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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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mit ihren Freundinnen geteilt.«
    »Und deshalb ist sie dann in Schwierigkeiten geraten, weil dieser Nazi-Lehrer sie eine Stunde vor seinem Büro warten ließ. Eine Stunde!«
    »Schon gut, Liebling, beruhige dich. Es ist doch schön für sie. Sie bekommt so wenig Süßes. Wir können froh sein, dass wir überhaupt gelegentlich an so was rankommen.«

    »Schön für sie, aber nicht für mich. Ich muss mich dann mit den Nachbarn und den neidischen Eltern herumschlagen.« Sie hob die Stimme. »Und mit dem, was sie über uns sagen.«
    Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie sank schluchzend an seine Brust. In letzter Zeit brach sie oft in Tränen aus und wirkte sehr angespannt. Sie standen in der nur mit Kerzen erleuchteten Küche ungefähr eine Minute lang ganz still. Sie hätten genug Strom zur Verfügung gehabt, um Licht zu machen, aber wie die meisten Menschen bemühten sie sich, ihren Energieverbrauch so gering wie möglich zu halten. Barbara hatte den Reiskocher mit dem Gemüse im Dampfbehälter an den Strom angeschlossen, aber das war auch schon alles. Um einundzwanzig Uhr würden sie das batteriebetriebene Radio einschalten, um Nachrichten zu hören, und es danach gleich wieder abschalten.
    Seine Frau hatte sich gerade wieder beruhigt, als sie lautes Klopfen an der Haustür hörten. Sie zuckten vor Schreck zusammen.
    Kipper ging ans Fenster und schob die Vorhänge ein Stück zur Seite. Es kam eigentlich kaum jemand zu Besuch in letzter Zeit, weil niemand einen Weg machte, wenn es nicht unbedingt sein musste. Alle blieben lieber zu Hause. Aber da draußen stand ein Hüne vor der Tür. Es war sein Freund und ehemaliger Stellvertreter Barney Tench.
    »Mensch, Barney, was machst du denn auf dieser Seite der Stadt? Wo hast du denn das Benzin her?«
    »Kann ich bitte reinkommen?«, fragte Barney mit drängendem Unterton.
    »Klar kannst du reinkommen. He, Barbara, schau mal, Barney kommt uns besuchen. Vielleicht sollten wir unsere Notration Bourbon anbrechen.«
    Tench drängte sich herein, offenbar wollte er draußen nicht gesehen werden.

    »Ist schon gut, Kip, ich will gar nichts trinken. Ein Glas Wasser wäre allerdings nicht schlecht.«
    Barbara wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und nahm ein Glas aus dem Schrank. Sie füllte es mit dem Trinkwasser aus dem Zwanzig-Liter-Behälter, der auf der Bank an der Wand stand. Wie oft Kipper ihr auch erklärte, dass das Leitungswasser in Ordnung war, sie weigerte sich, es zu trinken. Sie reichte Barney das Glas, der nun erschrak, als er merkte, dass sie gerade geweint hatte.
    »Oh, Mann, ich hoffe, ich platze hier nicht gerade im falschen Moment rein.«
    Barbara gab ihm einen Kuss auf die Wange.
    »Keine Sorge, Barney. Ich hab mich nur dumm benommen. Vergiss es. Ich geh mal schauen, was Suzie macht. Sie ängstigt sich im Dunkeln.«
    Nachdem seine Frau gegangen war, schob Kipper zwei Stühle zurecht.
    »Willst du wirklich keinen Whiskey, Barney? Ich würde selbst gern einen trinken. Es war ein anstrengender Tag. Die ganze Woche war anstrengend.«
    Barney setzte sich an den Küchentisch.
    »Nein, danke. Ich muss einen klaren Kopf behalten, Kip.« Er hielt inne und schaute seinen ehemaligen Chef an. »Ich bin sozusagen auf der Flucht.«
    »Was?«
    »Vor Blackstone. Er hat eine Belohnung für meine Verhaftung ausgesetzt. Oh, Mann, ich hoffe, ich bringe dich nicht in Schwierigkeiten, weil ich hier aufgekreuzt bin.«
    »Red keinen Blödsinn. Du bist immer in meinem Haus willkommen. Was ist denn los? Ist das jetzt wieder so ein Spielchen von ihm? Ich dachte, er hätte ein bisschen was dazugelernt.«
    Barney schüttelte den Kopf.
    »Der Haftbefehl wurde wegen Volksverhetzung und Sabotage ausgestellt. Weil ich die Résistance unterstütze. Vor
allem, weil wir die Energieversorgung für Fort Lewis unterbrochen haben.«
    Kip schlug mit der flachen Hand auf den alten Eichentisch, den Barbara den weiten Weg aus New York bis hierher mitgenommen hatte. »Diese Arschlöcher, was bilden die sich ein …«
    »Kipper«, fiel Barney ihm ins Wort. »Es stimmt ja. Ich war dabei. Ohne meine Hilfe hätten die das nie geschafft.«
    »Oh.«
    Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. »Wie auch immer«, sagte Kipper schließlich, »das sind trotzdem Arschlöcher. Aber warum tust du denn so was? Du weißt doch, dass du ihnen nicht wirklich schaden kannst. Die Versorgung war doch nach wenigen Stunden wiederhergestellt. Das ist so, als würde man ein wildes Tier mit dem Stock ärgern.

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