Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
angezogen fühlt. Ein Teil von dir glaubt sogar, dass du es nicht einmal verdient hast, dass Billy sich mit dir abgibt. Du denkst doch, dass er auf Distanz bleibt, weil er hofft, dass er eines Tages eine Frau trifft, die besser zu ihm passt.«
    Monique standen Tränen in den Augen. Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein.«

    »Du hast nur zu bereitwillig all diesen Unsinn geglaubt, den er erzählt hat. Dass er wegen seiner Mutter und seiner Arbeit und seinen Freunden nicht aus Berlin weg kann. Du warst unglaublich dankbar, wenn er sich einmal dazu bequemt hat, dich zu besuchen, aber meistens bist du es gewesen, die gereist ist, stimmt’s? Und immer wieder hast du dich gefragt, ob er nicht was mit einer Kundin anfangen könnte oder irgendwo noch eine andere Freundin hat, denn alle sind ja so verrückt nach ihm.«
    Monique deutete ein zustimmendes Nicken an. Caitlin hätte ihr noch sagen können, dass sie sich so sehr zu Bilal hingezogen fühlte, weil er ihr gleichzeitig das Gefühl von Gefahr und Sicherheit gab. Ein junger Moslem mit politischem Bewusstsein, der trotzdem einen aufgeklärten westlichen Eindruck machte. Er wirkte nicht so verbohrt wie diese bärtigen Fundamentalisten mit ihren mittelalterlichen Ansichten über Frauen. Mit solchen Leuten wollte Monique als Feministin nichts zu tun haben. Wenn sie aber einmal genauer über ihr Verhältnis zu Bilal nachdachte, müsste sie sich eingestehen, dass ihre Verbindung zu ihm mehr als brüchig war.
    »Du hattest übrigens Recht mit deinem Verdacht. Du bist nicht seine einzige Freundin.«
    Monique stöhnte laut auf. Jetzt war die Zeit reif. Caitlin griff in ihre Jackentasche und holte einen Umschlag heraus. Er stammte aus dem Aktenordner, der unter den Brettern im Bad gelegen hatte. Sie schüttelte eine Handvoll Fotos heraus, auf denen Bilal mit zwei verschiedenen Frauen zu sehen war. Auf den Fotos war das Datum vermerkt, sie waren nicht älter als sechs Monate.
    »Er hat sich auch mit einer belgischen Studentin angefreundet«, sagte Caitlin, als Monique mit zitternder Hand die Fotos entgegennahm. »Anya Delvaux, eine Teilzeit-Mitarbeiterin von Greenpeace in Brüssel. Und mit einer
Spanierin namens Sofia Calderon, einer engagierten Dokumentarfilmerin aus Barcelona.«
    Monique wurde blass und schwankte. »Eine Filmemacherin?«
    »Na ja, eine Möchtegern-Filmemacherin. Bislang hat sie nur ein paar selbst produzierte Videos ins Netz gestellt und bei ein oder zwei Wettbewerben mitgemacht. Ihr Geld verdient sie immer noch als Kellnerin.«
    Auf einem Foto waren Bilal und die sehr attraktive Spanierin zu sehen, wie sie sich im Park umarmten. Monique liefen Tränen übers Gesicht. Sie versuchte verzweifelt, ein Schluchzen zu unterdrücken.
    »Du scheinst sie ja gut zu kennen, diese Frauen.«
    Sie schaute sich alle Fotos an, die sie in der Hand hielt. Tränen tropften darauf. Bei den intimeren Bildern musste sie nach Luft schnappen.
    »O Gott«, stieß sie hervor. »Von mir hast du bestimmt ähnliche Fotos …«
    »Auch von dir«, gab Caitlin zu. »So leid es mir tut. Natürlich habe ich auch einen Ordner über dich angelegt, als ich dich als meine Zielperson ausgewählt habe.«
    Monique konnte sich nicht mehr halten und brach in Tränen aus. Sie weinte hemmungslos wie ein Kind, das gemerkt hat, dass es allein und verlassen dasteht. Caitlin legte ihr eine Hand auf den Ellbogen und führte sie zwischen den toten Vögeln hindurch auf eine menschenleere Seitenstraße zu. Die größere Straße belebte sich immer mehr. Hier war jetzt fast so viel los wie an einem normalen Tag.
    Monique fielen die Fotos aus der Hand. Sie landeten im giftigen Schmutzfilm, der die Straße bedeckte. Caitlin musste sich bücken, um sie aufzuheben.
    Und das rettete ihr das Leben.

22

Feldlazarett der US Army, Camp New Jersey, Kuwait
    Alles kam ganz langsam zurück, wie aus weiter Ferne: Bewusstsein, Empfindungen, Erinnerungen und der Schmerz. O ja, davon gab es wirklich viel. Alles erschien so trübe und vage, dass ihm die Rückkehr in den Wachzustand nicht sofort real erschien. Lange Zeit noch schwebte er weit weg irgendwo in den Nebelschwaden des Morphiums, unfähig und auch nicht willens, den Weg zurück in die Wirklichkeit zu finden. Dann aber drängte ihn der Schmerz zurück in die Welt. Die Wirkung der Betäubungsmittel ließ nach, und Melton merkte in einem Moment des Schwindels und aufkommender Übelkeit, dass er Schmerzen hatte, große Schmerzen, die von mehr als nur einem einzigen Ort

Weitere Kostenlose Bücher