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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verspreche ich Ihnen.«
    Er knipste das Mikro aus und winkte einem Mann im Overall zu, der am Mischpult am Ende der Halle stand. Der Techniker dimmte das Licht und schaltete den Tonverstärker mit einem lauten Knacken aus. Kipper sprang von der Bühne und hielt beide Hände mit ausgestreckten Fingern in die Höhe.
    Zehn Minuten Pause.
    Die Anwesenden beruhigten sich schlagartig. Nicht vollständig, aber genug, um ihre Scharmützel zu beenden.
    Culver trat zur Seite und ließ die ungefähr hundert Personen vorbeiziehen, die zu den Tischen mit dem Kaffee und den Sandwichs eilten. Dann schlängelte er sich zwischen ihnen hindurch wie ein Lachs, der flussaufwärts schwimmt. Er wollte sich Kipper schnappen, bevor er wieder verschwand, und traf ihn an einem der Seiteneingänge, wo er mit kritischem Blick das Geschehen im Saal verfolgte.
    »So, so. In Massenpsychologie und kreativer Einflussnahme kennt sich unser Chefingenieur also auch aus. Wer hätte gedacht, dass Sie so vielseitig sind.«
    Kipper sah ihn unschuldig an. »Das nennt man Multitasking, Mr. Culver. In den heutigen hektischen Zeiten muss jeder zusehen, dass er alle seine Talente entfaltet.«
    »Hmhm. Wollen Sie denn jetzt jedes Mal das Licht ausschalten und die Leute zum Buffet schicken, wenn sie außer Rand und Band geraten?«
    Darauf fiel Kipper nichts Schlaues mehr ein.
    »Ich weiß nicht. Aber um was geht es denn hier eigentlich?« Er machte eine weit ausholende Handbewegung. »Ich frage mich, was das alles soll. Man sollte doch meinen,
dass die Leute sich angesichts unserer Probleme zusammenraufen, anstatt sich gegenseitig in der Luft zu zerfetzen.«
    Culver lächelte freundlich.
    »Kennen Sie sich ein bisschen in der Geschichte aus, Mr. Kipper? Kennen Sie die Schlacht von Salamis?«
    Kipper schaute ihn verwirrt an. »Hat das was mit dem Bürgerkrieg zu tun?«
    Culver schüttelte den Kopf.
    »Es war die bedeutendste Schlacht der Geschichte. Die netten alten Griechen gegen die böse finstere persische Großmacht. Wenn die Griechen diese Schlacht verloren hätten, dann wären wir heute nicht hier. Dann gäbe es so etwas wie die westliche Zivilisation nicht. Aber wie auch immer, worauf ich hinauswill, ist Folgendes: Vor dem Gefecht sah es bei den Griechen ungefähr so ähnlich aus wie bei uns heute in diesem Saal. Alle beschimpften sich gegenseitig und schlugen aufeinander ein. Nur in einer Sache waren sie sich einig und zwar, dass sie gegen die Perser kämpfen mussten. Aber sie konnten sich nicht auf eine Strategie verständigen. Am Schluss ging es dann doch. Und es lag an diesem zermürbenden Hin und Her, dass sie es schafften, weil sie auf diese Weise ihre Ideen austauschten. Das und die Tatsache, dass die Griechen im Gegensatz zu den persischen Soldaten als freie Männer und nicht als Sklaven kämpften, verhalf ihnen dann zum Sieg.«
    Kipper holte tief Luft.
    »Das kapier ich nicht. Wir müssen doch gar keine Schlacht gewinnen. Wir versuchen doch bloß, unser Land wieder regierbar zu machen.«
    Culver beugte sich zu ihm.
    »Wir müssen sehr wohl eine Schlacht schlagen. Und das hier …« Er deutete in den Saal. »… ist dagegen nur ein Scharmützel.«

    Suzies Freudenschrei in der düsteren, nur von Kerzen erhellten Küche war beinahe bedrückend.
    »Oh, Daddy, das ist toll! Vielen Dank!«
    Voller Begeisterung drückte sie die Tafel Schokolade gegen die Brust.
    »Ich werde eine Party geben und das hier mit meiner Barbie und dem Teddy und dem kleinen Pferd teilen …«
    Barbara Kipper strich ihrer Tochter übers Haar und versuchte sie zu beruhigen.
    »Das ist ganz wundervoll, Liebling, aber vergiss nicht, dass Daddy so schnell bestimmt nicht wieder eine ganze Tafel bekommt. Also teile nicht gleich alles auf. Vielleicht nur ein Stück für jeden heute Abend?«
    »Oh, das weiß ich doch, Mommy«, sagte das Mädchen. »Ich weiß doch, dass es vielleicht nie mehr Milchschokolade geben wird, genauso wie Snickers oder Smarties. Deshalb werde ich diese Tafel hier mit Sophie und Anna teilen. Damit sie nicht mehr so traurig sind.«
    »Das ist sehr lieb von dir«, sage Kipper. »Das ist eine gute Idee. Und jetzt geh spielen, Mommy und Daddy müsse sich mal unterhalten.«
    Suzie schaltete ihre Taschenlampe ein, drehte sich um, verschwand im dunklen Flur und ging in ihr Zimmer, um eine Party mit ihren besten Freunden zu feiern.
    »Meinst du, sie schafft es maßzuhalten?«, fragte Barbara skeptisch.
    »Oh, das kann sie sehr gut. Sie hat auch die Schoko-Ration neulich

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