Der Effekt - Roman
in allererster Linie da war.
»Von uns oder von ihnen, Sir?«
»Egal.«
»Negativ, Sir. Ich hatte bis jetzt noch nicht einmal die Gelegenheit, überhaupt darüber nachzudenken«, sagte Musso.
»Der Schutz der Zivilisten ist jetzt das Wichtigste, General Musso«, sagte Franks. »Ich befehle Ihnen, Kontakt mit den Befehlshabern der feindlichen Truppen aufzunehmen, um Verhandlungen über einen Waffenstillstand aufzunehmen. Wir werden von unserer Seite her das Gleiche versuchen. In der Zwischenzeit setzen Sie Ihren Widerstand mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln fort. Haben Sie verstanden?«
»Ja, Sir«, antwortete Musso. Und was für eine Wahl würde er haben, wenn die Venezolaner das Angebot nicht annahmen? Selbst wenn er sich in den Bunker unter der Erde zurückzog, konnte er den Lärm der erbitterten Kampfhandlungen noch hören.
»Eins sollten Sie noch wissen.« Franks machte eine kurze Pause. »Wenn Sie untergehen, werden wir vom venezolanischen Volk Wiedergutmachung fordern, und zwar zu einem Zeitpunkt und an einem Ort, den wir selbst bestimmen. Dieser Angriff wird sie teuer zu stehen kommen. Haben Sie das verstanden, General Musso?«
Ich bin offenbar nicht der Einzige, der auf der Medientastatur spielt, dachte Musso. »Verstanden, Sir.«
»Dann machen Sie weiter, Ende.«
Musso legte auf. Lieutenant McCurry trat vor ihn. »Wir haben den Flugplatz verloren, Sir.«
Das bedeutete, dass Pileggi wahrscheinlich gefallen war. Er nickte und ging zu einem Bildschirm, auf dem die Bilder der Sicherheitskameras zu sehen waren. Überall auf dem Flugfeld blitzten Leuchtgeschosse auf, Mündungsfeuer war zu sehen. Wracks von zivilen und militärischen Flugzeugen brannten lichterloh.
Auf einem anderen Bildschirm bemerkte man eine Kolonne bewaffneter Eindringlinge, die von dem Sicherheitstrupp
um Gunny Sergeant Price aufgehalten wurde. Nicht mehr lange, so wie es aussah. Musso hatte das Gefühl, als würde er in einen bodenlosen Abgrund fallen. Völlig losgelöst hörte er seine eigene Stimme sprechen. Die Worte klangen sehr dünn und schwach.
»Wir brauchen ein weißes Stück Stoff.«
44
Motorschiff Aussie Rules , Südlicher Ozean
Mr. Lee stemmte sich ins Ruder und steuerte die Aussie Rules einen gigantischen Wellenberg hinauf. Jules hielt das Gleichgewicht, indem sie sich in eine Ecke der Brücke presste. Sie biss die Zähne zusammen, ohne es zu merken, und hoffte inständig, die Superjacht möge ganz schnell über den Kamm der sturmgepeitschten schwarzen Welle gelangen. Der Sturm hatte jetzt Windstärke elf erreicht, die Sicht betrug praktisch null Meter, Regen und Gischt prasselte unentwegt gegen die Fenster des Steuerhauses. Blitze flammten auf, denen fast im gleichen Moment brüllender Donner folgte. Die Jacht kippte über den Scheitelpunkt und fiel auf der anderen Seite so steil nach unten, dass Julianne sich an den Haltestangen festkrampfen musste, um nicht mit dem Kopf gegen die Kabinendecke zu prallen.
»Gut gemacht, Mr. Lee«, schrie sie über das Brüllen des Sturms hinweg.
Der alte chinesische Steuermann antwortete nicht. Er stand ganz ruhig da und versuchte, die Bewegungen des Ozeans unter dem Kiel zu spüren.
»Radar, wie sieht’s aus? Sind wir diese Mistkerle endlich losgeworden?«, rief sie laut.
Rhino, der sich in seinem Sitz festgeschnallt hatte, hob den Daumen. Dann sagte er, ohne die frisch angezündete Zigarre aus dem Mund zu nehmen, die einen allgegenwärtigen Dunst in der Kabine verbreitete: »Schwer zu sagen,
Skipper. Aber ich würde mal drauf wetten, dass sie ziemliche Schwierigkeiten haben, uns zu folgen. Das letzte Mal, als ich sie auf dem Schirm hatte, schienen sie nicht mehr so gut zurechtzukommen. Dank des Sturms sind wir ihnen achtzehn Seemeilen voraus.«
»Aber wir haben sie noch nicht abgehängt?«
»Ich fürchte nein, Ma’am. Ach, übrigens, Chefin, ich wollte nochmal auf den Humidor zurückkommen. Den konnte ich nämlich in der Bibliothek nicht finden. Sie sagten, er wäre dort und ich …«
Ein warnender Blick von Julianne, und er hielt inne.
»Schon gut«, beeilte er sich zu versichern. »Wir können das ja später besprechen.«
Sie kamen in eine Schräglage, als eine Riesenwelle von der Seite kam und die Jacht unter sich zu begraben drohte. Lee fluchte laut in Mandarin, drehte heftig am Steuer und verlangte mehr Kraft, aber Jules wollte sie ihm nicht zugestehen, obwohl ihr das Herz vor Anspannung beinahe den Brustkorb sprengte. Sie atmete tief durch, soweit das
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