!«
    »Deine Kleidung ist schmutzig«, stellte seine Mutter fest und fügte dann schüchtern hinzu: »Bist du überfallen worden, Johnny? Hast du Verstecken gespielt und bist überfallen worden?«
    »Natürlich ist er nicht überfallen worden«, fauchte Elmer Chambers. »Er hat ja noch seine Uhr, oder nicht?«
    »Aber er hat Blut am Kopf.«
    »Schon gut, Mom. Ich habe ihn mir angestoßen.«
    »Aber…«
    »Ich geh jetzt ins Bett. Ich bin sehr

Weitere Kostenlose Bücher