Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
der ganze Himmel voller Migs. Iranische. Irakische. Unsere Leute haben sie vom Himmel geholt, aber sie konnten noch Hunderte von Bomben und Raketen loswerden, und manche davon haben ihr Ziel erreicht. Diese scheiß Scud-Raketen sind in Massen runtergekommen. Sie suchen sich ihre Ziele nicht aus und machen keinen Unterschied, bringen einfach jeden um, der gerade da ist, Iraker, Briten, Marines. Der reine Wahnsinn. Das ist ein wildes Gemetzel, aber kein Krieg.«
    Melton wollte schon fragen: Und was ist mit Washington?, da fiel ihm ein, dass die amerikanische Hauptstadt ja
nicht mehr existierte oder zumindest menschenleer war. Also sagte er: »Und was ist jetzt los? Hat sich die Lage beruhigt?«
    Shetty lächelte hinterhältig.
    »Ich sagte ja, die Regeln haben sich geändert. In Washington ist natürlich keiner mehr, der uns in den Arsch treten kann. General Franks hat sich mit einem Admiral in Pearl kurzgeschlossen. Der ist so was wie der Vorsitzende der kommandierenden Offiziere. Franks hat ihm gesagt: ›Ich werde diese Scheißkerle allesamt fertigmachen, wenn ihr einverstanden seid.‹ Und der Admiral, der ja keine Sesselfurzer mehr um Genehmigung bitten muss, hat gesagt: ›Ja, klar, okay, mach sie alle fertig.‹«
    Shetty zog ein letztes Mal an seiner Zigarette. Dann drehte er sie wie bei einem Zaubertrick um, löschte sie mit den Fingern und steckte sie anschließend in die Tasche, um sie später irgendwo draußen wegzuwerfen.
    »Und?«, fragte Melton. »Was ist dann passiert?«
    »Es passiert gerade jetzt«, sagte Shetty. »Navy und Air Force haben umgedreht und das iranische Abwehrnetz zerstört. Dann haben sie ihre Bodenstreitkräfte eliminiert. Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass Bagdad und Teheran von Marschflugkörpern angegriffen wurden und …« Er beugte sich nach vorn, als wollte er ein schwerwiegendes Geheimnis verraten. »… dass hundert oder noch mehr B-52-Bomber vom Pazifik hierher unterwegs sind, um das, was von beiden Städten noch übrig ist, unter einem Bombenteppich zu begraben. Nicht irgendein bescheuerter chirurgischer Eingriff, sondern sie werden einfach plattgemacht. Damit diese Moslems in ihren Bettlaken das nächste Mal besser nachdenken, bevor sie sich an uns vergreifen. Und die Chinesen wissen jetzt auch, dass wir immer noch eine große Nummer sind. Ich hab gehört, dass sie ein paar Raketen über Taiwan geschossen haben heute Morgen.«

    Melton bemühte sich, das alles aufzunehmen. Er bezweifelte, dass wirklich Hunderte von B-52-Bombern zur Verfügung standen, aber er ging davon aus, dass Shetty die Entwicklungen der letzten Tage halbwegs korrekt wiedergegeben hatte. Alles schien zu explodieren. Politische Manöver waren irrelevant geworden. Es ging nur noch darum, an einer Stelle rauszukommen, um sich an einem sicheren Ort zu etablieren.
    Aber wo?
    Er glitt in einen langen unruhigen Schlaf. Als er wieder erwachte, schlief Shetty. In der Krankenstation war es leiser, und draußen war das grelle Licht matter geworden. Melton fühlte sich etwas besser, nicht mehr ganz so benommen und schwach. Noch immer tat ihm alles weh, aber er konnte die verschiedenen Schmerzen jetzt identifizieren und sie einordnen, sie sozusagen beschriften und in eine Kiste packen, die er dann zumachte. Natürlich verschwanden die Schmerzen dadurch nicht, aber es half ihm, sie zu ertragen. Schmerzen wurden erträglicher, wenn man wusste, woher sie kamen und wann sie wieder vergehen würden.
    »Mr. Melton, Sie sind wach, das ist gut.«
    Melton drehte vorsichtig den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam. Ein hagerer, erschöpft aussehender Sanitäter mit tiefen Ringen unter den Augen hatte ihn offenbar bemerkt und kam mit seinem Klemmbrett auf ihn zu. Er schien griechische oder italienische Vorfahren zu haben und stand anscheinend kurz vor dem totalen körperlichen Zusammenbruch. Ein solcher Anblick war nichts Ungewöhnliches unter Soldaten. Wenn man weit hinter der Frontlinie auf so jemanden traf, war das allerdings kein gutes Zeichen.
    »Wie heißen Sie?«, fragte Melton. Er war mindestens fünfzehn Jahre älter als der Sanitäter und wahrscheinlich schon viel länger bei der Truppe, also nahm er sich die Freiheit, ihn direkt zu fragen.

    »Deftereos, Sir. Tony Deftereos.« Er wirkte leicht abwesend, fügte dann aber hinzu: »Sanitäter im 15. Marine-Expeditionskorps, Sir … ich soll auf Sie aufpassen.«
    »Sie gehören zur Navy? Was tun Sie dann hier?«
    »Oh, Sie wissen ja, überall herrscht

Weitere Kostenlose Bücher