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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Koordinaten.
    »Hat die venezolanische Marine denn überhaupt U-Boote?«, fragte Musso Lieutenant Colonel Pileggi.
    Sie musste sich erst mal wieder fassen, bevor sie antworten konnte.
    »Ich weiß von zwei U-Booten, General. Zwei Diesel-Angriffsboote vom Typ 209, die von den Deutschen konstruiert wurden. Ganz passabel, wenn man sich keine Superdinger leisten kann.«
    Musso fluchte leise vor sich hin, als die Geräusche der Schießerei anschwollen. Er ging wieder zum Fenster, um
nachzuschauen, was draußen geschah. Die eben noch so stille, mondbeschienene Szenerie hatte sich in ein von der Feuersbrunst grell erleuchtetes Durcheinander umherirrender Wasserfahrzeuge verwandelt. Er beugte sich nach vorn und stieß gegen die Scheibe, um besser sehen zu können. Weiter hinten am Hauptarm der Bucht konnte er die Umrisse eines großen Frachters erkennen, der offenbar auf dem Strand aufgelaufen war. Ein gepanzertes Fahrzeug rollte über die Rampe an Land und feuerte Maschinengewehrsalven in Richtung des amerikanischen Stützpunkts.

40
    Noisy-le-Sec, Paris
    Die Suppe war einfach nur eine dünne braune Brühe, in der kleine Stücke von Karotten und
    Zwiebeln schwammen, außerdem ein bisschen Hackfleisch, wahrscheinlich vom Rind, aber Caitlin fand sie großartig. Sie schlürfte die warme Flüssigkeit aus der Schale. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie den Löffel, den man ihr gegeben hatte, nicht benutzen konnte. Das mitgereichte Brot hatte sie bereits verzehrt.
    »Vielen Dank«, sagte sie. »Aber ich fürchte, dieses Lokal wird so schnell keinen Michelin-Stern bekommen.«
    Hauptmann Rolland lächelte freundlich und zuckte entschuldigend die Achseln. »Das Niveau sinkt zurzeit überall, Mademoiselle.«
    Caitlin lächelte ihn an.
    »Na, ich weiß nicht. Bei meinem letzten Aufenthalt hier war es auch nicht besser.«
    Sie leerte die Schale und stellte sie auf den kleinen Tisch vor dem alten Ledersofa, auf dem sie saß. Zum ersten Mal seit Wochen trug sie wieder Kleidung und hatte sich zudem noch in eine warme Decke eingewickelt. Rolland schnippte mit den Fingern, und ein junger Soldat betrat das Büro, um das Geschirr abzuräumen. Sie sprachen nicht, während er im Raum war. Caitlin schaute aus dem Fenster auf den regennassen Parkplatz weiter unten. An einer Ecke brannte ein Bus, daneben lagen Leichen in blutigen Pfützen, die heller und mehr rosafarben wurden, je mehr Regen darauf tropfte. Offenbar befand sie sich im
dritten Stock, hoch genug, um über die roten Dächer der umstehenden Häuser blicken zu können. Sie befanden sich in der östlichen Vorstadt von Paris. Hier und da brannte es in der Nähe, und in einigen Kilometern Entfernung stieg eine mächtige Rauchsäule in den Himmel.
    Auf den Straßen war keine Bewegung zu erkennen, aber sie hörte Schüsse, viele Schüsse.
    »Das klingt ja nach Beirut oder sogar wie Mogadischu«, sagte sie.
    Rolland, ein gut aussehender Mittdreißiger mit dichtem schwarzem Haar, das er straff zurückgekämmt hatte, zündete sich eine Zigarette an und hielt dann inne.
    »Entschuldigen Sie, darf ich …?«
    Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen, aber das war nur eins von vielen Leiden, die sie hatte.
    »Nur zu, mon capitaine . Ich glaube nicht, dass es mich umbringt. Ich hab ganz anderes durchgemacht in letzter Zeit.«
    Rolland setzte sich gegenüber und nahm einen tiefen genussvollen Zug von seiner Filterlosen. Seine Uniform war schmutzig, und an seinen Stiefeln klebte Dreck. Er hatte sich seit Tagen nicht rasiert.
    »Das ist meine erste Zigarette diese Woche«, sagte er und gestikulierte damit. »Ich musste sie diesen Dschihad-Schweinen abnehmen. Es ist eine Türkische. Nicht mein Geschmack, aber was soll man machen?«
    »Ja, diese Dschihad-Schweine. Sprechen wir mal über die. Können Sie mir sagen, was meine Zielperson in Ihrem Verlies hier verloren hatte? Abgesehen davon, dass er mich vergewaltigt hat.«
    Rolland rutschte verlegen auf seinem Stuhl hin und her.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Das war wirklich eine schlimme Sache. Aber ich fürchte, so etwas ist leider üblich geworden. Monsieur Baumer, Ihre Zielperson - und meine, so wie es aussieht - ist unglücklicherweise durch
unser Netz geschlüpft. Wir hoffen nun, dass Sie uns helfen können, ihn zu finden. Immerhin sind Sie ja die Expertin, was Al-Banna betrifft.«
    Sie lachte freudlos.
    »Ich bin wirklich Expertin darin, mich von ihm fertigmachen zu lassen. Und ehrlich gesagt, Rolland, so fertig, wie ich im Moment bin, wird er

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