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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gehen. Sie lebten dicht neben dem Unheil und hatten Angst, jeden Augenblick vernichtet zu werden. Aber man durfte trotzdem nicht zulassen, dass die Angstspirale immer weiterging.
    »Es wird sicher spät werden heute. Aber ich komme zurück. Mach dir keine Sorgen. Und verbringe nicht den ganzen Tag vor dem Radio. Das, was die durchgegeben haben, ist nicht unser Problem. Darum muss sich jemand anderes kümmern.«
    Barbara bemühte sich, ihre Angst zu besiegen. Sie war ein ganzes Stück kleiner als er, aber in mancher Hinsicht viel stärker. Er hätte sie gern bei seiner Unterredung mit General Blackstone dabeigehabt. Wenn sie sich den alten Sack vornehmen würde, dann würde er ganz bestimmt klein beigeben.
    Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn, sagte Suzie und Emma auf Wiedersehen und ging in dem Bewusstsein,
dass dies der einzige nette Moment des Tages gewesen war.
     
    »Lassen Sie sie jetzt frei!«
    »Das ist nicht der richtige Moment.«
    »Es ist genau der richtige Moment, sonst gehe ich. Und meine Leute werden auch gehen. Jeder Angestellte der Stadt wird gehen, und dann stehen Sie vor einem Scherbenhaufen«, sagte Kipper und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    General Blackstone saß im Halbschatten, verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. Nun saß er ganz im Schatten.
    »Das Ergebnis wird sein, dass Sie als der Mann in die Geschichte eingehen werden, der Amerika zerstört hat«, sagte er.
    Kipper schnaubte erbost. In dem unterirdischen Konferenzraum in Fort Lewis waren mindestens doppelt so viele Militärs wie Zivilisten anwesend. Das war zweifellos kalte Berechnung von Blackstone gewesen, um sie in die Enge zu treiben, aber Kipper hatte sich vorgenommen, dagegenzuhalten. Er hätte gern Barney neben sich gehabt, am liebsten mit zwei Äxten über der Schulter und richtig schön wütend. Der hätte Kleinholz aus diesen ganzen Idioten gemacht.
    »Amerika ist mehr als nur ein Fleck auf der Landkarte«, sagte Kipper. »Mehr als ein paar Geschäftsinteressen. Es ist nicht nur das Militär. Oder der Präsident. Tatsächlich ist fast gar nichts mehr davon da. Seit sie alle verschwunden sind, ist es auch weg. Ich bin nicht derjenige, der Amerika zerstört. Sie sind es, General. Amerika ist eine Idee. Ein Ideal, das die Menschen selbst geschaffen haben. Das sollten Sie sich mal vergegenwärtigen. Wenn Sie die gewählten Vertreter des Volkes einsperren, mögen sie auch noch so nutzlos und dumm sein, dann zerstören Sie dieses
Ideal von Amerika. Ich bin hierhergekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass wir da nicht mitmachen. Also lassen Sie diese Leute bitte wieder frei.«
    Blackstone hatte Kippers Angriff mit stoischer Miene ertragen, aber mit einem Mal schnellte er nach vorn und schlug mit beiden Händen auf den Tisch.
    »Wie können Sie es wagen! Sie kommen hier herein und machen ein freundliches Gesicht, und dann bringen Sie solche subversiven Sprüche …«
    »Ich bitte Sie. Wen wollen Sie denn da imitieren - Mc-Carthy? Das einzig Subversive hier sind Ihre Waffen und Ihre Behauptung, die Verfassung habe keine Bedeutung mehr. Ich bin hier, um Ihnen mitzuteilen, dass die Verfassung sehr wohl noch zählt. Wenn Sie kein Interesse haben, sie zu verteidigen, dann werden wir es tun.«
    Blackstone starrte ihn regungslos an, als müsste er sich von diesem Schlag erholen. Kipper fragte sich, ob er vielleicht zu weit gegangen war. Aber nein, verdammt. Er würde sich den Mund nicht verbieten lassen, selbst wenn er riskierte, eingesperrt zu werden. Er wagte nicht, seinen Blick zu senken, weil das womöglich als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden könnte. Die Anwesenheit von Dave Chugg und Marv Basco, die neben ihm saßen, beruhigte ihn, und er wusste, dass hinter ihm die Leute aus der Staatsverwaltung standen, die ihn zwar nicht direkt unterstützten, aber auch Blackstone nicht zustimmten.
    »Haben Sie noch keine Nachrichten gehört?«, fragte der General. »Sind Sie völlig verblödet?«
    Kipper lächelte grimmig.
    »Nachrichten? Nennen Sie das Nachrichten? Das Einzige, was verbreitet wird, sind zensierte Verlautbarungen Ihrer Leute.«
    »So, so«, sagte Blackstone. »Aber Sie haben vielleicht trotzdem mitbekommen, dass über Nacht ein Atomkrieg ausgebrochen ist. Glauben Sie nicht, dass Sie das in Ihre
Gedankengänge mit einbeziehen sollten? Wollen Sie die Stadt wirklich einer Horde wild gewordener Hühner überlassen, die sich nicht mal darüber verständigen können, welche Sorte Kekse sie angesichts des Endes der Welt

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