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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Er wird einen Blick darauf werfen und darüber lachen! Er wird dich auslachen! »Oh, sieh dir das an!« wird er sagen. »Hat die Memme was geschnitzt?«
    »Sei still«, murmelte Eddie.
    Der Revolvermann zog die Brauen hoch.
    »Nicht du.«
    Roland nickte ohne Überraschung. »Dein Bruder besucht dich häufig, Eddie, richtig?«
    Einen Moment sah Eddie ihn nur an, ohne seine Schnitzerei aus dem Leder zu holen. Dann lächelte er. Es war kein sehr angenehmes Lächeln. »Nicht so oft wie früher, Roland. Gott sei Dank.«
    »Ja«, sagte Roland. »Zu viele Stimmen liegen einem Mann schwer auf dem Herzen… was ist es, Eddie? Zeig es mir bitte.«
    Eddie hielt das Stück Eschenholz hoch. Der fast vollständige Schlüssel kam daraus hervor wie der Kopf einer Galionsfigur am Bug eines Schiffes… oder die Klinge eines Schwertes aus einem Stein. Eddie wußte nicht, wie genau es ihm gelungen war, die Form des Schlüssels zu gestalten, den er im Feuer gesehen hatte (und er vermutete, er würde es auch nie erfahren, wenn er nicht das richtige Schloß fand, um ihn auszuprobieren), aber er dachte, daß er nahe dran war. In einem war er sich jedenfalls ganz sicher: Es war bei weitem die beste Schnitzerei, die er je gemacht hatte. Bei weitem.
    »Bei den Göttern, Eddie, das ist wunderschön!« sagte Roland. Die Apathie war aus seiner Stimme verschwunden; er sprach in einem Tonfall überraschter Ehrerbietung, den Eddie noch nie bei ihm gehört hatte. »Ist es fertig? Noch nicht ganz, oder?«
    »Nein – nicht ganz.« Er strich mit dem Daumen über den dritten Zahn, dann über die S-Form am Ende des dritten Zahns. »An diesem Zahn muß ich noch ein wenig arbeiten, und die Krümmung am Ende ist noch nicht richtig. Ich weiß nicht, woher ich das weiß; ich weiß es eben.«
    »Das ist dein Geheimnis.« Es war keine Frage.
    »Ja. Wenn ich nur wüßte, was es bedeutet.«
    Roland sah sich um. Eddie folgte seinem Blick und sah Susannah. Die Tatsache, daß Roland sie zuerst gehört hatte, spendete ihm eine gewisse Erleichterung.
    »Was macht ihr Jungs noch so spät auf? Auf’n Busch klopfen?« Sie sah den Holzschlüssel in Eddies Hand und nickte. »Ich habe mich schon gefragt, wann du das herumzeigen würdest. Weißt du, es ist gut. Ich weiß nicht, wozu es taugt, aber es ist verdammt gut.«
    »Du hast keine Ahnung, welche Tür es öffnen könnte?« wandte sich Roland an Eddie. »Das war nicht Teil deines Khef?«
    »Nein – aber es könnte für etwas taugen, auch wenn es noch nicht fertig ist.« Er hielt Roland den Schlüssel hin. »Ich möchte, daß du es für mich aufbewahrst.«
    Roland nahm es nicht. Er sah Eddie eindringlich an. »Warum?«
    »Weil… nun… weil ich glaube, daß mir jemand gesagt hat, du solltest es.«
    »Wer?«
    Dein Junge, dachte Eddie plötzlich, und kaum war ihm der Gedanke gekommen, da wußte er, daß er stimmte. Es war dein gottverdammter Junge.
    Aber das wollte er nicht sagen. Er wollte den Namen des Jungen nicht einmal aussprechen. Das konnte ausreichen, Roland wieder ausrasten zu lassen.
    »Ich weiß nicht. Aber ich finde, du solltest es versuchen.«
    Roland griff langsam nach dem Schlüssel. Als seine Finger ihn berührten, schien ein heller Glanz den Schaft entlangzuflimmern, aber er war so schnell wieder erloschen, daß Eddie nicht sicher war, ob er ihn überhaupt gesehen hatte. Vielleicht war es nur das Sternenlicht gewesen.
    Rolands Hand schloß sich um den Schlüssel, der aus dem Ast wuchs. Einen Augenblick lang zeigte sein Gesicht keine Reaktion. Dann runzelte er die Stirn und legte den Kopf zu einer lauschenden Haltung schräg.
    »Was ist denn?« fragte Susannah. »Hörst du…«
    »Pssst!« Der Verwirrung in Rolands Gesicht folgte langsam Staunen. Er sah von Eddie zu Susannah und dann wieder zu Eddie. Seine Augen füllten sich mit einem tiefempfundenen Gefühl, so wie sich ein Krug mit Wasser füllt, wenn man ihn in einen Brunnen hält.
    »Roland?« fragte Eddie unbehaglich. »Alles in Ordnung?«
    Roland flüsterte etwas. Eddie konnte nicht verstehen, was es war.
    Susannah blickte ängstlich drein. Sie sah Eddie panisch an, als wollte sie fragen: Was hast du mit ihm gemacht?
    Eddie nahm eine Hand von ihr zwischen seine beiden. »Ich glaube, es ist alles in Ordnung.«
    Roland klammerte die Hand so fest um das Stück Holz, daß Eddie kurz befürchtete, er könnte es entzweibrechen, aber das Holz war kräftig. Der Hals des Revolvermanns schwoll an; sein Adamsapfel hüpfte, als er zu sprechen versuchte. Und

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