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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Jungen verspürten auf einmal ein tiefes Heimweh, unerklärlich, aber so wirklich wie die Gezeiten), setzten sie sich rechts und links von ihm hin und sahen sich über seine Brust hinweg an, die sich langsam hob und senkte.
    »Kann ein Bewusstloser verhungern oder verdursten?«, fragte Cuthbert. »Das geht doch, oder?«
    »Ja«, sagte Alain. »Ich glaube, ja.«
    Es war eine lange und nervenaufreibende Nacht gewesen. Am Tag zuvor hatte keiner der Jungen gut geschlafen, aber an diesem schliefen sie wie die Toten und zogen die Decken weit über den Kopf, um sich vor der Sonne abzuschirmen. Sie erwachten im Abstand von wenigen Minuten, als die Sonne gerade wieder unterging und der Dämonenmond, inzwischen zwei Nächte nach Vollmond, zwischen den unruhigen Wolkenfetzen aufstieg, die den ersten der großen Herbststürme ankündigten.
    Roland saß aufgerichtet da. Er hatte die Glaskugel aus dem Beutel geholt. Er wiegte sie in den Armen, ein dunkles Stück Magie, so tot wie die Glasaugen des Wildfangs im Traveller’s Rest. Rolands Augen, die ebenso tot wirkten, schauten gleichgültig in die mondhellen Schneisen des Waldes. Er wollte etwas essen, aber nicht schlafen. Er trank aus den Bächen, an denen sie vorbeikamen, sprach aber kein Wort. Und er wollte sich nicht von dem Stück von Maerlyns Regenbogen trennen, das sie aus Mejis geholt und für das sie einen so hohen Preis bezahlt hatten. Aber es leuchtete nicht mehr für ihn.
    Jedenfalls nicht, dachte Cuthbert einmal, wenn Al und ich wach sind und es mitbekommen könnten.
    Alain konnte Roland nicht dazu bringen, die Hände von der Kugel zu nehmen, daher legte er die seinen auf Rolands Wangen, um auf diese Weise Fühlung mit ihm aufzunehmen. Aber es gab nichts zu fühlen, gar nichts. Das Ding, das mit ihnen nach Westen ritt, nach Gilead, war nicht Roland, nicht einmal ein Geist von Roland. Genau wie der Mond am Ende seines Zyklus, so war auch Roland verschwunden.

 
     
     
     
     
     
    V IERTER T EIL
    A LLE K INDER G OTTES
HABEN S CHUHE

Kapitel 1
    K ANSAS AM M ORGEN
     
    1
     
    Zum ersten Mal seit
    (Stunden? Tagen?)
    verstummte der Revolvermann. Er saß mit auf die Knie gestützten Unterarmen da und sah zu dem Gebäude im Osten von ihnen (jetzt, wo die Sonne hinter dem Glaspalast stand, war es ein schwarzer, von einer goldenen Aura umgebener Schemen). Dann nahm er den Wasserschlauch, der auf dem Asphalt neben ihm lag, hielt ihn über das Gesicht, machte den Mund auf und kippte ihn.
    Er trank, was ihm in den Mund lief – die anderen konnten sehen, wie sich sein Adamsapfel bewegte, während er zurückgelehnt auf der Standspur lag –, aber das Trinken schien nicht sein Hauptanliegen zu sein. Wasser lief über seine gerunzelte Stirn und plätscherte über die geschlossenen Lider. Es bildete eine Pfütze in der dreieckigen Vertiefung über dem Schlüsselbein, lief ihm über die Schläfen, durchnässte sein Haar und machte es dunkler.
    Schließlich legte er den Wasserschlauch beiseite und blieb mit geschlossenen Augen und hoch über dem Kopf ausgestreckten Armen liegen wie ein Mann, der sich dem Schlaf ergab. Dampf erhob sich in zierlichen Schwaden von seinem nassen Gesicht.
    »Ahhh«, sagte er.
    »Fühlst du dich jetzt besser?«, fragte Eddie.
    Der Revolvermann hob die Lider und ließ jene verwaschenen und dennoch irgendwie erschreckend blauen Augen sehen. »Ja. Viel besser. Mir ist unbegreiflich, wie das sein kann, wo mir so sehr davor gegraut hat, diese Geschichte zu erzählen… aber es ist so.«
    »Ein Ologe-der-Psyche könnte es dir wahrscheinlich erklären«, sagte Susannah, »aber ich bezweifle, ob du ihm zuhören würdest.« Sie presste sich die Hände ins Kreuz, streckte sich und verzog dabei das Gesicht… aber die Grimasse war nur ein Reflex. Die Schmerzen und steifen Gliedmaßen, die sie erwartet hatte, waren nicht da, und obwohl es am Ansatz der Wirbelsäule einmal knirschte, bekam sie nicht die befriedigende Folge von Knacken, Schnappen und Klackern zu hören, die sie erwartet hatte.
    »Ich will dir was sagen«, sagte Eddie, »damit bekommt der Ausdruck ›sich etwas von der Seele reden‹ eine völlig neue Bedeutung. Wie lange sind wir hier, Roland?«
    »Nur eine Nacht.«
    »›Die Geister haben alles in einer einzigen Nacht vollbracht‹«, sagte Jake mit verträumter Stimme. Er hatte die Beine an den Fesseln übereinander geschlagen; Oy saß in dem rautenförmigen Umriss, den die Knie des Jungen bildeten, und sah ihn mit seinen leuchtenden,

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