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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Gemälde, und ihr fiel plötzlich ein, wie er dieses faulige, hässliche, schmerzhafte Ding entfernen könnte. Zumindest in der Form, in der es auf dem Papier existierte.
    Dann ist sie mein Zwilling, dachte sie liebevoll. Meine bessere Hälfte; meine hübsche Zwillingsschwe …
    Und plötzlich verstand sie alles.
    Alles? Verstand sie alles?
    Ja, würde sie später glauben. Nicht auf irgendeine stimmige Weise, die sich hätte niederschreiben lassen – ist a + b = c, dann gilt c – b = a und c – a = b –, aber doch, ja, sie verstand alles. Erfasste alles intuitiv. Kein Wunder, dass Traum-Eddie und Traum-Jake so ungeduldig mit ihr gewesen waren; schließlich lag alles auf der Hand.
    Patrick, der sie mit Linien nachgezogen hatte.
    Auch war dies nicht das erste Mal, dass sie gezogen worden war.
    Roland hatte sie in diese Welt gezogen … mittels Magie.
    Eddie hatte sie durch Liebe an sich gezogen.
    Das hatte auch Jake getan.
    Großer Gott, war sie schon so lange hier gewesen und hatte so viel durchgemacht, ohne zu erkennen, was Ka-Tet war, was es bedeutete? Ka-Tet bedeutete Familie.
    Ka-Tet bedeutete Liebe.
    Zeichnen bedeutete, Striche mit Bleistift – auch mit Kohle oder Pastellstift – zu ziehen.
    Ziehen oder anziehen bedeutete auch faszinieren, anlocken oder heranziehen. Jemanden aus sich hervorlocken.
    Die Drawers waren die Orte gewesen, zu denen Detta sich hingezogen fühlte, wo sie ihre Selbstverwirklichung gesucht hatte.
    Patrick, dieses zungenlose Wunderkind, in der Wildnis gefangen. In den Drawers gefangen. Und nun? Nun?
    Jetzt isser mein Für-gut, dachte Susannah/Odetta/Detta, griff in ihre Umhängetasche, um das Glas herauszuholen, und wusste genau, was sie tun und weshalb sie’s tun würde.
    Als sie ihm den Zeichenblock zurückgab, ohne das erste Blatt mit ihrem Porträt abzureißen, wirkte Patrick schwer enttäuscht.
    »Nar, nar«, sagte sie (und mit der Stimme vieler). »Du sollst bloß noch eine Kleinigkeit ändern, bevor ich es auf ewig als meinen schönsten und kostbarsten Besitz an mich nehme, der mich stets daran erinnern soll, wie ich an diesem Wo, in diesem Wann ausgesehen habe.«
    Sie hielt ihm eines der rosa Gummistücke hin und verstand jetzt, weshalb Dandelo sie abgeschnitten hatte. Er hatte gute Gründe dafür gehabt.
    Patrick nahm es entgegen, drehte es zwischen den Fingern und runzelte die Stirn, als hätte er solch ein Ding noch nie gesehen. Susannah war überzeugt, dass er schon einmal eines in der Hand gehalten hatte – aber vor wie vielen Jahren? Wie kurz mochte er davor gewesen sein, sich seines Peinigers ein für alle Mal zu entledigen? Und weshalb hatte Dandelo ihn damals nicht einfach umgebracht?
    Weil er sich in Sicherheit gewiegt hat, nachdem er ihm die Radiergummis weggenommen hatte, dachte sie.
    Patrick sah verwirrt zu ihr auf. Fühlte sich unwohl in seiner Haut.
    Susannah setzte sich neben ihn und deutete auf den Makel auf der Zeichnung. Dann umfasste sie Patricks Handgelenk mit zarten Fingern und zog es aufs Papier herunter. Er sträubte sich anfangs, aber dann ließ er zu, dass sie seine Hand mit dem rosa Gummistück dirigierte.
    Sie dachte an den Schatten, der übers Land gefallen und gar kein Schatten, sondern eine Herde großer, zottiger Tiere gewesen war, die Roland Bannock nannte. Sie erinnerte sich, wie sie den Staub hatte riechen können, als Patrick begonnen hatte, ihn zu zeichnen. Und sie dachte daran, wie die Herde tatsächlich näher gewesen zu sein schien, als sie in Wirklichkeit war, nachdem Patrick sie näher gezeichnet hatte (künstlerische Freiheit, und wir sagen alle unseren Dank). Sie erinnerte sich, dass sie geglaubt hatte, ihre Augen hätten sich angepasst, und staunte jetzt darüber, wie dumm sie gewesen war. Als ob Augen sich an die Ferne gewöhnen konnten, wie sie sich an die Dunkelheit gewöhnten.
    Nein, Patrick hatte sie näher herangeholt. Er hatte sie herangeholt, indem er sie näher gezeichnet hatte.
    Als die Hand mit dem Radiergummi fast das Papier berührte, nahm sie die eigene Hand weg – es musste allein Patricks Werk sein, dessen war sie sich irgendwie sicher. Sie bewegte die Finger hin und her, um zu demonstrieren, was sie wollte. Er verstand nicht. Sie wiederholte die Pantomime, dann zeigte sie auf das Geschwür neben ihrer vollen Unterlippe.
    »Mach es weg, Patrick«, sagte sie und war von der Festigkeit der eigenen Stimme überrascht. »Es ist hässlich, mach es weg.« Sie wiederholte ihre Radierbewegung in der Luft. »Radier es

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