Der Eden Effekt
Berge sind dennoch immer etwas Besonderes.«
»Unsere Büros werden Ihnen gefallen. Sie liegen außerhalb von Oberau am Fuße der Alpen.«
»Ich habe so viele Fragen«, unterbrach LeFevre ihr Gespräch. »Wie weit sind Sie mit der Stress-Statistik? Stress in einem Gesellschaftssystem zu messen, das ist sehr subjektiv. Ich persönlich ...«
»Pierre«, mischte Stephanie sich ein. »Lassen Sie Dr. Schott doch erst einmal richtig ankommen. Er hat einen langen Flug hinter sich. Und dann auch noch zusammen mit Gunter. Gönnen Sie ihm etwas Zeit zum Entspannen.«
»Tut mir leid.« Pierre grinste. »Ich habe einfach so viele Fragen.«
Stephanie lachte. »Klar. So viele Fragen. Nur Statistiken und kein Leben.«
»Ich habe ein Leben«, widersprach LeFevre.
»Ja, ein intimes Verhältnis mit einem Computer.« Sie wandte sich wieder Mark zu. »Aber er hatte seit dem Studium keine Verabredung mehr mit einer Frau. Und ich habe gehört, es war sogar damals eine Verabredung mit seiner Mathematikprofessorin.«
Pierre verzog das Gesicht, lächelte und zuckte mit den Schultern. »Wenn Gott eine intelligente Frau erschaffen würde, wäre ich vielleicht geneigt, sie einzuladen und einen wunderschönen Abend mit ihr zu verbringen.«
»Was für ein Vergnügen«, flüsterte Stephanie Mark in verschwörerischem Ton zu, »den ganzen Abend Gleichungen auf die Tischdecke zu kritzeln.«
Mark betrachtete Stephanie Huntz aus den Augenwinkeln und bewunderte ihren schönen Busen und die schmale Taille, die man unter der taillierten Jacke erahnen konnte. Der Rock war im Sitzen hochgerutscht, und die dunklen Nylonstrümpfe betonten ihre hübschen Beine. Sie trug keinen Ring. Doch heutzutage hatte das nichts zu bedeuten.
»Und was macht man in Oberau? Ich meine nach Feierabend?«
»Fahren Sie Ski?«
»Ich hatte nie die Zeit, es zu lernen. Ich wäre ein ungeschickter Anfänger.«
»Garmisch-Partenkirchen ist nicht weit entfernt. Im Winter ist der Ort ein wahres Urlaubsparadies mit vielen Restaurants und Geschäften. Das Nachtleben hat alles zu bieten, was man sich wünschen kann. Aber wenn Ihnen Großstädte besser gefallen, auch München ist nur eine halbe Autostunde entfernt. Theater, Oper, Luxusgeschäfte, fantastische Restaurants, Museen und Kirchen. Dort finden Sie alles.«
Mark, der von Stephanie regelrecht verzaubert war, bemerkte erst jetzt, dass sie mit großer Geschwindigkeit fuhren und förmlich über die linke Spur flogen. Das also ist die Autobahn , dachte er.
Sogar in Wyoming, diesem großen, weiten Land, war es ihm niemals gelungen, seinen BMW auch nur annähernd auszufahren. Die Gefahr, ein Reh oder eine Antilope zu überfahren, war zu groß. Außerdem stand überall die Highway-Polizei und schrieb saftige Strafzettel, um die Staatskasse zu füllen.
»Ja«, verkündete er. »Ich glaube, hier wird es mir gefallen.«
6. KAPITEL
MAUREEN COLE BEOBACHTETE Anika French und sah, wie verwirrt sie war.
»Sie wussten nicht, dass das hier veröffentlicht worden ist?«
»Nein.« Das Blut war aus Anikas Gesicht gewichen, und die Sommersprossen auf ihrer hellen Haut traten deutlich hervor. Sie warf Maureen einen traurigen Blick zu. »Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat.«
»Er wird als Autor genannt. Die Veröffentlichung des Artikels hat große Aufregung verursacht. Bis hinauf ins Außenministerium.«
»Aber ... warum?«
»Es ist eine beeindruckende Arbeit.«
»Dieser Artikel? Er ist nicht einmal vollständig.«
»Ich weiß.«
»Sie wissen es?« Anika war wie gelähmt.
»Fred Zoah ist fasziniert. Wissen Sie, wer das ist?«
»Natürlich. Einige seiner Arbeiten bilden die Grundlage für meine Ideen.« Anika blätterte zum Ende des Artikels. »Wo sind die Quellenangaben?«
»Es gibt keine.«
Anika schluckte.
»Das ist jetzt nicht das Problem, Ms French. Niemand stellt Ihre Integrität in Frage. Aber Dr. Zoah war mit vielen Ihrer Statistikformeln nicht vertraut.«
»Viele basieren auf Mustern, die sich aus paläoklimatischen Daten ergaben. Ich habe Klimawandelmodelle miteinander kombiniert, um gesellschaftliche Kräfte nachzubilden. Sie lassen sich gut mit Modellen wie zum Beispiel denen von Zoah verbinden, die den Zusammenbruch alter Kulturen simulieren.«
»Eine brillante Arbeit. Die Frage ist: Funktioniert das Modell, wenn die richtigen Variablen in die Gleichungen eingefügt werden?«
Anika schob ihren Stuhl zurück. »Verstehen Sie das Konzept des Umkipppunktes?«
»Natürlich. Der Terminus stammt
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