Der Dunkle Turm 4 - Glas
Teil, der hoffte, er würde ihre Krämpfe des Ekels für jungfräuliche Erregung halten. Er hatte sie fest an sich gezogen, bearbeitete mit den Händen hektisch ihre Brüste, und sein Atem blies wie eine stinkende Dampfmaschine in ihr Ohr. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und hatte die Augen geschlossen, während ihr die Tränen zwischen den Lidern und den Spitzen ihrer Wimpern hervorquollen.
Er brauchte nicht lang. Er rieb sich an ihr hin und her und stöhnte dabei wie ein Mann mit Magenkrämpfen. Einmal leckte er ihr das Ohrläppchen, und Susan glaubte schon, ihre Haut würde sich vor Ekel vom Körper abschälen. Schließlich spürte sie voller Dankbarkeit, wie er an ihr zuckte.
»Oh, aye, raus mit dir, du verdammtes Gift!«, sagte er mit einer fast piepsenden Stimme. Er stieß so heftig zu, dass sie sich mit den Händen an der Wand abstützen musste, damit sie nicht mit dem Gesicht voran dagegen gerammt wurde. Dann trat er endlich einen Schritt zurück.
Einen Augenblick lang blieb Susan nur stehen, wie sie war, und presste die Hände auf die kalten Steine der Nähkammerwand. Sie konnte Thorin im Spiegel sehen, und in seinem Bild erblickte sie das gewöhnliche Schicksal, das auf sie zugerast kam, das gewöhnliche Schicksal, von dem das eben nur ein Vorgeschmack war: das Ende ihrer Mädchenzeit, das Ende der Romantik, das Ende von Träumen, in denen sie und Roland Stirn an Stirn in einem Weidenwäldchen lagen. Der Mann im Spiegel sah selbst auf seltsame Weise wie ein Junge aus, einer, der etwas angerichtet hatte, was er seiner Mutter nicht erzählen würde. Nur ein großer und schlaksiger Bursche mit seltsam grauem Haar und schmalen, bebenden Schultern und einem feuchten Fleck auf der Vorderseite der Hose. Hart Thorin sah aus, als wüsste er nicht recht, wo er sich befand. In diesem Augenblick war die Lust aus seinem Gesicht gewichen, doch was stattdessen kam, war nicht besser – diese leere Verwirrung. Es war, als wäre er ein Eimer mit einem Loch im Boden: Was man auch hineinfüllte, oder wie viel, nicht lange, und es lief unweigerlich wieder heraus.
Er wird es wieder machen, dachte sie und spürte, wie eine grenzenlose Müdigkeit sie überkam. Jetzt, wo er es einmal gemacht hat, wird er es wahrscheinlich immer wieder machen, wenn er die Möglichkeit dazu bekommt. Wenn ich von jetzt an hierher komme, wird es sein wie… nun…
Wie Kastell. Als würde man Kastell spielen.
Thorin sah sie noch für einen Moment an. Langsam, wie ein Mann in einem Traum, zog er den Saum seines bauschigen weißen Hemds aus der Hose und ließ es wie einen Rock herunterhängen, damit es den feuchten Fleck verdeckte. Sein Kinn glänzte; er hatte in seiner Erregung gesabbert. Er schien es zu spüren und wischte die Nässe mit einem Handrücken ab, während er sie ununterbrochen mit diesen leeren Augen ansah. Dann kam endlich wieder Leben in sie, und er drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verließ das Zimmer.
Ein leises, raschelndes Poltern ertönte, als er auf dem Flur offenbar mit jemandem zusammenstieß. Susan hörte ihn »Tut mir Leid« murmeln (eine deutlichere Entschuldigung, als er ihr gegönnt hatte, gemurmelt oder nicht), und dann betrat Conchetta wieder das Zimmer. Den Stoff, den sie holen gegangen war, hatte sie sich wie eine Stola um die Schultern drapiert. Sie bemerkte Susans blasses Gesicht und die tränenüberströmten Wangen sofort. Sie wird nichts sagen, dachte Susan. Keiner wird etwas sagen, ebenso wenig, wie jemand einen Finger rühren wird, um mich von dem Pflock zu holen, mit dem ich mich selbst aufgespießt habe. »Du hast ihn selbst gespitzt, Feinsliebchen«, würden sie sagen, wenn ich um Hilfe rufen würde, und das wäre ihre Ausrede, um mich weiter zappeln zu lassen.
Aber Conchetta hatte sie überrascht. »Das Leben ist hart, Missy, das ist es. Am besten gewöhnst du dich daran.«
5
Susans Stimme – trocken, mittlerweile bar jeglicher Gefühlsregung – verstummte endlich. Tante Cord legte ihr Strickzeug beiseite, stand auf und setzte den Wasserkessel auf, um Tee zu machen.
»Du übertreibst, Susan.« Sie sagte es mit einer Stimme, die sich bemühte, gütig und weise zugleich zu klingen, aber keines davon bewerkstelligte. »Das ist eine Eigenschaft, die du von deiner Manchester-Seite hast – zur Hälfte haben sie sich für Dichter gehalten, zur Hälfte haben sie sich für Maler gehalten, und fast alle waren jede Nacht zu betrunken zum Stepptanzen. Er hat deine Tittchen begrapscht und
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