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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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hast mein Leben vergiftet, das hast du getan.«
    Mia, deren Bauch sich unter ihrem schweren Umhang wölbte, deren Mähne vom Wind gezaust wurde, starrte sie mit verzweifelter Eindringlichkeit an. »Du warst es, die das Gift genommen hat, Susannah! Du warst es, die es geschluckt hat. Aye, als das Kind noch ein nicht aufgegangener Samen in deinem Bauch war!«
    Stimmte das? Und wer von ihnen beiden hatte dann Mia wie den Vampir eingeladen, der sie in Wirklichkeit war? War das Susannah oder Detta gewesen?
    Susannah glaubte, dass es keine von ihnen gewesen war.
    Tatsächlich traute sie das eher Odetta Holmes zu. Odetta, die niemals den Teller für gut der gemeinen alten Blauen Lady zertrümmert hätte. Odetta, die ihre Puppen liebte, obwohl die meisten davon so weiß wie ihre einfachen Baumwollslips waren.
    »Was willst du von mir, Mia, niemands Tochter? Sag’s und lass es dabei bewenden!«
    »Wir werden bald zusammen sein – aye, wahr und wahrhaftig, im selben Kindbett liegen. Und falls sich mir eine Gelegenheit bietet, mit meinem kleinen Kerl zu entkommen, möchte ich nur, dass du mir hilfst, sie zu ergreifen.«
    Susannah dachte darüber nach. In der Wildnis aus Felsnadeln und klaffenden Spalten lachten die Hyänen meckernd. Der Wind war betäubend kalt, aber der Schmerz, der plötzlich ihre Körpermitte zwischen seine Kiefer nahm, war noch schlimmer. Sie sah denselben Schmerz auf Mias Gesicht und wurde wieder daran erinnert, dass ihre gesamte Existenz sich in eine Wildnis aus Spiegeln verwandelt zu haben schien. Was konnte ein solches Versprechen schon schaden? Diese Gelegenheit würde vermutlich nie kommen – aber wenn sie kam, würde Susannah dann zulassen, dass das kleine Wesen, das Mia Mordred nennen wollte, in die Hand der Männer des Königs fiel?
    »Ja«, sagte sie. »Also gut. Wenn ich dir helfen kann, mit ihm zu entkommen, dann helfe ich dir.«
    »Überallhin!«, rief Mia heiser flüsternd aus. »Sogar…« Sie verstummte. Schluckte trocken. Zwang sich zum Weitersprechen. »Sogar ins Flitzer-Dunkel. Denn müsste ich’s bis in alle Ewigkeit mit meinem Sohn an meiner Seite durchwandern, wäre das keine Verdammnis.«
    Vielleicht nicht für dich, Schwester, dachte Susannah, sagte aber nichts. Eigentlich hatte sie Mias Schwermut gänzlich satt.
    »Und wenn wir nicht freikommen«, sagte Mia, »sollst du uns töten.«
    Obwohl hier oben nur das Heulen des Windes und das Lachen der Hyänen zu hören war, konnte Susannah spüren, dass ihr körperliches Ich weiter in Bewegung war und jetzt eine Treppe hinuntergetragen wurde. All dieses Zeug aus der realen Welt spielte sich hinter einer denkbar dünnen Membran ab. Dass Mia es geschafft hatte, sie in diese Welt hier zu transportieren – vor allem, während sie selbst unter Geburtswehen litt –, ließ auf ein Wesen mit großen Kräften schließen. Nur schade, dass diese Kräfte sich nicht irgendwie nutzbar machen ließen.
    Mia hielt Susannahs fortgesetztes Schweigen offenbar irrtümlich für Widerstreben, jedenfalls hastete sie jetzt auf ihren festen huarachos übers gewölbte Pflaster des Wehrgangs und rannte praktisch zu der Stelle hinüber, wo Susannah auf ihrem primitiven, sperrigen Wägelchen saß. Sie packte Susannah an den Schultern und rüttelte sie durch.
    »Yar!«, rief sie heftig aus. »Gib uns den Tod! Lieber im Tod vereint zu sein als…« Sie verstummte, dann sprach sie mit ausdrucksloser, verbitterter Stimme weiter: »Ich bin von Anfang an betrogen worden. Das stimmt doch, nicht wahr?«
    Und als jetzt der Augenblick gekommen war, empfand Susannah weder Rachsucht noch Mitgefühl noch Trauer. Sie nickte nur.
    »Haben sie vor, ihn zu fressen? Seinen Leichnam an diese schrecklichen Ältesten zu verfüttern?«
    »Nein, da bin ich mir fast sicher«, sagte Susannah. Und trotzdem spielte hier Kannibalismus irgendeine Rolle; das flüsterte ihr Herz ihr zu.
    »Sie machen sich überhaupt nichts aus mir«, sagte Mia. »Ich bin nur der Babysitter, hast du mich nicht so genannt? Aber sie werden mir nicht einmal das gönnen, stimmt’s?«
    »Wahrscheinlich werden sie das nicht tun«, sagte Susannah. »Möglicherweise darfst du ihn ja sechs Monate lang stillen, aber selbst das…« Sie schüttelte den Kopf und biss sich dann auf die Unterlippe, weil neue Wehen über sie hereinbrachen und alle Muskeln in Bauch und Schenkeln zu Glas werden ließen. Nachdem die Schmerzen etwas nachgelassen hatten, brachte sie ihren Satz zu Ende. »Aber selbst das glaube ich

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