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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verdreifacht«, sagte Ritchie. »Außerdem kann es unvorhersehbare Auswirkungen geben in der weiteren Zukunft. Millionen Leichen und radioaktiver Müll wurden durch das Niltal ins Mittelmeer geschwemmt, wo sie die Umwelt stark belasten und in die Nahrungskette übergehen.«
    Eine Frau neben Gouverneur Lingle sprang auf, hielt sich die Hand vor den Mund und verließ den Raum.
    Jed Culver, der neben der Tür stand, machte sie auf und ließ die Frau hinaus. Er schwitzte heftig und hatte ein fleckiges Gesicht.
    »General Franks hat mitgeteilt, dass die koordinierten Angriffe auf die US-Streitkräfte in der Region nachgelassen haben«, sagte Ritchie. »Die irakischen Streitkräfte haben um einen Waffenstillstand ersucht oder sind dabei, sich massenhaft zu ergeben. Die Iraner ziehen sich zurück. In beiden Ländern scheint keine staatliche Autorität mehr zu existieren, die diese Truppen befehligen könnte. In den Regionen des Irak, in denen wir nominell die Kontrolle haben, haben die lokalen Machthaber um humanitäre Hilfe gebeten. Ähnliche Anfragen gibt es aus Syrien und Ägypten. Auch der Iran hat uns um Unterstützung gebeten.«
    Er hielt inne, als ein republikanischer Senator aus Alaska laut und deutlich vor sich hinfluchte.
    »Unkoordinierte Angriffe von Freischärlern vor der Küste des Libanon und in Afghanistan halten an. General Musharraf hat einen weiteren Mordanschlag am Morgen nach dem Atomangriff überlebt. Er hat mich darüber informiert, dass Pakistan sich in höchster Alarmbereitschaft befindet, um gegen jeden loszuschlagen, der sein Land bedroht, egal ob Israel oder Indien.«

    Ritchie hob den Blick und schaute in die Kameras, die seinen Vortrag über den Pazifik bis nach Olympia und Anchorage übertrugen.
    »Ich habe keine Autorität mit einer legitimen Befehlsgewalt über mir, an die ich mich wenden könnte«, fuhr er fort. »Unsere eigenen Nuklearwaffen sind nutzlos ohne eine allgemein anerkannte Autorität. Ich kann jede Menge Befehle erteilen, aber die Kommandanten unserer Atom-U-Boote müssen sie nicht befolgen, weil hinter mir kein Präsident steht. Deshalb wurde diese Konferenz einberufen. Meiner Meinung nach wäre dieser schreckliche atomare … Holocaust … zu verhindern gewesen, wenn wir eine funktionierende staatliche Autorität, also einen Präsidenten und eine Notstandsregierung, gehabt hätten.«
    Er hatte das Wort »Holocaust« ohne größeres Nachdenken ausgesprochen, aber nachdem er es getan hatte, bereute er es nicht.
    »Es ist nicht Ihr Versagen«, erklärte er mit wachsendem Zorn in der Stimme, der seinen Worten widersprach. »Sie hatten die ganze Zeit die Aufgabe, Unmögliches zu leisten, um unsere eigene Krise in den Griff zu bekommen. Sollte es Ihnen jedoch nicht gelingen, bis heute Abend zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen, sollten Sie diesen Raum verlassen, ohne einen Plan, wie die staatliche Autorität der Vereinigten Staaten wiedererlangt werden kann, dann wird das, was heute geschehen ist, erneut passieren, und dann werden nach einem globalen atomaren Krieg nur Ruinen übrig bleiben und an unsere einstmals blühende Zivilisation erinnern.«
    Damit drehte er sich um und stürmte aus dem Raum.

31
    Seattle, Washington
    Suzie saß im Wohnzimmer und schaute sich zusammen mit ihrer Freundin Emma »Toy Story« an, als Kipper die Nachrichten hörte. Emmas Mutter besaß einen Transitausweis und einen Bezugsschein für das Lebensmittellager in Bellevue, und Kipper hatte den ganzen Morgen am Telefon verbracht, um mit Fort Lewis zu telefonieren - dieses »Privileg« hatte er dank seines neuen Status -, um sich zu vergewissern, dass dieses Mal genügend Sicherheitsmaßnahmen bei der Ausgabe ergriffen wurden. Er ging gerade die Liste sämtlicher Hilfszentren durch und befragte einen Lieutenant Soundso am anderen Ende der Leitung, als er hörte, wie Barbara in der Küche laut aufschrie.
    »Bleiben Sie da … ich rufe Sie gleich zurück«, sagte er. Sie hatte das Radio eingeschaltet und hörte die Nachrichten, auf die Kipper nicht sehr viel gab, da sie ja vom Militär zensiert wurden. Die gestrige Schießerei vor dem Warenhaus zum Beispiel war nur als »ernster Zwischenfall« bezeichnet worden, der den Beginn der Nahrungsmittelausgabe um einen Tag verzögerte. Mehr nicht.
    Das, was Barbara eben gehört hatte, musste etwas Ernsteres sein als die verharmlosenden Meldungen und Propagandasprüche, die Blackstones Leute durchgehen ließen. Barbara war schon von Natur aus recht blass, aber

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