Der Dunkle Turm 6 - Susannah
sind etliche, wenn man das ›Kinkerlitzchen‹ in Norway und das Geschäft drüben in Fryeburg dazuzählt, das sich ›Ihr Schund – Unsere Schätze‹ nennt. Außerdem hat er sich die Namen einiger Einheimischer geben lassen, die Büchersammler sind und manchmal etwas aus ihren Sammlungen verkaufen. Jane war schrecklich aufgeregt. Hat in der ganzen Stadt davon erzählt, und wie.«
Eddie schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn und ächzte. Klar, das war der Mann, den er kennen gelernt hatte, das war Calvin Tower, wie er leibte und lebte. Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Dass er nördlich von Boston sofort völlig in Sicherheit sei?
»Könnt Ihr uns sagen, wo er zu finden ist?«, fragte Roland.
»Oh, ich kann noch mehr. Ich kann euch geradewegs zu den beiden bringen.«
Roland hatte den Baseball von einer Hand in die andere geworfen. Jetzt hörte er damit auf und schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr fahrt woanders hin.«
»Wohin?«
»An einen beliebigen Ort, an dem Ihr sicher seid«, sagte Roland. »Mehr als das, Sai, will ich nicht wissen. Das will keiner von uns.«
»Na, da will ich doch ‘nen Besen fressen! Weiß nicht, ob mir das recht gefällt.«
»Spielt keine Rolle. Die Zeit drängt.« Roland dachte kurz nach, dann sagte er: »Habt Ihr denn ein Karromobil?«
Cullum wirkte im ersten Augenblick verwirrt, dann grinste er. »Jawoll, ein Karromobil und auch ein Truckomobil. Ich hab’s üppig.«
»Dann fahrt Ihr mit einem davon zu Towers Unterkunft in dieser Dimity Road voraus, während Eddie…« Roland hielt kurz inne. »Eddie, weißt du noch, wie man fährt?«
»Roland, du verletzt meine Gefühle.«
Roland, der selbst in besten Zeiten nie sehr humorvoll war, lächelte auch diesmal nicht. Stattdessen konzentrierte er sich wieder auf den Dan-Tete – kleinen Erlöser –, den das Ka ihnen geschickt hatte. »Sobald wir Tower gefunden haben, geht Ihr Euren eigenen Weg weiter, John. Das ist jeder Weg, der sich nicht mit unserem deckt. Macht Ferien, wenn’s beliebt. Zwei Tage sollten genügen, dann könnt Ihr wieder Euren Geschäften nachgehen.« Roland hoffte, dass ihr eigenes Geschäft hier in East Stoneham bis Sonnenuntergang erledigt sein würde, wollte aber nichts verschreien, indem er das auch aussprach.
»Sie verstehen nicht, dass jetzt meine arbeitsreichste Jahreszeit ist, glaub ich«, sagte Cullum. Er hielt eine Hand auf, und Roland warf ihm den Ball zu. »Ich muss das Bootshaus streichen… die Scheune neu decken…«
»Wenn Ihr in unserer Nähe bleibt«, unterbrach Roland ihn, »werdet Ihr vermutlich nie wieder eine Scheune decken.«
Cullum sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an und versuchte offenbar, Rolands Ernsthaftigkeit abzuschätzen, schien aber nicht recht zu mögen, was er da sah.
Während dieses Dialogs merkte Eddie, dass er sich erneut mit der Frage beschäftigte, ob Roland den Buchhändler jemals mit eigenen Augen gesehen hatte oder nicht. Und dabei erkannte er, dass seine erste Vermutung falsch gewesen war: Roland hatte Tower gesehen.
Klar hat er das. Es war ja Roland gewesen, der den kleinen Bücherschrank mit Towers Erstausgaben in die Torweghöhle gezogen hat. Und Roland hat ihm dabei ins Gesicht gesehen. Wahrscheinlich war es irgendwie verzerrt, aber…
Der Gedankengang versandete, und durch einen scheinbar unvermeidlichen Assoziationsprozess kehrte Eddies Verstand zu Towers kostbaren Büchern – zu solchen Raritäten wie Der Dogan von Benjamin Slightman Jr. und Brennen muss Salem von Stephen King – zurück.
»Ich hole bloß meine Schlüssel, dann fahren wir los«, sagte Cullum, aber bevor er sich abwenden konnte, sagte Eddie: »Augenblick noch.«
Cullum sah ihn fragend an.
»Wir haben noch eine Kleinigkeit zu besprechen, glaube ich.« Er hielt eine Hand auf, damit ihm der Baseball zugeworfen wurde.
»Eddie, die Zeit drängt«, sagte Roland.
»Das weiß ich«, sagte Eddie. Wahrscheinlich besser als du, weil immerhin für meine Frau die Uhr abläuft. »Wenn ich könnte, würde ich dieses Arschloch Tower einfach Jack überlassen und mich darauf konzentrieren, zu Susannah zurückzukommen. Aber das lässt das Ka nicht zu. Dein verdammtes altes Ka.«
»Wir müssen…«
»Halt die Klappe.« So etwas hatte er noch nie zu Roland gesagt, aber diesmal waren die Worte wie von selbst herausgekommen, und er empfand kein Bedürfnis, sie zurückzunehmen. In Gedanken hörte Eddie einen geisterhaften Calla-Sprechgesang: Commala-come-come, das Palaver hält noch
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