Der Dunkle Turm 6 - Susannah
sollen?
Während die Hyänen – oder was immer sie waren – meckernd lachten, sagte Susannah: »Damit willst du wohl sagen, dass die dämonischen Elementargeister Zwitterwesen sind. Und deshalb sind sie unfruchtbar, weil sie nämlich beides sind.«
»Aye. Am Ort des Orakels hat euer Dinh mit einem dieser dämonischen Elementargeister Geschlechtsverkehr gehabt, um gewisse Einzelheiten zu erfahren – was in der Hohen Sprache eine Prophezeiung genannt wird. Er hatte dabei keinen Grund zu der Annahme, dass das Orakel etwas anderes sei als ein Sukkubus, wie sie manchmal an einsamen Orten hausen…«
»Klar«, sagte Susannah, »nur ein ganz gewöhnlicher weiblicher Buhlteufel.«
»Wie du meinst«, sagte Mia, und als sie Susannah dieses Mal eine Kermesbeere anbot, nahm Susannah sie dankend an und rollte sie ihrerseits zwischen den Handflächen, um die Schale anzuwärmen. Sie war weiter nicht hungrig, hatte aber einen trockenen Mund. Überaus trocken.
»Der Dämon hat in seiner weiblichen Form den Samen des Revolvermanns aufgenommen und ihn dir in seiner männlichen Form zurückgegeben.«
»Als wir im sprechenden Ring waren«, sagte Susannah trübsinnig. Sie erinnerte sich an den starken Regen, der auf ihr nach oben gekehrtes Gesicht geprasselt war, an das Gefühl von unsichtbaren Händen auf den Schultern und dann an das aufgerichtete Geschlecht des Wesens, das sie fast bis zum Zerreißen ausgefüllt hatte. Das Schlimmste war die Kälte des riesenhaften Gliedes in ihrem Inneren gewesen. Als ob man von einem Eiszapfen gefickt würde, hatte sie damals gedacht.
Und wie hatte sie das alles durchgestanden? Natürlich indem sie Detta zu Hilfe gerufen hatte. Indem sie die Schlampe gerufen hatte: die Siegerin in hundert schmutzigen kleinen Sexgeplänkeln, die auf den Parkplätzen von zwei Dutzend Rasthäusern und ländlichen Spelunken ausgefochten worden waren. Detta, die den Dämon festgehalten hatte…
»Er hat zu entkommen versucht«, erzählte sie Mia. »Sobald er gemerkt hat, dass er mit seinem Glied in einen verdammten Schraubstock geraten war, hat er zu entkommen versucht.«
»Hätte er entkommen wollen«, sagte Mia gelassen, »wäre er entkommen.«
»Warum hat er sich dann die Mühe gemacht, mich zu täuschen?«, fragte Susannah, aber sie war nicht auf Mia angewiesen, um diese Frage beantworten zu können, jetzt nicht mehr. Natürlich, weil er sie gebraucht hatte. Er hatte sie gebraucht, damit sie das Baby austrug.
Rolands Kind.
Rolands Verderben.
»Nun weißt du alles, was du über den kleinen Kerl wissen musst«, sagte Mia. »Nicht wahr?«
Susannah vermutete, dass das stimmte. Ein Dämon hatte in weiblicher Form Rolands Samen in sich aufgenommen; er hatte ihn irgendwie gespeichert und dann in männlicher Form in Susannah Dean gespritzt. Mia hatte Recht. Sie wusste, was sie wissen musste.
»Ich habe mein Versprechen also gehalten«, sagte Mia. »Komm, wir gehen zurück. Die Kälte ist nicht gut für den kleinen Kerl.«
»Nur noch eine Minute«, sagte Susannah. Sie hielt die Kermesbeere hoch. Durch Risse in der orangeroten Schale war jetzt goldgelbes Fruchtfleisch sichtbar. »Die Beere ist gerade geplatzt, und ich will sie noch essen. Zudem habe ich eine weitere Frage.«
»Iss und frag, aber beeil dich mit beidem.«
»Wer bist du? Wer bist du wirklich? Bist du dieser Dämon? Hat er eigentlich einen Namen? Haben er und sie einen Namen?«
»Nein«, sagte Mia. »Elementargeister brauchen keinen Namen; sie sind, was sie sind. Ob ich ein Dämon bin? Möchtest du das wirklich wissen? Ja, ich bin wohl einer. Vielmehr war ich einer. Aber all das ist jetzt so verschwommen wie in einem Traum.«
»Aber du bist nicht ich… oder vielleicht doch?«
Mia gab keine Antwort. Susannah merkte, dass jene das vermutlich gar nicht wusste.
»Mia?« Leise. Nachdenklich.
Mia hockte an die Zinne gelehnt und hatte den serape zwischen die Knie gestopft. Susannah konnte sehen, dass Mias Knöchel geschwollen waren, und empfand einen Augenblick lang Mitleid mit ihr. Dann unterdrückte sie es. Mitleid war jetzt nicht angebracht, enthielt es doch keine Wahrheit.
»Du bist nur die Babysitterin, Mädchen.«
Die Reaktion fiel wie erhofft aus, war sogar noch stärker. Auf Mias Gesicht stand Schock, dann Ärger. Teufel, Wut. »Du lügst!
Ich bin die Mutter des Jungen! Und wenn er da ist, Susannah, braucht nicht mehr weltweit nach Brechern gesucht zu werden, denn mein kleiner Kerl wird der Größte von allen, der die beiden
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