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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Transithangar in der Wüste aufstöberte. Dann hatte er darauf bestanden, seinen Kollegen persönlich die knapp fünfhundert Kilometer nach Kuwait-Stadt zu fahren.
    »Hast du nichts Besseres zu tun?«, fragte Melton, als sie in der Lounge auf seinen Flug nach England warteten.
    »Nun ja, ich bin ein streunender Reporter«, sagte Al-Mirsaad lächelnd, »streife umher, also bin ich. Ich sammle Geschichten über die Reaktion auf die israelischen Bombenabwürfe und den amerikanischen Abzug. Das hat den Vorteil, dass ich nicht direkt mit den betroffenen Gebieten in Kontakt komme, und dafür bin ich sehr dankbar. Von Kollegen, die nach Ägypten oder Syrien geschickt wurden, habe ich gehört, wie es dort aussieht. Viele von denen sind jetzt sehr krank. Unser Sender hat jetzt alle Einsätze in den verseuchten Gebieten abgebrochen, bis es dort wieder sicher ist. Aber was heißt schon sicher … Im Augenblick soll ich Kuwait und Katar beackern, wie man so sagt. Wenn du abgeflogen bist, werde ich zum Hauptquartier der Koalitionsstreitkräfte fahren, um bei einer Pressekonferenz über den Waffenstillstand dabei zu sein.«
    Melton schnaubte abfällig.
    »Sehr viel Waffenstillstand kann es nicht geben, Sadie. Die Israelis haben das Schlachtfeld sehr gründlich bereinigt. Und durch den elektromagnetischen Effekt haben sie alle Waffensysteme der Iraner lahmgelegt.«
    Al-Mirsaads Lächeln verschwand.
    »Weißt du, eine Menge Leute behaupten, wenn deine Regierung Teheran und die anderen nicht gewarnt hätte, dann hätten sie nicht alle ihre Truppen losgeschickt, die
dann ausradiert wurden. Viele glauben, dass es zwischen Washington und Tel Aviv eine Absprache gab, um an das Öl in der Region heranzukommen, nicht nur an das irakische.«
    Melton schaute seinen Freund gequält an.
    »Sadie«, sagte er und schlug einen jovialen Ton an, »Washington gibt es nicht mehr. Bush, Cheney und all die anderen sind weg. Genauso wie die Chefs der großen Ölgesellschaften. Wenn es eine Verschwörung gegeben hat, dann war es eine Einbahnstraße. Soweit ich das erkennen kann, haben die Israelis Admiral Ritchie ziemlich an der Nase herumgeführt. Und die iranische Militärdoktrin lautet, sofort mit allen Mitteln gegen eine Bedrohung vorzugehen, ohne Reserven zu behalten. Sie hatten eine Stunde nach der Warnung, um alles aufzubieten. Sie haben versucht, ihre Bevölkerung zu warnen mit dem Erfolg, dass im ganzen Land eine wilde Panik ausbrach. Und nun ist alles hin, Computer, Telefone, Radio, Fernsehen und alle anderen elektronischen Geräte, weil nichts gegen den elektromagnetischen Impuls geschützt war.«
    »Wenn das stimmt, was du sagst, dann hätten sie die Städte doch gar nicht bombardieren müssen. Sie hätten ja allein durch diesen Effekt schon alle modernen technischen Geräte ihres Feindes unbrauchbar gemacht.«
    »Na ja, ich würde das alles nicht modern nennen, aber ich verstehe, was du meinst. Hör mal, ich finde das auch nicht gut. Niemand tut das. Am Ende haben sie hundertfünfzig bis zweihundert Millionen Menschen umgebracht. Und wer weiß, wie viele es noch werden, wenn jemand anderer ihrem Beispiel folgt. Am Schluss bleibt überhaupt niemand mehr übrig. Weißt du, was das für uns bedeutet? Ich meine für die USA und diesen verdammten Effekt? Wir sind Nachrichten von gestern.«
    »Du hast Recht«, lenkte Al-Mirsaad ein. »Ich entschuldige mich. Ich habe geredet wie ein wild gewordener Fundamentalist
auf der Straße, der sich auf jede Verschwörungstheorie stürzt wie ein Hund auf einen Knochen. Aber sag mir mal ganz ehrlich, Bret, was, glaubst du, wird eure Armee jetzt tun?«
    Melton schüttelte den Kopf.
    »Ich habe keine Ahnung. Sie werden euch das Problem überlassen, schätze ich. Seit letzter Woche sind wir keine Supermacht mehr. Frag die Chinesen. Oder die Inder. Falls die Pakistaner sie noch nicht ausgemerzt haben.«
    Sie verfielen in ein unangenehmes Schweigen. Über die Lautsprecher wurden Flüge nach Paris, Rotterdam und Bangkok ausgerufen. Melton versuchte sich so zu setzen, dass er möglichst wenig Schmerzen spürte, aber das war schwierig. Immerhin war er zum ersten Mal seit Wochen halbwegs sauber und trug geradezu luxuriös anmutende, bequeme Zivilkleidung. Die BBC hatte ihn für seinen Artikel bezahlt, den er geschickt hatte, bevor er verwundet worden war, außerdem einen größeren Vorschuss geschickt für seine Reportage, die auf den Gesprächen mit den Soldaten im Transithangar basieren sollte. Genau wie er erwartet

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