Der Eden Effekt
Assessment nicht.«
Hart tippte mit dem Zeigefinger auf die Akte. »Diese Fachzeitschrift wendet sich vor allem an Denkfabriken, die sich auf Globalisierung und Internationales Recht spezialisiert haben, und an aufstrebende Politiker. Die meisten Beiträge stammen von nicht staatlichen Organisationen, Beratern und von Politikern gekauften Autoren. Diese Richtung.«
Randall schlug die Akte auf und schob ein Dokument über den Tisch. »Wir haben Sie aufgrund Ihres anthropologischen Fachwissens zu uns gebeten.«
»Die Welt ist voller Anthropologen. Warum lassen Sie mich aus New Mexico einfliegen?«
Hart lächelte verkrampft. »Dr. Cole, die Anwendung anthropologischer Theorien ist für Sie mehr als nur eine intellektuelle Übung. Sie haben gesehen, was passiert, wenn Regierungen scheitern. Sie mussten die Leichen untersuchen. Das war keine rein akademische Arbeit.«
»Außerdem hoffen wir auf Ihre Diskretion«, fügte Randall hinzu. »Sie hatten schon mit kulturell sensiblen Situationen zu tun. Und im Gegensatz zu vielen Ihrer Kollegen sind Sie in der Lage, Gesamtzusammenhänge zu erkennen.«
»Gesamtzusammenhänge?« Verwundert las Maureen den Titel des kopierten Artikels: Der Zusammenbruch des Nationalstaates: Ein prognostisches statistisches Modell. Der Autor war Dr. Mark Schott. Maureen überflog die Zusammenfassung.
Ein wenig verwirrt begann sie daraufhin den Artikel zu lesen oder vielmehr das, was sie angesichts der komplizierten statistischen Gleichungen, die die Hälfte des Textes ausmachten, lesen konnte. Die anderen warteten schweigend. Nachdem Maureen ihre Lektüre beendet und eine halbe Tasse Kaffee getrunken hatte, hob sie den Blick.
»Eine interessante Arbeit. Archäologen arbeiten seit Jahren an Modellen, die den kulturellen Zusammenbruch von Zivilisationen erklären. Warum versetzt Sie gerade dieser Artikel in Aufregung?«
Phil Hart lehnte sich zurück. »Für Sie sind das keine Neuigkeiten?«
Maureen schob die Blätter hin und her. »Ich bin mir nicht sicher. Ehrlich gesagt ist Statistik nicht meine Stärke.«
Jacobs beugte sich vor. »Was halten Sie von den sieben aufgeführten Phasen?«
Maureen blätterte zurück zu der entsprechenden Seite und las die Überschriften. »Erstens: Der technologische Fortschritt ermöglicht eine erhöhte Ausbeutung der Ressourcen, wodurch Überschüsse erzeugt werden.« Sie schaute ihn an. »Das ist nichts Neues.«
»Und Punkt zwei?«, fragte Randall.
»Zweitens: Die Bevölkerung wächst proportional zu den vermehrt zur Verfügung stehenden Ressourcen. Diese Theorie geht auf Thomas Malthus zurück, der sie Anfang des 18. Jahrhunderts aufgestellt hat.« Maureen las weiter. »Drittens: Es kommt zu Spezialisierungen, in der Gesellschaft bilden sich Schichten, Handelswege werden gebaut, die Wirtschaft blüht. Das alles ist zweifellos richtig.«
Randall nickte zustimmend. »Wir sind ganz Ihrer Meinung. Es ist Punkt vier, der uns Sorgen bereitet.«
Maureen widmete sich wieder dem Text. »Viertens: Klimaveränderung in Verbindung mit der Ausbeutung von Ressourcen und dem Anwachsen der Bevölkerung erzeugt Mangel.« Sie verstummte einen kurzen Augenblick. »Das haben wir immer wieder dokumentiert. Nehmen Sie irgendeine beliebige Kultur. Die Flachland-Maya, die Anasazi, Cahokia, Mohenjo-Daro, die Indus-Kultur und sogar das alte Rom. Alles kein Grund zur Panik.«
»Und Punkt fünf?«, fragte Randall.
»Fünftens: Es kommt zu Mangel, wodurch sich Angst und Unruhe ausbreiten, was zu extremistischen, messianischen und nativistischen Bewegungen führt.« Maureen blickte auf. »Ich nehme an, Sie denken an meinen Vortrag über Religion und die Frage, wie Mangel islamistische fundamentalistische Bewegungen stärkt. Mit diesem Thema habe ich mich immer wieder auseinandergesetzt.«
»Und sechstens?«, fragte Hart.
»Sechstens: Konflikte brechen aus. Teile der Bevölkerung suchen sich neue Siedlungsräume. Epidemien breiten sich aus, und Handelswege werden abgeschnitten. Die Produktion stagniert, während Sozialsysteme zusammenbrechen.« Maureen zögerte keine Sekunde. »Bleibt noch Punkt sieben: Systeme brechen zusammen, und das Chaos bricht aus.«
Amy Randall hatte einen Stift aus der Tasche genommen und machte sich Notizen. »Ich nehme an, auch das ist keine Neuigkeit für Sie.«
Maureen rutschte auf dem Stuhl nach vorn. »Genau das haben wir in archäologischen Veröffentlichungen immer wieder beschrieben. Aber Sie brauchen mich nicht nach Washington einzufliegen,
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