Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Zusammentreffen ausgesucht worden war. Bis vor zwei Tagen war es das Reich eines Navy-Lieutenant gewesen, der nach Hause beordert worden war, und bislang hatte noch niemand seinen Platz eingenommen. Jede Wette, dass auch niemand kommen wird, dachte Musso bei sich.
    »Major«, sagte er, um das Gespräch zu eröffnen, »willkommen im Marinestützpunkt Guantánamo.«
    Major Eladio Núñez bewegte den Kopf auf und ab, er schien ziemlich erregt zu sein.
    »Möchten Sie sich setzen?«, fragte Musso.
    »Sí. Vielen Dank.«
    Núñez ließ sich erleichtert auf einen Stuhl fallen. Sein Assistent, ein Hauptmann, blieb in Habtachtstellung an der Tür stehen. Lieutenant Colonel Stavros stand entspannt neben dem billigen Schreibtisch, hinter dem Musso sich zurückgelehnt hatte. Der Stützpunkt draußen befand sich in höchster Alarmbereitschaft und war hermetisch abgeriegelt. Zwei Marineinfanteristen marschierten in voller Kampfmontur vorbei. Sie waren bereit. Die Frage war nur: Für was eigentlich?

    »Dies … äh … ist sehr schwierig … verstehen Sie?«, sagte Núñez. Er lehnte sich vor und rieb sich nervös die Hände. »Wir können nicht … ich habe …«
    »Sie haben den Kontakt mit Havanna verloren«, half Musso ihm weiter.
    »Sí. Aber es ist mehr als das. Etwas Seltsames ist geschehen. Ein paar Kilometer weiter nördlich von unserer Stellung. Ein Art Hitzevorhang. Man kann das Land dahinter sehen wie durch einen Schleier, und alles sieht normal aus. Aber es bewegt sich nichts dort, keine Menschen sind zu sehen. Da ist eine Stadt, gar nicht weit hinter dem Vorhang, ein Stückchen weiter nördlich die Straße entlang. Aber niemand ist zu sehen, nichts.«
    Musso nickte. Núñez war zutiefst aufgewühlt, aber Musso hütete sich, aufgrund seines momentanen Zustands auf seinen Charakter zu schließen. Der Major war von seinen Vorgesetzten ausgesucht worden, dem Todfeind aus dem Norden im eigenen Land die Stirn zu bieten. Er war bestimmt kein Dummkopf oder Feigling.
    »Haben Sie jemanden da reingeschickt?«, fragte er. »Um herauszufinden, was es ist?«
    Der Hauptmann an der Tür bewegte sich kaum merklich. Eins seiner Augenlider zuckte. Núñez nickte.
    »Sí. Ja. Ich habe Kundschafter losgeschickt. Es schien so, als würden sie, äh, in diesem Hitzeschleier verschwinden. Er ist sehr dick und kraftvoll, verstehen Sie? Wenn man ihm nahekommt, wird es sehr heiß. Meine Männer sind ganz langsam hineingegangen. Sie …« Er suchte nach dem richtigen Wort. »Sie strahlten auf? Ja? In diesem Schleier. Und dann waren sie weg.«
    »Einfach verschwunden?«, fragte Stavros.
    Núñez nickte heftig. »Ja. Manchmal sieht es so aus, als würde der Schleier sich bewegen, wie ein Vorhang, nur wenige Sekunden lang, und dann kann man ein Stück weiter die Straße entlang sehen, vielleicht zweihundert
Meter weit. Es ist so, als würde man in ein Aquarium reinschauen, verstehen Sie? Es sieht sehr merkwürdig aus. Wie ein Vorhang aus Luft? Ich verstehe nicht, wie so etwas zustande kommen kann, aber es … äh …« Er machte eine hilflose Geste und suchte wieder nach den richtigen Worten. »Man kann diesen Vorhang sehen. Aber die Kundschafter, die sind nie auf der anderen Seite angekommen. Ihre Uniformen fielen zu Boden, rauchend und verkohlt.«
    Musso runzelte die Stirn. Er glaubte zu verstehen, was Núñez beschrieb. Die Hitzewand schien so etwas Ähnliches wie eine Expansionswelle zu sein, eine Front hyperkomprimierter Luft, die sich vom Ort der Explosion aus verbreitet. Aber in diesem Fall bewegte sie sich nicht voran und wurde auch nicht weiter zusammengepresst. Sie hing einfach in der Luft »wie ein Vorhang«, so hatte Núñez sich ausgedrückt.
    Musso räusperte sich.
    »Major, meine Beobachter haben berichtet, dass einige ihrer Männer … nach Norden …«
    »Ja«, sagte Núñez bitter. »Sie haben ihre Posten verlassen.«
    »Und sie sind in diesen Schleier gelaufen?«
    Der Major nickte und sah dabei beinahe zufrieden aus.
    »Ja, es war nicht nötig, auf sie zu schießen. Auch sie sind verschwunden.«
    »Ich verstehe«, sage Musso. »Und was erwarten Sie nun von uns?«
    Núñez rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her, schaute sich um und schien überrascht zu sein, dass er sich hier mitten in der Höhle des Teufels befand. Er seufzte.
    »Wir könnten Hilfe gebrauchen. Wir sind ja keine Marionetten«, sagte er, und Musso musste zum ersten Mal an diesem Morgen ein Lächeln unterdrücken. »Wir haben die Nachrichten verfolgt. Wir

Weitere Kostenlose Bücher