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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Susannah überhaupt richtig losgelegt hatte.
    Klar, ja, natürlich, sie kennt deine Tricks, genau wie sie von Tante Talitha in River Crossing und Topsy dem Seemann in Lud weiß, weil sie Zugang, zu deinen Erinnerungen hat, weil sie – zumindest bis zu einem gewissen Maß – du ist…
    Und hier endeten ihre Gedanken, weil Mia ihr beide Arme gewaltsam auf den Rücken drehte, und o lieber Gott, wie tat das schrecklich weh.
    Bist du nich die wehleidigste kleine Fotze, sagte Detta mit einer Art jovialer, hechelnder Verachtung, aber bevor Susannah etwas erwidern konnte, passierte etwas Erstaunliches: Die Welt riss auf wie ein brüchiges Stück Papier. Der Riss erstreckte sich von den schmutzigen Pflastersteinen auf dem Boden des Wehrgangs bis zur nächsten Zinne und dann weiter in den Himmel. Er raste in das mit Sternen gesprenkelte Firmament hinauf und durchtrennte die Mondsichel in der Mitte.
    Susannah konnte noch kurz denken, nun sei alles aus, einer oder beide der letzten Balken seien zerbrochen und der Turm eingestürzt. Dann sah sie durch den Riss auf einem der Doppelbetten in Zimmer 1919 des Hotels Plaza-Park zwei Frauen liegen. Sie hielten einander mit geschlossenen Augen umarmt. Beide trugen sie Jeans und identische Blusen mit Blutflecken. Auch die Gesichter waren identisch, nur hatte die eine auch unterhalb der Knie noch Beine, und zudem hatte sie glattes, seidiges Haar und weiße Haut.
    »Leg dich nicht mit mir an!«, keuchte Mia ihr ins Ohr. Susannah konnte einen feinen, kitzelnden Spuckenebel spüren. »Leg dich nicht mit mir oder meinem kleinen Kerl an. Ich bin nämlich stärker, hörst du? Ich bin stärker!«
    Das steht außer Zweifel, dachte Susannah, als sie auf den sich verbreiternden Riss zugeschoben wurde. Wenigstens vorläufig.
    Sie wurde körperlich durch den Riss gestoßen. Einen Augenblick lang schien ihre Bluse in Flammen zu stehen und zugleich mit Eis bedeckt zu sein. Irgendwo erklang das Flitzer-Glockenspiel, und dann…
     
     
    6
     
    … setzte sie sich auf dem Bett auf. Eine einzige Frau, nicht deren zwei, aber wenigstens eine mit Beinen. Susannah wurde taumelnd in den Hintergrund gestoßen. Mia führte jetzt das Kommando. Mia griff nach dem Telefonhörer und bekam ihn erst verkehrt herum in die Hand, drehte ihn aber schnell um.
    »Hallo? Hallo?«
    »Hallo, Mia. Mein Name ist…«
    Sie fiel dem Mann am anderen Ende ins Wort. »Lassen Sie mich mein Baby behalten? Die Schlampe in mir behauptet, dass Sie das nicht tun werden!«
    Daraufhin folgte eine Pause, erst lang und dann zu lang. Susannah spürte Mias Angst, erst als ein Rinnsal und dann als wahre Flut. Du brauchst keine Angst zu haben, versuchte sie ihr zu erklären. Du bist die Frau mit dem, was sie wollen, mit dem, was sie brauchen, kapierst du das nicht?
    »Hallo, sind Sie noch dran? Götter, sind Sie dran? BITTE SAGEN SIE MIR, DASS SIE NOCH DRAN SIND!«
    »Ich bin noch dran«, sagte die Männerstimme gelassen. »Wollen wir noch mal von vorn beginnen, Mia, niemands Tochter? Oder soll ich auflegen, bis du… dich etwas mehr wie du selbst fühlst?«
    »Nein! Nein, tun Sie’s nicht, tun Sie’s nicht, ich bitte Sie!«
    »Du unterbrichst mich auch nicht wieder? Es gibt nämlich keinen Anlass für Ungehörigkeiten.«
    »Ich verspreche es!«
    »Also, mein Name ist Richard P. Sayre.« Ein Name, den Susannah irgendwie kannte, aber woher? »Du weißt, wohin du gehen musst, nicht wahr?«
    »Ja!« Eifrig nun. Eifrig bemüht, zu gefallen. »Ins Dixie Pig, Sixty-first und Lexingworth!«
    »Lexington«, sagte Sayre. »Odetta Holmes kann dir sicher helfen, es zu finden.«
    Das ist nicht mein Name!, hätte Susannah am liebsten geschrien, schwieg aber stattdessen. Diesem Sayre hätte es gefallen, sie aufschreien zu hören, was? Er legte es darauf an, sie die Beherrschung verlieren zu lassen.
    »Sind Sie da, Odetta?« Freundlich neckend. »Sind Sie da, Sie Weibsstück, das sich überall einmischen muss?«
    Sie schwieg weiter.
    »Sie ist im Innern da«, sagte Mia. »Ich habe keine Ahnung, warum sie nicht antwortet, jedenfalls halte ich sie im Augenblick nicht zurück.«
    »Ach, ich glaube, ich weiß, weshalb«, sagte Sayre nachsichtig. »Zum einen mag sie diesen Namen nicht.« Dann folgte eine Anspielung, die Susannah nicht verstand. »›Nennt mich nich mehr Clay, Clay is mein Sklavenname, nennt mich Muhammad Ali!‹ Stimmt’s, Susannah? Oder war das erst nach Ihrer Zeit? Etwas später, glaube ich. Sorry. Die Zeit kann so verwirrend sein, nicht wahr?

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