Der Eden Effekt
bewusst war, dass Mason und Card die Szene beobachteten, hob die Hände. »Bei allem Respekt, aber es ist zu spät für gegenseitige Schuldzuweisungen. Eines kann ich Ihnen versichern: Die Leute, die Dr. French entführt haben, waren echte Profis. Sie haben das St. Regis heimlich beobachtet, sich genauestens informiert und die Ankunft des FBI brillant für ihre Zwecke benutzt.«
»Uns benutzt?«, rief Scalia.
»Sie benutzt.« Skip stützte sich auf den Tisch. »Gallaghers Team hatte keine Ahnung, um was es überhaupt ging. Eine Gruppe Professoren beschützen? Vor wem? Sie mussten den Eindruck gehabt haben, dass sie da eine ganz ruhige Kugel schieben können. In einem Fünsternehotel herumhängen und dafür sorgen, dass kein Unbefugter den sechsten Stock betritt. Sie kannten weder das Hotelpersonal noch die Abläufe hier, und sie waren nur flüchtig in den Job eingewiesen worden. Sie waren überhaupt nicht in der Lage dazu, in dieser konkreten Situation Bedrohungen als solche zu erkennen.«
Monica Scalia, die noch immer vor Wut kochte, goss sich eine Tasse Kaffee ein.
»Die Frage ist«, sagte Bob Mason, »wer Dr. French entführt hat.«
Skip richtete sich auf und setzte sich hin. »Ich wette ECSITE. Alles passt. Anika hat es sogar vorhergesagt. Versetzen Sie sich in Kasperskis Lage. Er hatte Mark Schott, der an dem Modell gearbeitet hat und wahrscheinlich gut vorankam, bis er in Garmisch entführt wurde.
Nun, ich weiß nur das, was ich gestern hier gehört habe, aber ich schätze, Kasperski hat nicht nur seinen einzigen Anthropologen verloren, sondern auch sein Gesicht. Für einen Mann mit seinem Ruf ist es nicht hinnehmbar, sich eine Koryphäe wie Schott vor der Nase wegschnappen zu lassen. Er muss der Welt beweisen, dass er sich so etwas nicht gefallen lässt.«
»Und dann hat er French aus den Händen des FBI entführt«, sagte Card. »Das macht Sinn.«
»Mittlerweile hat Kasperski nicht nur herausgefunden, dass Schott gar nicht der Urheber des Modells ist«, fuhr Skip fort. »Jetzt hat er auch noch die einzige Person, die wirklich weiß, wie man es anwendet. Und der große Bonus ist, dass wir ihr gerade noch Gelegenheit gegeben haben, alles weiterzuentwickeln.«
»Mist!« Card schlug gerade auf den Tisch, als Bill Garcia mit einer Akte unter dem Arm hereinkam. Zwei Männer in Anzügen folgten ihm. Einer ging sofort auf einen der freien Arbeitsplätze zu, setzte sich und begann auf der Tastatur zu tippen.
»Was ist mit der Organisation, die Schott entführt hat?«, fragte Scalia. »Diese mysteriöse dritte Gruppe? Die Chinesen oder wer auch immer dahintersteckt. Sollen wir sie ignorieren?«
»Ich glaube nicht, dass das möglich ist«, erwiderte Skip in ernstem Ton. »Aber ich wette dennoch, es war Kasperski. Irgendjemand muss Mark Schott als Drogendealer denunziert haben. Für mich heißt das, dass Kasperski alles daransetzt, seinen Verlust so gering wie möglich zu halten, wenn es um Schott geht.«
»Und es wird immer interessanter«, sagte der Direktor der CIA. »John? Sind Sie so weit?«
»Gleich, Sir.«
Das Bild, das auf dem Monitor erschien, sah aus wie eine mit weißem Stuck verzierte Villa in den Bergen. Nach den Pflanzen und dem Winkel des Sonnenlichts zu urteilen, schätzte Skip, dass es eine Südlage irgendwo in Italien war. Aus den Fenstern und Türen quoll Rauch, und Feuerwehrleute spritzten Wasser auf das verschachtelte Hauptgebäude. Mit ihren Schläuchen und Stiefeln zerstörten sie den aufwendig gestalteten Garten.
»Was ist das?«, fragte Card.
»Nach Aussagen der Carabinieri vor Ort wurde gerade ein Drogenboss von seiner Konkurrenz ausgeschaltet. Fünfzehn Tote, größtenteils durch Handfeuerwaffen. Mindestens vier Blutlachen weisen darauf hin, dass weitere Opfer von den Tätern aus dem Haus geschafft wurden. Ersten kriminaltechnischen Untersuchungen zufolge wurden vorwiegend Heckler & Koch MP5 Maschinenpistolen eingesetzt. Bei dem Sprengstoff, der benutzt wurde, um die Türen zu zerstören, handelt es sich um spezielles C4 der NATO. Auf dem Esszimmertisch wurden Spuren von Heroin gefunden. Das nächste Bild.«
Auf dem Monitor waren nun die ausgebrannten Trümmer des Hausinneren zu sehen. Leichen lagen auf dem Boden, und alles war von Rauch geschwärzt.
»Weiter bitte.«
Das nächste Bild zeigte eine gesprengte Tür, die zu einer Treppe führte.
»Weiter.«
Nun sah man eine Art Kontrollzentrum. An den Wänden hingen Landkarten, und auf den Schreibtischen waren die
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