Der Effekt - Roman
bald zugehen wird, und willst dich hier beweisen. Aber du weißt, dass es noch eine Menge anderer gibt, die das auch vorhaben. Wir sind durch die Stadt gefahren. Manche Häuser brennen schon. Andere werden geplündert. Hier und da liegen Tote auf den Straßen. Wir haben viele Gangs gesehen. Im Hafen, wo mein Boot liegt, haben sie eine Truppe, die Leute wie euch in ein paar Minuten fertigmacht. Das soll jetzt keine Beleidigung sein. Sie sind einfach nur besser ausgerüstet, besser trainiert und werden besser bezahlt, schätze ich. Jedenfalls haben wir eine Menge ehemaliger Soldaten am Hafen gesehen. So wie Mr. Shah und sein Freund in meinem Wagen da hinten.«
Der Capitán warf einen kurzen Blick hinter sie auf den Jeep, in dem die beiden Gurkhas standen und die Szene regungslos überwachten. Mit ihren schweren automatischen
Waffen waren sie eindeutig besser bewaffnet als seine Männer. Und Thapa trug sogar ein gekrümmtes Kukri-Messer im Gürtel.
Jules redete leise weiter, sanft und verführerisch, als würden sie sich schon lange kennen.
»Viele ehemalige Militärs gibt es hier aber nicht, hab ich Recht, Capitán? Außer dir. Du bist der einzige Profi hier, und du weißt, was passiert, wenn meine Männer da hinten das Feuer auf euch eröffnen. Ich werde wahrscheinlich auch erschossen, weil ich zu dicht vor dir stehe. Aber meine Freundin Fifi mit ihrem Maschinengewehr wird es vielleicht schaffen, in Deckung zu gehen, weil sie genug rumballern kann, um zu verhindern, dass jemand sie ins Visier nimmt. Und was Shah und Thapa betrifft - schau sie dir an. Die sind eiskalt. Sie wissen, was zu tun ist. Aber deine Jungs … na ja … wir wissen beide, was passiert, wenn denen die Kugeln um die Ohren pfeifen, oder? Also lass uns das lieber vermeiden. Lass uns eine Abmachung treffen. Auf diese Weise haben wir beide was davon. Vielleicht können wir anfangen, indem du mir deinen Namen verrätst.«
»Miguel Pieraro«, sagte er ruhig. »Ich bin kein Polizist, nein. Ich war Vaquero. Cowboy, Anführer.« Er warf sich stolz in die Brust. »Aber das war vorher. Ich habe im Norden gearbeitet, nahe der Grenze, für einen amerikanischen Viehbesitzer mit großen Herden in der Nähe vom Rio Grande. Ich hab die Oberaufsicht gehabt. Das Vieh hat Fleisch geliefert für McDonald’s.«
Er sprach den Namen der Fastfood-Kette mit großer Ehrfurcht aus, und mit einem wehmütigen Unterton. Jules trat einen Schritt zurück, um ihm mehr Raum zu lassen. Er war stolz und eindeutig mehr wert als die anderen in seiner Truppe. Die anzüglichen Rufe und Pfiffe seiner Kameraden waren inzwischen verstummt. Sie schauten ihnen aufmerksam zu, versuchten die Worte aufzuschnappen,
um herauszubekommen, was ihr Chef mit dieser weißen Schlampe verhandelte.
»Ich bringe Sie persönlich hin«, erklärte er. »Dann können wir über Ihr Angebot sprechen. Sie haben doch ein Angebot, oder?«
»Hab ich.«
Er nickte und wandte sich einem seiner Männer zu, der auf der Motorhaube eines alten Camaro lag und die Windschutzscheibe als Rückenlehne benutzte. Der Wagen hatte Rallye-Streifen, war total verrostet und mit Staub bedeckt.
»Roberto, du übernimmst hier! Ich bringe unsere neuen Freunde rüber zum Fairmont. Ruf mich über Funk an, wenn du mich brauchst. Die Telefone funktionieren nicht mehr.«
Jules bemerkte, dass Roberto genau wie Miquel rasiert und nüchtern war. Während sein Boss ein einziges Bündel von Muskeln und angespannter Kraft war, schien Roberto eher einen katzenartigen Körper zu haben. Er glitt von der Motorhaube und streckte sich. An Miquels Stelle hätte sie ihm nicht über den Weg getraut. Aber das war nun wirklich nicht ihr Problem.
Nach ein paar knappen Gesten der beiden Männer beeilten sich ihre Untergebenen, die Straßensperre zu öffnen. Pieraro gab Jules zu verstehen, dass sie ihm folgen sollte, und sie machte Fifi ein Zeichen, dass sie wieder in den Jeep steigen sollte. Nachdem sich die Situation nun entspannt hatte, erlaubte sie sich, die umliegende Gegend in Augenschein zu nehmen, während sie dem ehemaligen Cowboy durch das Spalier seiner herumlungernden Gefährten folgte. Sie hatten die Barrikade auf einer Avenida errichtet, die sie vorher wahrscheinlich nur aus der Ferne gesehen hatten. Modeboutiquen, Juweliere und teure Cafés säumten die Straße, die bis vor kurzem von herumflanierenden Reichen beherrscht worden war. Sie bemerkte
Läden von Givenchy, Prada und Armani, die alle geplündert und ausgebrannt waren. Am
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