Der Effekt - Roman
die wichtigsten Stichworte durch.
»Unsere beiden regionalen Verbündeten sind ihren sämtlichen Verpflichtungen nachgekommen oder werden es innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden tun. Die Landstreitkräfte der Japaner wurden in Alarmbereitschaft versetzt, die Marine wird in Kürze mit großen Kontingenten in See stechen, und die Luftwaffe fliegt Überwachungsflüge im Inland. Die Australier haben ihre Reservisten einberufen und ihre restlichen Einsatztruppen in Alarmbereitschaft gesetzt …«
»Ihre restlichen?«
»Ja, Sir. Sie haben eine spezielle Eingreiftruppe, eine Schwadron der Luftwaffe und Marineeinheiten im Golf. Zusammen mit uns. Wegen des Irak.«
Ritchie nickte.
»Alle anderen regionalen Mächte haben ihre Streitkräfte in verschiedener Abstufung in Alarmbereitschaft versetzt. In Taiwan wurde das Kriegsrecht ausgerufen, und die Armee hat Plan Orange in Kraft gesetzt. Südkorea hat erklärt, dass es heute Abend ab zweiundzwanzig Uhr eine Ausgangssperre anordnen will. Ihre Armee und unsere dortigen Truppen sind gefechtsbereit und überwachen die demilitarisierte Zone im Norden, aber die Kommunisten in Pjöngjang verhalten sich im Augenblick sehr ruhig. Sie
sind genauso verstört wie alle anderen, und sie wissen natürlich, dass wir noch immer genügend Schlagkraft haben, um ihnen ernsthaft schaden zu können, wenn es sein muss.«
Ritchie nickte. Er hatte das Gefühl, als würde sich direkt hinter seinen Augen ein Kopfschmerz festsetzen.
»Damit sind ja erschreckend viele bewaffnete Kräfte im Einsatz.«
»Genau, Sir«, stimmte Maccomb zu. »So ist es.«
»Es hat einfach ausgeholt und ihn gepackt«, sagte Kwan atemlos. »Wie so ein flüssiges Etwas, das schneller ist als alles, was ich je gesehen habe.«
Musso nickte. Er wollte lieber noch nichts dazu sagen. Sein Herz pochte heftig, und er hatte das Gefühl, als läge ihm ein dicker Eisblock im Magen. Musso war den größten Teil seines Lebens bei den Marines gewesen. Er war durch und durch Soldat und kannte den Krieg so gut wie ein Süchtiger die Droge, auf die er angewiesen ist. Er wusste, wie es sich anfühlte, wenn der Tod einen umschwirrte und man sich ganz klein machen und alle Kräfte konzentrieren musste, um sich vor ihm zu schützen. Die Verletzlichkeit des menschlichen Körpers war ihm nur allzu vertraut, und ihm war klar, dass der Krieg seine Opfer nicht unterschied, weder in Alter noch in Geschlecht und vor niemandem haltmachte, wie rechtschaffen oder klug er auch war. Im Krieg konnte der Tod jeden gleich schnell ereilen, egal wie viel er sich auf seine persönlichen Abwehrkräfte einbildete. Er hatte Männer in den Armen gehalten, die nichts mehr waren als blutige Fleischklumpen, nachdem ein paar Gramm herumfliegendes Metall sie getroffen hatten. Er hatte ein kleines somalisches Mädchen hochgehoben, es war kaum älter als zwei Jahre gewesen, deren kleiner Körper so verbrannt und verkohlt war, dass es kaum noch Sinn machte, es zur nächsten
Sanitätsstation zu bringen. Er kannte das Elend und den Horror des Krieges sehr genau, es gehörte längst zu seiner Persönlichkeit.
Und er kannte die Angst.
Aber dieses Gefühl, das ihn in den wenigen Sekunden nach dem Verschwinden von Nuñez übermannt hatte, kannte er noch nicht. Als würde eine ranzige eitrige Blase in seinem Innern platzen und galligen Ekel freisetzen, der seinen Magen, seine Kehle und seinen Mund mit einer widerwärtigen Substanz überströmte, die nichts als das nackte Grauen beinhaltete.
Er würde noch einige Minuten brauchen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Die Kubaner, die er sah, waren völlig demoralisiert, wurden aber von Nuñez’ Stellvertreter, Hauptmann Soundso, zusammengehalten. Die Amerikaner waren weniger geschockt oder konnten ihre Angst besser verbergen. Alle waren zurück zur Straße Richtung Guantánamo gelaufen, etwa fünfhundert Meter weit, aber die Energiewelle hatte sich kein Stück bewegt.
Musso amtete tief durch.
»Okay. Von nun an darf niemand sich dem Ding auf mehr als fünfhundert Meter nähern, verstanden? Ich kann den Kubanern keine Vorschriften machen, aber ich denke, sie werden sich dem anschließen.«
Kwan nickte und schaute sich nach dem namenlosen Hauptmann um.
»Ich weiß gar nicht, ob er überhaupt Englisch versteht, Sir.«
»Ich auch nicht«, sagte er. »Suchen Sie jemanden, der dolmetschen kann. Sergeant Gutteres aus Ihrer Einheit ist ganz gut darin, glaube ich. Setzen Sie ihn als Verbindungsoffizier ein, wenn
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