Der Dunkle Turm 4 - Glas
sie heutzutage nicht mehr so viele Muties mit den Netzen rausziehen, und das is ’n Segen«), das Farmgeschäft (»die Leute hier können fast alles anbauen, solangs Mais oder Bohnen sind«) und zuletzt über das, was ihm offenbar am meisten am Herzen lag: Pferdezucht, Pferderennen und das Ranchergeschäft. Diese Geschäfte liefen wie eh und je, aye, das taten sie, obwohl die Zeiten in den Gras-und-Küsten-Baronien seit vierzig Jahren oder mehr eigentlich ziemlich hart waren.
Wurden die Vererbungslinien nicht allmählich wieder reiner?, fragte Roland. Dort nämlich, wo er herkomme, sei das so.
Aye, stimmte Renfrew zu, ließ seine Kartoffelsuppe links liegen und stopfte stattdessen gegrillte Streifen Rindfleisch in sich hinein. Die aß er aus der bloßen Hand und spülte sie mit großen Schlucken Bier hinunter. Aye, junger Herr, die Vererbungslinien wurden reiner, wunderbar, wahrhaftig, drei Fohlen von fünf taugten zur Zucht – Vollblüter ebenso wie Halbblüter –, und das vierte konnte man zum Arbeiten behalten, wenn schon nicht zur Zucht. Nur eines von fünf wurde heutzutage mit zusätzlichen Beinen oder zusätzlichen Augen oder den Eingeweiden außen geboren, und das war gut. Aber die Geburtenraten waren im Keller, das waren sie; die Hengste, so schien es, hatten so viel Stöße wie immer in ihren Stoßstangen, aber nicht so viel Pulver zum Verschießen.
»Bitte um Verzeihung, Ma’am«, sagte Renfrew und beugte sich kurz an Roland vorbei zu Coral Thorin. Sie lächelte ihr dünnes Lächeln (es erinnerte Roland an das von Jonas), zog ihren Löffel durch die Suppe und sagte nichts. Renfrew leerte sein Bierglas, schmatzte herzhaft und hielt das Glas wieder hoch. Als es gefüllt wurde, wandte er sich wieder an Roland.
Es war nicht gut, nicht so, wie es früher gewesen war, aber es könnte schlimmer sein. Würde schlimmer sein, wenn es nach diesem Arschficker Farson ging. (Diesmal machte er sich nicht die Mühe, sich bei Sai Thorin zu entschuldigen.) Sie mussten alle an einem Strang ziehen, darauf kam es an – reich und arm, groß und klein, solange es noch etwas nützte zu ziehen. Und dann sekundierte er Lengyll und ließ Roland wissen, was immer er und seine Freunde wollten, was immer sie brauchten, sie müssten es nur sagen.
»Auskünfte sollten vollauf genügen«, sagte Roland. »Zahlen der Bestände.«
»Aye, ohne Zahlen kann man kein Schätzer sein«, sagte Renfrew und wieherte bierschäumendes Gelächter. Links von Roland knabberte Coral Thorin an etwas Grünem (die Rinderstreifen hatte sie nicht einmal angerührt), lächelte ihr verkniffenes Lächeln und ließ weiter ihren Löffel Boot fahren. Roland vermutete jedoch, dass mit ihren Ohren alles in Ordnung war und ihr Bruder einen vollständigen Bericht über die Unterhaltung bekommen würde. Oder möglicherweise würde es Rimer sein, der den Bericht erhielt. Obwohl es noch zu früh war, um etwas Genaueres zu sagen, hatte Roland nämlich den Eindruck, als ob Rimer hier die treibende Kraft wäre. Möglicherweise zusammen mit Sai Jonas.
»Zum Beispiel«, sagte Roland, »was meinen Sie, wie viel Reitpferde werden wir dem Bund wohl melden können?«
»Den Zehnten oder total?«
»Total.«
Renfrew stellte das Glas ab und schien zu rechnen. Währenddessen schaute Roland über den Tisch und sah, wie Lengyll und Henry Wertner, der Oberviehzüchter der Baronie, einen raschen Blick wechselten. Sie hatten es gehört. Und er sah noch etwas, als er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Sitznachbarn zuwandte: Hash Renfrew war zwar betrunken, aber sicher nicht so betrunken, wie er den jungen Will Dearborn glauben machen wollte.
»Total, sagt Ihr – also nicht nur das, was wir dem Bund schulden oder im Bedarfsfall schicken könnten.«
»Ja.«
»Nun, mal sehn, junger Sai. Fran muss hundertvierzig haben; John Croydon hat an die hundert. Hank Wertner hat vierzig auf eigene Kappe, und noch mal sechzig draußen an der Baronatsschräge. Regierungspferdchen, Mr. Dearborn.«
Roland lächelte. »Ich kenne sie gut. Gespaltene Hufe, kurze Hälse, langsam, durchhängende Bäuche.«
Darüber lachte Renfrew unbändig und nickte… aber Roland fragte sich, ob der Mann tatsächlich amüsiert war. In Hambry schienen die Wasser oben und die Wasser unten in entgegengesetzte Richtungen zu fließen.
»Was mich betrifft, ich hab zehn oder zwölf schlechte Jahre gehabt – Staupe, Gehirnfieber, Hufkrebs. Seinerzeit sind mal zweihundert Stück mit dem Brandzeichen der Lazy Susan dort
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