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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einschlief. Sie wusste auch, dass sie so steif aufwachen würde, dass es schwierig und schmerzhaft sein würde, sich auch nur hinzusetzen. Aber das war ihr jetzt egal. Ein Gefühl großer Zufriedenheit erfüllte sie. Zum Teil rührte es natürlich daher, dass sie warm und reichlich gegessen hatte, aber das war nicht alles. Ihr Wohlbehagen kam zum größeren Teil daher, dass sie einen Tag lang hart gearbeitet hatte – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dass sie etwas für sich getan hatten, statt sich nur treiben zu lassen.
    Jesus, dachte sie, ich glaube, ich werde auf meine alten Tage noch zur Republikanerin.
    Dann fiel ihr noch etwas anderes auf: wie still es hier war. Kein Laut außer dem Seufzen des Windes, dem Wispern des Schneeregens (jetzt allmählich nachlassend) und dem Prasseln des herrlichen Feuers.
    »Roland?«
    Er sah von seinem Platz am Feuer zu ihr herüber und zog dabei die Augenbrauen hoch.
    »Du hustest nicht mehr.«
    Er lächelte und nickte. Sie nahm sein Lächeln in den Schlaf mit, aber es war dann Eddie, von dem sie träumte.
     
     

9
     
    Sie blieben drei Tage in ihrem Lager am Bach, und in dieser Zeit lernte Susannah mehr über die Herstellung von Lederkleidung, als sie je für möglich gehalten hätte (und sehr viel mehr, als sie wirklich wissen wollte).
    Indem sie das Bachufer ungefähr eine Meile weit in beiden Richtungen absuchten, fanden sie geeignete Stücke von Baumstämmen, für beide einen. Während sie unterwegs waren, weichten die Felle in der provisorischen Wanne ein, die nun mit einer dunklen Brühe aus Wasser und Asche gefüllt war. Sie stellten die Stammstücke schräg an zwei Weiden (nebeneinander, damit sie Seite an Seite arbeiten konnten) und verwendeten dann die Chert-Schaber, um die Häute von Haaren zu befreien. Dafür brauchten sie einen Tag. Als sie damit fertig waren, schöpften sie die »Wanne« aus, drehten das Hirschfell um und füllten die Grube wieder, diesmal mit einer Mischung aus Wasser und zerstampftem Hirn. Dieses Verfahren zur Gerbung war ihr neu. Sie weichten die Häute über Nacht in der Brühe ein, und während Susannah damit beschäftigt war, Sehnen zu Nähfäden zu verarbeiten, schärfte Roland sein Messer wieder und schnitzte dann damit ein halbes Dutzend Knochennadeln. Danach bluteten alle seine Finger von Dutzenden von nicht sehr tiefen Schnitten. Er bestrich sie mit feuchter Holzasche, sodass die Hände aussahen, als trüge er große, plumpe grauschwarze Handschuhe. So schlief er dann auch. Als er die Asche am nächsten Morgen im Bach abwusch, sah Susannah erstaunt, dass die Schnittwunden schon deutlich zu heilen begonnen hatten. Daraufhin betupfte sie auch das hartnäckige kleine Geschwür neben ihrer Unterlippe mit etwas Holzasche, aber das Zeug brannte derart fürchterlich, dass sie es schleunigst wieder abwusch.
    »Ich möchte, dass du mir dieses gottverdammte Ding wegschneidest«, sagte sie.
    Roland schüttelte den Kopf. »Wir lassen ihm noch etwas Zeit, von allein zu heilen.«
    »Warum?«
    »An einem Geschwür herumzuschneiden ist immer schlecht, wenn’s nicht unbedingt sein muss. Vor allem hier ›jod-wä-deh‹, wie Jake gesagt hätte.«
    Sie stimmte dem zu (ohne sich die Mühe zu machen, seine Aussprache zu korrigieren), aber als sie sich zur Ruhe legte, krochen ihr unangenehme Bilder in den Kopf: Phantasiebilder davon, wie der Pickel immer größer wurde, ihr Gesicht Stück für Stück wegfraß und ihren ganzen Kopf in einen schwarzen, verkrusteten, blutenden Tumor verwandelte. In der Dunkelheit besaßen solche Bilder grausige Überzeugungskraft, aber zum Glück war sie zu müde, um sich lange von ihnen wach halten zu lassen.
    Am zweiten Tag im Gerberlager, wie Susannah es nun insgeheim nannte, baute Roland über einem neuen Feuer, das klein und langsam brannte, ein großes, ziemlich wackeliges Gestell. Sie räucherten je zwei Häute gleichzeitig und legten sie dann beiseite. Der Geruch des fertigen Produkts war überraschend angenehm. Es riecht wie Leder, dachte Susannah, als sie eines an ihr Gesicht hielt, und musste dann lachen. Schließlich war es genau das.
    Den dritten Tag verbrachten sie mit »Schneiderei«, und hier übertraf Susannah den Revolvermann endlich einmal. Roland nähte mit weit gesetzten, nur halbwegs brauchbaren Stichen. Sie glaubte, dass seine Westen und Leggings gerade einmal einen Monat lang zusammenhielten, vielleicht auch zwei, sich dann jedoch allmählich auflösen würden. Sie selbst war da weitaus

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