Der Effekt - Roman
war unangenehm. Es hieß, in Portland sei eine chemische Fabrik explodiert, und er hatte den Eindruck, dass der giftige Regen durch seine Kleidung hindurch in alle Poren drang.
Die Fahrt nach Hause war glücklicherweise ereignislos. Keine Aufstände, kein Hinterhalt, nur die üblichen Kontrollposten der Army, die er problemlos passieren konnte, da er einen neuen Pass von Blackstone bei sich trug. Den ganzen Weg über fragte er sich, ob er nicht dem Beispiel von Barney folgen sollte. Vielleicht hätten sie alle gehen sollen.
Er sah die Kerzen in der Küche brennen, als er zu Hause ankam. Der Vorhang wurde beiseitegezogen. Er hielt an, schaltete den Motor aus und rannte zur Haustür, die sich für ihn öffnete.
»Komm schnell rein, Kip. Der Regen soll wieder richtig schlimm geworden sein.«
»Einen Moment noch«, sagte er und versuchte, so viel von der Flüssigkeit abzuschütteln wie nur möglich. Dann zog er seine verschmierten Stiefel aus.
»Komm, ich hab dir das Essen warm gehalten und dir ein Glas Whiskey eingeschenkt.«
»Danke, Liebling. Genau das brauche ich jetzt.«
»Barney hat angerufen«, sagte sie.
»Oh, dann weißt du ja Bescheid.«
»Ja … es tut mir leid, Kip. Die ganzen Menschen. Du musst dich schrecklich fühlen.«
Er trocknete sich mit einem Handtuch ab, das sie ihm gereicht hatte, und schloss die Tür. Er war froh, dem Regen entronnen zu sein.
»Na ja, es war wirklich kein besonders guter Tag«, sagte er müde. »Und dann noch die Sache mit Barney und dem Stadtrat …«
Barbara legte einen Finger auf den Mund und zog ihn ins Esszimmer. Im Ofen in der Küche stand ein abgedeckter
Teller, und auf dem Tisch stand eine Karaffe Whiskey.
»Es tut mir leid wegen heute Morgen«, sagte Barbara. »Ich hab mich schlecht benommen. Ich sollte dich nicht so unter Druck setzen. Entschuldige bitte.«
»Verdammt.«
Er kniff die Augen zu.
»Was?«
Er schaute sie an, peinlich berührt.
»Ich hab dieses dämliche Ferkel-Video vergessen.«
Sie starrte ihn eine Sekunde lang verständnislos an, dann mussten sie beide lachen.
28
Honolulu, Hawaii
Admiral Ritchie hatte Recht gehabt. Jed Culver, der Anwalt aus Louisiana, hatte nicht drei oder vier Geschäftsanzüge mit in den Urlaub genommen. Er nahm immer nur einen mit, für alle Fälle. Als er von dem Effekt gehört hatte, war er sofort in die Innenstadt gefahren und hatte sich vier neue Anzüge von der Stange gekauft und sie ändern lassen, damit sie richtig saßen. Wie immer waren es entweder blaue Nadelstreifenanzüge oder anthrazitfarbene ohne Streifen, beide einreihig. Er hatte sich für zwei von Brooks Brothers, einen von Zegna und einen sehr distinguierten von Armani entschieden. Bezahlt hatte er mit einer seiner europäischen Visa-Cards von der Barclay Bank in London. Dort hatte er drei Jahre lang als Miteigentümer bei Baker & McKenzie gearbeitet, bevor er in die Staaten zurückkehrte, um dort seine eigene Firma zu eröffnen. Die Visa-Cards von der Barclay Bank hatte er für eine Europareise mit Marilyn in Reserve, aber seit drei Tagen waren seine amerikanischen Plastikkarten von Amex, Diners und MasterCard nicht mehr zu gebrauchen. Die meisten Verkäufer nahmen sie nicht mehr an, und die Kartenautomaten funktionierten sowieso nicht mehr.
Mit seiner englischen Kreditkarte gab es bislang keine Probleme. Dennoch hatte er den Inhaber des Bekleidungsgeschäfts an der Beretania Street, einem sehr freundlichen und sehr naiven Mann namens Rajiv Singh klargemacht, dass er darauf achten sollte, sich das Geld so schnell wie
möglich auf seinem Konto gutschreiben zu lassen, also am besten sofort.
»Lassen Sie sich von den Burschen nicht hinhalten«, sagte er ihm. »Holen Sie sich so schnell wie möglich Ihr Geld. Und wenn Sie noch einen Tipp haben wollen: Hören Sie auf, Anzüge zu verkaufen. Ziemlich bald wird kein Mensch mehr so etwas haben wollen.«
Das musste er einem Mann wie Singh nicht zweimal sagen. Achtzig Prozent seines Umsatzes machte er mit Touristen vom Kontinent, die ziemlich viel Geld bei ihm ließen, um exklusive Freizeitkleidung zu erstehen. Die Abteilung für Geschäftsanzüge war nur ein Nebengeschäft. Als Jed Culver das nächste Mal an dem Laden vorbeikam, war er bereits geschlossen, und er sah Mr. Singh nie mehr wieder.
»Das war die beste Geldanlage aller Zeiten«, murmelte er vor sich hin, während er seinen neuen Lieblingsanzug, den Armani, anzog.
»Wie heißt denn das Modell, Jedi-Meister?«, fragte seine Frau verwirrt. Sie
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