Der Effekt - Roman
Sie ihn entbehren können.«
»Julios Fachgebiet sind chemische Kampfstoffe. Ich glaube nicht, dass ich ihn im Augenblick benötige«, sagte sie, salutierte
und machte sich auf die Suche nach ihrem neuen Dolmetscher.
Musso nahm einen Schluck aus seiner Thermosflasche. Die Soldaten hatten sich auf eine Erhöhung zurückgezogen, wo sie ihre Fahrzeuge auf einer kleinen Lichtung abstellen konnten. Die Amerikaner versuchten immer noch zu irgendwelchen Ergebnissen zu kommen, allerdings vergeblich, denn die Energiewelle war für die Messinstrumente überhaupt nicht vorhanden. Die Kubaner standen erregt zusammen und warteten auf Befehle ihres neuen Kommandanten.
Musso bemühte sich, ruhiger zu atmen. Sein Puls war inzwischen wieder halbwegs normal, und das unangenehme elektrisierende Gefühl dicht unter seiner Haut war abgeklungen. Er fragte sich, wohin Nuñez wohl verschwunden war. Falls er irgendwohin verschwunden war. Diese Frage ließ ihn natürlich sofort an seine Frau und seine Kinder denken. Was war mit ihnen passiert? Sein Magen krampfte sich erneut zusammen. Er nahm noch einen Schluck aus seiner Trinkflasche und steckte sie wieder ein. Dann ging er zu seinem Funker und versuchte, sich möglichst zu entspannen und seine persönlichen Sorgen zu verdrängen.
»Korporal, können Sie eine Verbindung mit Pearl herstellen?«
»Kein Problem, General, es dauert nur einen kleinen Moment.«
Musso ließ ihn allein und ging weiter, um kurz mit dem neuen Kommandanten der Kubaner zu sprechen. Jenny Kwan und Sergeant Gutteres sprachen gerade mit dem verstört dreinblickenden Offizier, der Haltung annahm, als er sah, wie Musso sich näherte. Musso nickte ihm freundlich zu.
»Wie sieht’s aus, Leutnant?«, wandte er sich an Kwan.
»Sehr gut, Sir. Hauptmann Álvarez spricht sehr gut Englisch. Viel besser als mein Spanisch. Und Sergeant Gutteres hilft aus, wenn es hapert.«
Musso wandte sich direkt an den Kubaner. »Es tut mir sehr leid, dass Sie Major Nuñez verloren haben. Er war ein guter Mann und zweifellos ein ausgezeichneter Offizier.«
»Das war er«, antwortete Álvarez. »Wir mochten ihn. Alle Männer mochten ihn sehr.«
»Nun, Hauptmann, ich werde mir gleich noch Rückendeckung von meinen Vorgesetzten holen müssen, aber ich persönlich denke, dass wir einander helfen sollten. Ich würde vorschlagen, dass Sie sich ebenfalls bei Ihren Vorgesetzten rückversichern, allerdings könnte ich mir vorstellen, dass Sie das oberste Ende der Befehlskette repräsentieren, so wie es aussieht.«
Sergeant Gutteres übersetzte, als er bemerkte, dass Álvarez Schwierigkeiten hatte, Mussos Worten zu folgen. Wenige Sekunden nachdem der General geendet hatte, war auch seine Übersetzung fertig. Hauptmann Álvarez verzog das Gesicht, als ihm klarwurde, dass er offenbar der höchstrangige Offizier seiner Armee war, aber dann riss er sich zusammen und schaute dem Amerikaner direkt in die Augen.
»Wir müssen zusammenarbeiten, jawohl«, sagte er. »Vielleicht sollten wir angesichts der ernsten Lage unsere Soldaten einem gemeinsamen Kommando unterstellen?«
Als er den ratlosen Gesichtsausdruck von Musso bemerkte, wechselte er ins Spanische. Gutteres hörte sich alles schweigend an, bevor er den Wortschwall des Hauptmanns kurz und knapp übersetzte.
»Lange Rede, kurzer Sinn, General. Álvarez bietet Ihnen an, zeitlich befristet das Kommando über seine Leute zu übernehmen. Er legt Wert auf die Formulierung ›zeitlich befristet‹.«
Musso nickte. Er verstand sehr gut, dass der Kubaner sich absichern wollte für den Fall, dass ganz plötzlich alles wieder so war wie vorher. Dann nämlich würde er für sein
momentanes Verhalten sehr wahrscheinlich vors Kriegsgericht gestellt.
»Ich fühle mich sehr geehrt, Hauptmann«, antwortete er und nickte Gutteres zu, damit der seine Worte so genau wie möglich übersetzte. »Ihre Männer haben sich sehr tapfer und diszipliniert verhalten. Sie haben Ihrem Land alle Ehre gemacht. Es wird uns eine Ehre sein, mit ihnen zusammenzuarbeiten, unabhängig davon, wie zeitlich befristet dieses Arrangement sein wird.«
Álvarez schien mehr als erleichtert zu sein und bat darum, zusammen mit dem Sergeant zu seinen Leuten sprechen zu dürfen. Musso stimmte zu und legte eine Hand auf Gutteres’ Schulter, bevor der ihn verließ. »Lassen Sie es ruhig angehen. Halten Sie sich zurück. Lassen Sie Álvarez herumbrüllen und die Leute anschnauzen, wenn es sein muss.«
»Verstanden, General.«
Der Funker in
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