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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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berührte ihre Brüste, sondern Hart Thorin mit seinen langen und knochigen Fingern. Sie sah in den Spiegel und erblickte ihn, wie er ihr wie ein Inkubus über die Schulter sah. Seine Augen quollen aus den Höhlen, er hatte trotz der Kühle in dem Zimmer große Schweißperlen auf der Stirn, und seine Zunge hing buchstäblich wie die eines Hundes an einem heißen Tag aus dem Mund. Ekel stieg ihr im Hals empor wie der Geschmack von verdorbenen Speisen. Sie versuchte, sich ihm zu entziehen, aber er hielt sie nur noch fester und zog sie an sich. Seine Knöchel knackten widerwärtig, und nun konnte sie den harten Wulst in seiner Leibesmitte spüren.
    In den vergangenen Wochen hatte Susan manchmal die Hoffnung gehegt, dass Thorin außerstande sein würde, wenn der Zeitpunkt gekommen war – dass er nicht in der Lage wäre, ein Eisen aus der Esse zu ziehen. Sie hatte gehört, dass Männern so etwas häufig passierte, wenn sie ein gewisses Alter erreicht hatten. Der harte, pochende Stab, der an ihrem Hintern lag, machte dieses Wunschdenken im Handumdrehen zunichte.
    Sie hatte wenigstens ein gewisses Maß Diplomatie aufgebracht, indem sie einfach ihre Hände auf die seinen legte und von ihren Brüsten wegzog, anstatt wieder von ihm abzurücken (Cordelia blieb gleichgültig, als sie diesen Teil der Geschichte hörte, und ließ sich die große Erleichterung darüber nicht anmerken).
    »Bürgermeister Thorin… Hart… Ihr dürft nicht… es ist weder der Ort noch die Zeit… Rhea hat gesagt…«
    »Scheiß auf sie und alle Hexen!« Sein kultivierter Politikertonfall war einer Sprechweise gewichen, die so breit war wie die eines hinterwäldlerischen Farmarbeiters aus Onnies Furt. »Ich muss etwas haben, ein Bonbon, aye, das muss ich. Scheiß auf die Hexe, sage ich! Eulenscheiße auf sie!« Der Tabaksgeruch hüllte ihren Kopf wie eine dicke Wolke ein. Ihr war, als müsste sie sich übergeben, wenn sie ihn noch länger einatmen musste. »Bleib einfach stehen, Mädchen. Bleib stehen, meine Versuchung. Und gib fein Acht!«
    Irgendwie gelang es ihr. Es gab sogar einen entlegenen Teil ihres Verstandes, einem einzig und allein auf Selbsterhaltung ausgerichteten Teil, der hoffte, er würde ihre Krämpfe des Ekels für jungfräuliche Erregung halten. Er hatte sie fest an sich gezogen, bearbeitete mit den Händen hektisch ihre Brüste, und sein Atem blies wie eine stinkende Dampfmaschine in ihr Ohr. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und hatte die Augen geschlossen, während ihr die Tränen zwischen den Lidern und den Spitzen ihrer Wimpern hervorquollen.
    Er brauchte nicht lang. Er rieb sich an ihr hin und her und stöhnte dabei wie ein Mann mit Magenkrämpfen. Einmal leckte er ihr das Ohrläppchen, und Susan glaubte schon, ihre Haut würde sich vor Ekel vom Körper abschälen. Schließlich spürte sie voller Dankbarkeit, wie er an ihr zuckte.
    »Oh, aye, raus mit dir, du verdammtes Gift!«, sagte er mit einer fast piepsenden Stimme. Er stieß so heftig zu, dass sie sich mit den Händen an der Wand abstützen musste, damit sie nicht mit dem Gesicht voran dagegen gerammt wurde. Dann trat er endlich einen Schritt zurück.
    Einen Augenblick lang blieb Susan nur stehen, wie sie war, und presste die Hände auf die kalten Steine der Nähkammerwand. Sie konnte Thorin im Spiegel sehen, und in seinem Bild erblickte sie das gewöhnliche Schicksal, das auf sie zugerast kam, das gewöhnliche Schicksal, von dem das eben nur ein Vorgeschmack war: das Ende ihrer Mädchenzeit, das Ende der Romantik, das Ende von Träumen, in denen sie und Roland Stirn an Stirn in einem Weidenwäldchen lagen. Der Mann im Spiegel sah selbst auf seltsame Weise wie ein Junge aus, einer, der etwas angerichtet hatte, was er seiner Mutter nicht erzählen würde. Nur ein großer und schlaksiger Bursche mit seltsam grauem Haar und schmalen, bebenden Schultern und einem feuchten Fleck auf der Vorderseite der Hose. Hart Thorin sah aus, als wüsste er nicht recht, wo er sich befand. In diesem Augenblick war die Lust aus seinem Gesicht gewichen, doch was stattdessen kam, war nicht besser – diese leere Verwirrung. Es war, als wäre er ein Eimer mit einem Loch im Boden: Was man auch hineinfüllte, oder wie viel, nicht lange, und es lief unweigerlich wieder heraus.
    Er wird es wieder machen, dachte sie und spürte, wie eine grenzenlose Müdigkeit sie überkam. Jetzt, wo er es einmal gemacht hat, wird er es wahrscheinlich immer wieder machen, wenn er die Möglichkeit dazu bekommt. Wenn

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